Am Donnerstag vor dem ersten Gastspiel der Formel 1 in Saudi-Arabien ist dessen Ausrichtung weiterhin Ziel scharfer Kritik. Am Montag erst richtete sich 'Human Rights Watch' per offenem Brief direkt an die Bosse von Formel 1 und FIA und forderten, die Plattform des GPs angemessen zu nutzen.

Die altgedienten Weltmeister Sebastian Vettel und Lewis Hamilton gehörten in der Pressekonferenz dann einmal mehr zu jenen Fahrern, die auch klare Statements zum Thema abgaben. Während Hamilton eingestand, sich hier unkomfortabel zu fühlen, bemühte sich Vettel um einen positiven Spin - mit einem eigens von ihm ausgerichteten Karting-Event.

'Human Rights Watch' hatte zu Wochenbeginn von der Formel 1 gefordert, sich aus gegebenem Anlass besonders für Aktivistinnen einzusetzen, die darum gekämpft hatten, dass Frauen in Saudi-Arabien mit dem Auto fahren dürfen. Nachdem das Verbot 2018 fiel, wurden ursprünglich eingesperrte Aktivistinnen zwar freigelassen, leben aber noch immer unter Einschränkungen. Abgesehen davon heben internationale Organisationen zahllose andere Menschenrechts-Fragen hervor, und sehen das Rennen als klares Beispiel für Sportswashing - dem Übertünchen des schlechten Images mit einem erfolgreichen Sportevent.

Vettel richtet Kart-Event vor Saudi-Arabien-GP aus

Sebastian Vettel nahm sich das Thema schließlich selbst zu Herzen. "Wir fokussieren uns auf die negativen Beispiele, wenn es um die Fehler von bestimmten Ländern bei Menschenrechten geht, aber ich versuche wirklich an das Positive zu denken. Also habe ich heute unter dem Hashtag RaceForWomen mein eigenes Karting-Event organisiert."

"Wir hatten eine Gruppe von sieben, acht Mädchen und Frauen auf der Strecke", erzählt Vettel. Es war eine bunt durchgemischte Gruppe - manche hatten schon einen Führerschein, waren große F1-Fans, andere hatten gar keine Erfahrung. "Ich versuchte ihnen ein bisschen was von meiner Erfahrung im Leben und auf der Strecke weiterzugeben. Ihr Selbstvertrauen zu stärken."

"Ihre Geschichten und ihre Positivität bezüglich der Veränderungen im Land war sehr inspirierend", so Vettel. "Für mich ist das eine erfreulichere Art, die Dinge zu betrachten. Den Fokus auf die positiven anstatt nur auf die negativen Dinge zu legen. Sicher, wenn du die Probleme erwähnst, die müssen behandelt werden, aber ich denke noch immer, dass die positive Waffe mehr Macht hat als die negative."

Hamilton: Saudi-Arabien-GP unkomfortabel

Lewis Hamilton hatte schon vor zwei Wochen in Katar gefordert, dass die Formel 1 in der Pflicht steht, solche Fragen im Rahmen der Events anzusprechen. Das erneuert er in Saudi-Arabien: "Fühle ich mich hier komfortabel? Ich würde sagen nein. Aber es ist nicht meine Entscheidung, hier zu sein, der Sport hat die Entscheidung getroffen."

Hamilton fährt hier erneut mit seinem Helm in Regenbogen-Farben und will Aufmerksamkeit auf die Benachteiligungen der LGBTQ-Community hier in Saudi-Arabien lenken: "Wenn jemand sich die Zeit nehmen will und die Gesetze für die LGBTQ-Community lesen will, das ist ziemlich erschreckend. Da gibt es Änderungen, die geschehen müssen."

Hamilton verweist mit seinem Helm auf LGBTQ-Rechte, Foto: LAT Images
Hamilton verweist mit seinem Helm auf LGBTQ-Rechte, Foto: LAT Images

"Ich glaube, unser Sport muss mehr tun", lautet Hamiltons Fazit. Vettel ergänzt später: "Es stimmt wohl auch, dass die Dinge Zeit brauchen, dass es ein Prozess ist. Ich würde liebend gerne die Welt über Nacht ändern, aber wer bin ich, um über richtig und falsch zu urteilen?"

"Am Ende ist es sehr schwierig für uns, in ein Land zu kommen, wo wir vielleicht nur ein paar Tage verbringen - dass wir dann versuchen, die perfekten Richter zu sein, ohne die Hintergründe zu kennen", so Vettel. "Für mich war es daher wichtig, ein paar dieser Frauen kennenzulernen, und ich denke, es war sehr einprägsam und inspirierend, das Wochenende so zu beginnen. Das ist die Hauptsache - sich auf das Positive fokussieren."