"Ich war etwas emotional in der letzten Runde. Es war das letzte Mal, dass ich in diesem Auto saß, das mir so viel gegeben hat", trauert Max Verstappen nach der Zielflagge in Abu Dhabi um seinen RB19.

Der Weltmeister beendete seine Saison wie sie angefangen hat: Dominant. 11,987 Sekunden Vorsprung in Bahrain, 21 Rennen später 17,993. Sein Bolide "Rocky" war zwar nie ein Underdog, nutzte aber die Chance seines Lebens. Auch dessen Nachfolger wird das tun. Warum? Die Frage müsste eher sein: Warum nicht?

Red Bull-Pilot Max Verstappen fährt zum 19. Mal als Sieger über die Ziellinie
In den Händen von Max Verstappen war der RB19 in fast allen Belangen eine Wunderwaffe, Foto: Getty Images / Red Bull Content Pool

Was spricht (nicht) für Red Bull?

Schnellster auf den Geraden, Schnellster in (fast) allen Kurven, Schnellster auf (fast) allen Strecken, Schnellster beim Reifenschonen, Schnellster bei den Boxenstopps. McLaren brach zwar in Katar mit 1,80 Sekunden den Weltrekord, über die gesamte Saison hinweg verlieh Red Bull aber auch beim Reifenwechsel Flügel. Zum sechsten Mal in Folge hatte das Team die besten Stopps (auch Weltrekord). 2017 war zuletzt mit Mercedes die Konkurrenz schneller.

Red Bull Racing operierte 2023 auf höchstem Niveau. Mit Ausnahme von Rob Marshall und Max' Physiotherapeuten Bradley Scanes bleibt der Kern des Erfolgsteams bestehen. Selbst bei schlechten Auftakten ins Wochenende (Monaco, Abu Dhabi) kratzte der österreichische Rennstall meistens im Qualifying, spätestens im Rennen die Kurve. Zu übermächtig die Pace mit vollem Tank, zu gut der Reifenverschleiß.

Red Bull verleiht nicht nur Max Verstappen Flügel

Strategiemäßig hat sich das Team um Hannah Schmitz keine Fehlgriffe erlaubt. Eigentlich sogar überflüssig mit einem Max Verstappen hinterm Steuer. "Wir hätten heute die Strategen gar nicht gebraucht, er hat das für beide Autos gemacht", schmunzelte Christian Horner auf dem Yas Marina Circuit.

Nachsatz, ebenfalls mit Augenzwinkern: "Die Strategin hat mir dann erklärt, dass Max um einiges teurer wäre als sie." Aber im Ernst: Max Verstappen hat im Cockpit so viel freie mentale Kapazität, um nicht nur sein eigenes, sondern auch das Rennen von Sergio Perez zu planen.

Motivationsprobleme werden beim dreifachen Weltmeister 2024 keine aufkommen: "So bin ich eben aufgewachsen. Ich kann einfach nicht in ein Wochenende gehen, ohne alles zu geben. Sonst bin ich nur von mir selbst genervt und dann sind alle Menschen um mich herum auch von mir genervt, weil ich so drauf bin." Unvergessen seine Aufholjagden von P15 auf P2 in Saudi-Arabien, von P9 auf P1 in Miami, von P6 auf P1 in Spa und der Sieg unter unglaublichem Druck beim Heimrennen in Zandvoort.

Reglement hilft Red Bulls Titelverteidigung

2024 gibt es keine großen Regeländerungen. An den Motoren darf nur im Sinne der Zuverlässigkeit gearbeitet werden. Red Bull hat als Konstrukteurs-Weltmeister mit einem Koeffizienten von 70 wieder die wenigste Aero-Testzeit, aber das hat sie bisher (sogar als Budget-Cap-Sträfling mit extra Abzug) auch nicht aufgehalten.

Wird Red Bull durch Regeln & Budget-Cap eingebremst? (22:34 Min.)

Red Bull hat dabei zwei große Vorteile. Erstens: Das Team weiß ganz genau, wie sie das Meiste aus den Ground-Effect-Autos herausholen. Mit guter Basis waren die Bullen von Anfang an den anderen drei Schritte voraus. Zweitens: "Red Bull hat in Abu Dhabi mit einem Vorsprung von 18 Sekunden gewonnen und das Auto seit August nicht mehr angerührt", sorgt sich Lewis Hamilton. "Ihr könnt euch also leicht ausrechnen, wo das im nächsten Jahr hinführt..."

Ganz genau. Die aggressiveren Seitenkästen in Ungarn waren die letzte größere Änderung am RB19. Seit der Sommerpause konzentriert sich die Fabrik in Milton Keynes auf den RB20, für seinen Vorgänger gab es nur noch streckenspezifische Updates und Speziallackierungen.

Red Bull-Teamfeier mit Sieger Max Verstappen
In Las Vegas erhielten Fahrer und Auto von Red Bull eine Speziallackierung, Foto: Getty Images / Red Bull Content Pool

Milton Keynes bereit als Party-Crasher

Ja, natürlich gab es immer wieder kleine Hoffnungsschimmer. Zu Saisonbeginn Aston Martin, dann abwechselnd Ferrari, Mercedes und McLaren. Gute Erfolge der Konkurrenz wurden allerdings erzielt, indem sie Red Bull kopierten. Und eine Kopie ist bekanntlich nie so gut wie das Original und hinkt immer einen Schritt hinterher.

Wieder 21 von 22 Rennen zu gewinnen, wird zwar angesichts des immer engeren Feldes schwierig, die doppelte Titelverteidigung sollte für Red Bull aber drinnen sein. "Wir arbeiten hart, um nächstes Jahr ein sehr konkurrenzfähiges Auto zu haben. Alle anderen Teams werden versuchen, uns zu schlagen, aber wir sind bereit für den Kampf", zerstört Max Verstappen etwaig aufkommende Hoffnungen. Und an die Konkurrenz beim Versuch dessen: Möge das Glück stets mit euch sein.

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