Kimi Räikkönen war nach dem Großen Preis von Großbritannien fuchsteufelswild. Noch aus dem Cockpit schimpfte der Finne am Boxenfunk - nicht wegen seines Drehers sechs Runden vor Schluss in einem Rad-an-Rad-Duell mit Sergio Perez samt kleiner Berührung, sondern schlicht wegen mangelnder Pace seines Alfa Romeo C41.

"Schade mit dem Unfall mit Perez, wir hätten vielleicht anschreiben können", funkte Renningenieur Julien Simon-Chautemps nach dem Zielleinlauf des Finnen auf P15 an Räikkönen. Der Routinier verstand zunächst gar nicht, worum es ging. Dann schaltete Räikkönen doch - und entrüstete sich: "Vielleicht, vielleicht - wir müssen das Auto schneller machen! Es ist unmöglich gegen ihn zu kämpfen. Dasselbe dies und das [wie immer], ich habe versucht, mit den anderen zu kämpfen. Wir müssen aufwachen und etwas tun!"

Räikkönen gegen Perez: Stewards sehen keinen Schuldigen

Tatsächlich lag Simon-Chautemps nicht einmal großartig falsch. In besagtem Duell mit Perez ging es um P11. Räikkönen verteidigte sich nach der schnellen Stowe in Vale mit allen Mitteln gegen den Red Bull auf der Innenbahn. Außenherum hielt der Finne dagegen, war so für die Schlusskurve Club wieder innen. Dort ging allerdings der Platz aus, Perez schickte Räikkönen über den Kerb und in einen Dreher. Die Stewards ermittelten, verzichteten jedoch auf Strafen. Kein Fahrer sei überwiegend zu beschuldigen, dem hätten sich in ihrer Anhörung auch Räikkönen und Perez angeschlossen, hieß es im Urteilsspruch.

Kimi Räikkönen wurde nach seinem Dreher durchgereicht, Foto: LAT Images
Kimi Räikkönen wurde nach seinem Dreher durchgereicht, Foto: LAT Images

Räikkönen fiel durch die Szene zurück bis auf P16. Einen Platz gewann der Finne wieder, weil Perez drei Runden später zu einem zweiten Reifenwechsel an die Box fuhr. Red Bull wollte Hamilton unbedingt den Extrapunkt für die schnellste Rennrunde wegnehmen. Mit weniger Gegenwehr - ohne den Dreher - hätte Räikkönen seinen elften Platz also ohnehin zurückerhalten. Damit nicht genug. Kurz nach der Szene in Runde 45 ereilte Pierre Gasly ein Plattfuß. Der Franzose fuhr zwei Ränge vor Räikkönen. Durch den Stopp des AlphaTauri wäre Räikkönen also durchaus glücklich in die Punkteränge gerutscht.

Räikkönen verteidigt Gegenwehr gegen Red Bull: Lieber kämpfen!

Genau dieses "Hätte, Wäre, Wenn" entspricht jedoch dem Räikkönen'schen "Vielleicht, vielleicht ...". In der Szene mit Perez konnte der Finne natürlich noch nichts von den folgenden Ereignissen wissen. Kritik an zu viel Gegenwehr gegen den ohnehin überlegenen Red Bull lässt der 41-Jährige an sich abprallen. "Ich kämpfe lieber um Positionen als einfach Elfter oder Zwölfter zu werden", sagt Räikkönen. Nichts Zählbares, also sinnlos, so die gewohnte Logik des Finnen.

Frustriert von für seinen Geschmack erneut zu wenig Pace im Sauber-Paket ergänzt Räikkönen eine deutliche Forderung: "Ich habe die ganze Zeit mehr in meine Spiegel als nach vorne geblickt. Das Rennen war ein einziger Versuch, mich zu verteidigen. Wir müssen schneller werden." Viel passieren wird hier allerdings nicht mehr. Längst fokussieren sich sämtliche Formel-1-Teams nahezu vollständig auf die neuen Regeln ab 2022.

Trotz Dreher: Räikkönen genießt Perez-Duell

Richtig schlecht gewesen sei sein Rennen allerdings nicht, so Räikkönen. "Wir wussten eh schon, dass es ein schwieriger Nachmittag werden würde, aber wir hatten einen guten Start und konnten eine Weile in den Top-10 fahren", berichtet Räikkönen. "Der Kampf mit Sergio war nett, wir waren in einigen Kurven Seite an Seite, aber plötzlich war da einfach kein Platz mehr. Ich bin nicht sicher, was passiert ist, aber ich habe mich gedreht und das war's dann."

Durch Perez' späten Stopp landete Räikkönen im Endergebnis dennoch vor dem Mexikaner. Aus P15 zieht der Finne dabei genauso wenig Befriedigung wie der Mexikaner aus P16.

Antonio Giovinazzi kritisiert Alfa-Strategie

Dasselbe gilt für den zweiten Fahrer von Alfa Romeo. Antonio Giovinazzi beendete das Rennen auf P13, aus eigener Kraft und ohne die späten Ereignisse bei Räikkönen und Perez wäre es P15 gewesen. "Wir müssen die Strategie besser checken, ich denke, wir haben nicht zum richtigen Zeitpunkt gestoppt", ärgert sich Giovinazzi. "Wir waren vor [Yuki] Tsunoda, und jetzt ist Tsunoda Zehnter."

Tsunoda fuhr einen Overcut, stoppte sechs Runden später und ging so am Alfa vorbei. War Alfa also viel zu früh dran? "Wie waren nicht sicher, ob wir mit den Reifen so weit gekommen wären wie die AlphaTauris", verteidigt Alfa-Ingenieur Xevi Pujolar. "Wir fühlten uns sicherer damit, an die Box zu fahren und zu versuchen, Kimi zu unterstützen. Oder Russell zu kontrollieren, damit der keine Punkte macht."