Das Formel-1-Auftaktwochenende 2024 in Bahrain hat eigentlich fast nur Verlierer hervorgebracht. Selbst Red Bull konnte sich über den Sieg des ersten Rennens in der neuen Saison nicht so wirklich freuen. Denn die Diskussionen um Christian Horner am Rande des Grands Prix überschatteten einen Verstappen-Sieg, an dem eigentlich nur zwischenzeitlich Zweifel aufkamen.

Verlierer: Der Sport

Zugegeben, diese Überschrift mag plakativ und etwas provokant wirken. Sie soll auch nicht den sportlichen Erfolg von Verstappen und Red Bull schmälern. Aber für die Außenwirkung der Formel 1, vor allem gegenüber den Gelegenheitszuschauern der Königsklasse, hätte die Saison 2024 kaum schlechter starten können. Die Hackordnung an der Spitze ist eindeutig und schließt beinahe nahtlos an jene des Vorjahres an, Überraschungen gab es keine.

Das Rennen hätte langweiliger kaum verlaufen können. Dass es an einem Samstag stattfand, ist natürlich nie ideal für die breite Zuschauerbasis, die gewohnte Startzeiten (und -tage) schätzt. Die Einschaltquoten waren dementsprechend mau - erst recht für einen Saisonstart: 1,9 Millionen Zuschauer verfolgten das Rennen beim RTL-Comeback, 2022 waren es bei vier Übertragungen jeweils über zwei Millionen. Die Quoten bei Sky brachen um mehr als die Hälfte ein, die Zuschauerzahl bei ServusTV schrumpfte auch von 643.000 auf 445.000.

Dazu kommt natürlich noch die Thematik rund um Red-Bull-Teamchef Christian Horner. Der Freispruch, die Mail mit angeblich belastendem Beweismaterial, die Kommentare der anderen Teamchefs, der Auftritt von Ehefrau Geri Halliwell und dem thailändischen Red-Bull-Eigentümer Chalerm Yoovidhya am Sonntag und zur 'Krönung' auch noch ein handfester Streit mit Jos Verstappen, inklusive Rausschmiss-Forderungen durch den Weltmeister-Vater. Perfekte Stories für die Boulevardpresse. Für den Sport hingegen weniger.

Gewinner: Max Verstappen

Es lief nicht alles sauber beim Formel-1-Auftakt in Bahrain. Im Qualifying war Red Bull nur auf Augenhöhe mit Ferrari, im Training hakte es bei der Schaltung und an weiteren Kleinigkeiten. Aber als es darauf ankam, war alles wieder 'Business as usual': Verstappen auf Pole, Verstappen gewinnt den Start und Verstappen dreht einsam an der Spitze seine Runden. Es benötigt schon viel Mut, um nach diesem Auftakt gegen ihn als Formel-1-Weltmeister zu wetten. Falls der Niederländer sich nicht in der Saison 2024 verletzt oder aus sonstigen Gründen länger ausfällt, wer soll ihm ernsthaft gefährlich werden? Die Kombination aus bestem Fahrer im besten Auto ist zwangsläufig ein Spannungskiller. Da kann das F1-Feld 2024 noch so dicht beisammen sein.

Verlierer: Mercedes

Es ist nicht alles schlecht bei den Silbernen (oder sollten wir sie angesichts ihrer Lackierung nun "Silber-Schwarze nennen?"). Das Qualifying war auf einer Seite der Garage gut, die Startphase von George Russell war es ebenfalls. Aber ansonsten lief mehr schief als richtig. Das Setup von Lewis Hamilton wurde schon vor der Qualifikation verwachst, ein erhoffter Leistungssprung im Rennen blieb aus. Mysteriöse Hitze-Entwicklung am Mercedes-Motor, die übrigens auch bei Williams auftrat, nahm George Russell aus dem Kampf um die Top 3. Dazu kamen Batterie-Probleme bei Hamilton. Und ganz nebenbei brach bei dem Rekord-Weltmeister auch noch der Sitz.

Nächste Mercedes-Pleite! Neuer F1-Silberpfeil zu schlecht? (09:55 Min.)

Gewinner: Haas

Selten hat eine Nullnummer weniger Sorgenfalten hinterlassen, als bei Haas an diesem Wochenende. Der prognostizierte letzte Platz, er wurde es nicht. Das Team von Ayao Komatsu kämpft gut im Mittelfeld mit und war mit Nico Hülkenberg sogar in Q3 vertreten. Vor allem aber: Der Reifenverschleiß war in Bahrain kein Thema. Da ist es sogar verschmerzbar, dass durch den Startunfall von Nico Hülkenberg die Chance auf den letzten Punkt früh den Bach runterging.

Verlierer: Alpine

Die unheilvollen Vorahnungen aus Enstone und Viry-Chatillon sind in Bahrain eingetreten. Nicht nur das. Es lief sogar noch schlimmer, als man es bei Alpine vor der Saison gedacht hätte. Der A524 ist schon jetzt ein gescheitertes Projekt. Zehn Kilogramm Übergewicht und ein schwacher Motor geben in Summe nur Startplatz 19 und 20 her. Dabei war die Pace auf eine Runde verglichen mit der Renn-Performance noch schmeichelhaft. Am Samstag wurde zudem bekannt, dass Technik-Chef Matt Harman und Aerodynamik-Leiter Dirk de Beer das Handtuch geworfen haben. Die für ein Werksteam unwürdige Renault-Show hat in der neunten Staffel ihren Tiefpunkt erreicht.

Gewinner: Tim Tramnitz

Wie schon eingangs dieses Artikels erwähnt: Viele echte Gewinner gab es in der Formel 1 an diesem Wochenende nicht. Deshalb erlauben wir es uns, mal ganz kurz die deutsche Brille aufzusetzen und in den Nachwuchs-Bereich zu schauen. Denn Tim Tramnitz hat sich eine Erwähnung in dieser Rubrik redlich verdient. Er mischte an seinem ersten Formel-3-Wochenende in beiden Rennen an der Spitze mit und fuhr dabei im Hauptrennen sogar ein Podium ein. Mit so einem starken Einstand rechnete wohl kaum jemand. Da können wir nur den Hut ziehen.

Verlierer: Raging Bulls

Dass uns die frisch getauften Rennbullen am ersten Wochenende ihrer Existenz gleich so ein Wortspiel erlauben, verdanken wir Yuki Tsunoda. Der Japaner hat seinem Ruf als Hitzkopf mal wieder alle Ehre gemacht, nachdem er sich über eine Teamorder der Mannschaft aus Faenza aufregte. Zuerst ließ er nur widerwillig seinen Teamkollegen Daniel Ricciardo vorbei, schimpfte am Boxenfunk und im Anschluss ritt er nochmal ein unnötiges Manöver auf der Auslaufrunde. Ja, Teamorders können frustrierend sein. Aber Yuki, es ging um Platz 13 und um keinen einzigen Punkt. Muss man da wirklich so eskalieren? Doch auch unabhängig von dieser Aktion, verlief das Wochenende eher enttäuschend. Viele hatten RB nach den Testfahrten als Punktekandidat auf dem Zettel. In Bahrain war das kleine Red-Bull-Team nur achte Kraft.