Yuki Tsunoda muss sich bei AlphaTauri in der Formel-1-Saison 2023 seit zwei Rennen gegen Daniel Ricciardo beweisen. Beim ersten gemeinsamen Auftritt in Ungarn zog der Japaner gegen den achtfachen Grand-Prix-Sieger zu seinem Unmut den Kürzeren. Vor der Sommerpause fand er in Spa-Francorchamps zum richtigen Zeitpunkt die richtige Antwort. Einen WM-Punkt und das gute Gefühl nahm Tsunoda mit in den Urlaub. In Zandvoort will er am Wochenende das nächste Argument für eine Vertragsverlängerung liefern. Zukunftsängste hat er keine, doch Ricciardo abhängen kann nicht schaden.

"Es war gut, nach langer Zeit wieder Punkte zu holen", so der 23-Jährige, der dieses Jahr erst drei zehnte Plätze anschreiben konnte. Mit seiner Punktefahrt in Spa beendete er eine sieben Rennen lange Durststrecke im richtigen Moment. "Für das Team war es gut. Ich habe sie nach dem Rennen lächeln gesehen und es ist immer schöner, mit diesem Glücksgefühl in die Sommerpause zu gehen. Das war für uns alle gut", erklärt Tsunoda, für den dieses Top-10-Resultat auch persönlich besonders wertvoll war.

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AlphaTauri kämpft 2023 im hinteren Mittelfeld, doch sein Standing stand in der ersten Saisonhälfte stets außer Frage. Rookie-Teamkollege Nyck de Vries strauchelte und Tsunoda saß damit fest im Sattel. Seit das Red-Bull-Management den Niederländer vor dem Ungarn GP aussortierte und durch Daniel Ricciardo ersetzte, sieht sich der heimliche Teamleader allerdings einer neuen Konkurrenzsituation ausgesetzt.

"Da ist kein großer Druck, denn ich weiß, was ich kann", gibt Tsunoda sich abgeklärt. Beim ersten Aufeinandertreffen auf dem Hungaroring unterlag er Ricciardo jedoch, was ihn nicht ganz kalt lassen konnte: "In Spa zu performen, war sehr wichtig. Du willst nicht dieses Gefühl [der Niederlage] mit in die zweite Saisonhälfte nehmen. Ich wollte dem Team zeigen, dass mit mir zu rechnen ist und ich der Fahrer bin, der Punkte holt und auf den sie sich verlassen können. Das war gut und wichtig. Ich sah, dass alle im Team mit meiner Leistung zufrieden waren."

Eigene Entwicklung wichtiger als Ricciardo-Vergleich

Nach dem Abschied von AlphaTauri-Erfolgsgarant Pierre Gasly trat Tsunoda in seinem dritten Jahr in der Formel 1 bei Red Bulls Schwesterteam in große Fußstapfen. In den vorangegangenen Saisons hatte er sich jeweils um seine Vertragsverlängerung verdient machen müssen, und auch dieses Jahr fährt er um seine Zukunft. "Ich bin mehr darauf fokussiert, was ich an mir in der zweiten Saisonhälfte verbessern muss. Jeder Punkt ist wichtig, aber ich weiß, worum ich mich zuerst kümmern muss, bevor ich an Punkte denke", erklärt er.

Die größte Baustelle ist seit jeher Tsunodas mentale Einstellung. Er gilt als Hitzkopf und weiß, dass ihm dieser Charakterzug oft im Weg steht. "Die Kommunikation am Funk ist für mich das größte Problem. Ich verliere mit diesem Verhalten schnell den Rhythmus und das beeinträchtigt das gesamte Rennwochenende", so der 54-malige Grand-Prix-Teilnehmer über seine größte Schwäche. Die Ankunft Ricciardos empfand er im ersten Moment durchaus als Ablenkung: "Darauf habe ich mich konzentriert und als Daniel in Ungarn dazukam und im Rennen vor mir war, hat das den Druck vielleicht etwas erhöht, aber ich weiß, wozu ich in der Lage bin und dass ich auch Punkte holen kann."

Der 34-jährige Australier soll bei AlphaTauri keineswegs nur ein Lückenfüller nach dem gescheiterten de Vries sein. Nach zwei schwierigen Jahren bei McLaren will Ricciardo seine Reputation im Mittelfeldteam wieder aufbauen und sich für einen Platz bei Red Bull empfehlen. Dort brach Sergio Perez nach einem starken Saisonstart dramatisch ein. Der Mexikaner hat zwar einen gültigen Vertrag und die volle Rückendeckung des Red-Bull-Managements in Form von Christian Horner und Dr. Helmut Marko, doch Ricciardo ist in jedem Fall gekommen, um zu bleiben.

Tsunoda schwärmt von Ricciardo

Sollte es mit dem Aufstieg zu Red Bull nicht klappen, dürfte er auch 2024 einen Platz im Schwesterteam haben. "Das wäre cool. Ich denke, er fühlt sich im Auto und mit dem Team jetzt wirklich wohl. Das ist gut, denn wir sehen sein Potential anders als in der Situation bei McLaren. Er scheint mit dem Auto und dem Setup glücklich zu sein und für mich ist das immer noch der Daniel, der bei Red Bull an der Seite von Sebastian Vettel und Max gekämpft hat. Außerdem passt er von seiner Art her wirklich sehr gut zu Red Bull", schwärmt Tsunoda vom Routinier.

Auf der anderen Seite kann Ricciardo genau deshalb für ihn zur Gefahr werden, denn die Red-Bull-Junioren stehen für ein Cockpit bei AlphaTauri bereits Schlange. Liam Lawson kämpft in der japanischen Super Formula um den Titel und in der Formel 2 ist Tsunodas Landsmann Ayumu Iwasa als Dritter in der Meisterschaft ebenfalls gut platziert. Für Zukunftsängste sorgt das bei ihm allerdings nicht. "Ich bin weniger besorgt als letztes Jahr, weil ich als Fahrer in diesem Team in einer ganz anderen Position bin. Bis jetzt höre ich von Red Bull, dass sie zufrieden sind und ich weiß, was ich besser machen kann um ein noch besserer Fahrer zu werden", sagt er.

Neben der eigenen Entwicklung steht für ihn die Zusammenarbeit mit Ricciardo an oberster Stelle, um AlphaTauri zusammen zurück zum Mittelfelderfolg zu führen. "Formel 1 ist immer ein Teamsport. Ich will mich nicht nur darauf fokussieren, den Teamkollegen zu schlagen, besonders jetzt, wo wir hinten kämpfen", so Tsunoda. Abgehängt werden will er aber trotzdem nicht: "Als Team willst du immer so viele Punkte wie möglich holen, aber zugleich belegen die Zahlen auch, wer besser ist. Manchmal hängt das allerdings auch etwas davon ab, wie glücklich deine Rennen verlaufen, so wie wir es vergangenes Jahr bei Fernando und Ocon [bei Alpine] gesehen haben.