Für Ferrari endet in Abu Dhabi eines der schwierigsten Jahre der Teamgeschichte. Eine derart schlechte Performance wie in der Formel-1-Saison 2020 hatte die Scuderia nicht einmal im ersten Jahr der Hybrid-Ära in der Königsklasse abgeliefert. Noch dazu verabschiedet Ferrari am Wochenende Sebastian Vettel. Der vierfache Weltmeister fährt in der Wüste seinen 118. und letzten Grand Prix für die Scuderia.

Teamkollege Charles Leclerc nutzt diesen Anlass, um seinen scheidenden Teamkollegen zu ehren. Ausgerechnet Leclerc. Immerhin gilt die Ankunft des Monegassen in Maranello als Anfang vom Ende der Karriere Vettels in Maranello. In Abu Dhabi jedoch ist erst einmal nichts von durchaus einigen delikaten Episoden dieses Teamduells - erst zuletzt beim Restart in Bahrain durch teaminternen Ärger um einen für Vettel zu aggressiven Übervorgang Leclercs am Restart ersichtlich - zu spüren.

Charles Leclerc sagt "Danke Seb"

Ganz im Gegenteil. Leclerc hat Vettel sein gesamtes Helmdesign gewidmet. Nicht nur, dass der Helm des Monegassen in Vettels weißen Farben lackiert ist, noch dazu zieren die Worte „Danke Seb“ die Oberseite des Helms während gemeinsame Bilder von Vettel und Leclerc seine Startnummern 16 an der Seite füllen.

Bei Vettel selbst kommt das gut an. „Charles’ nette Geste, heute mit einem mir gewidmeten Helm zu fahren, habe ich sehr geschätzt. Ich hoffe, wir können den Fans dieses Wochenende etwas zum Jubeln geben“, sagte Vettel nach dem Training am Freitag.

Sebastian Vettel ebenfalls mit Speziallackierung

Vettel selbst ist in Abu Dhabi zum eigenen Abschied ebenfalls mit einer besonderen Lackierung unterwegs. Der Deutsche fährt mit einem silbrig glitzernden Kopfschutz das Rennen unter Flutlicht. Hinzu gesellen sich die italienischen und deutschen Flaggen auf der oberen Seite, sowie die Botschaften 'grazie ragazzi' und 'grazie to Ferrari, Italia, Maranello and the tifosi'. Noch dazu zieren den Helm diverse Zahlen, genauer gesagt die Anzahl von Vettels Starts, Podien und Siegen aus sechs Jahren Ferrari.

An den beiden letzten Statistiken dürfte sich in Abu Dhabi bei regulärem Ablauf kaum etwas ändern. Vettel erwartet beim Saisonfinale nicht allzu viel. „Wir müssen noch einige Hausaufgaben erledigen und aufholen“, sagte Vettel nach P15 im Training. „Wir haben noch zu tun, denn wir haben die Reifen noch nicht ins richtige Fenster bekommen. Besonders die Softs nicht.“

Vettel hofft auf Q3-Einzug im letzten Ferrari-Qualifying

Mit einem Einzug in das Q3 scheint der Deutsche nicht gerade zu rechnen, wenngleich er es sich als zumindest kleines Abschiedsgeschenk erhofft. Vettel: „Im Qualifying sollten wir uns mehr oder weniger in derselben Position wiederfinden wie vergangenes Wochenende. Wenn wir in der Lage sind, eine sehr gute Runde zusammenzubringen, können wir es vielleicht ins Q3 schaffen. Das wäre etwas Positives für mein letztes Rennen mit dem Team.“

Ganz anders sieht das Charles Leclerc. Nach Platz acht im Training erwartet der Monegasse entgegen aller Erwartungen vor dem Rennen plötzlich, an das jüngste Wunder-Qualifying von Bahrain anknüpfen zu können. „Um ganz ehrlich zu sein, war es besser als wir auf einer solchen Strecke erwartet hatten. Mit der Hitze und den langen Geraden im ersten und zweiten Sektor hatten wir erwartet, ziemlich zu kämpfen“, sagte der Monegasse.

Leclerc überrascht: Ferrari in Abu Dhabi stärker als gedacht

„Aber jetzt scheinen wir voll bei jenen Leuten dabei zu sein, mit den wir auch normalerweise kämpfen, also ist es vielleicht nicht so gut wie vergangene Woche, aber wir können für morgen hoffentlich noch einen Schritt nach vorne schaffen.“ In der vergangenen Woche hatte Leclerc den Ferrari in Sakhir sensationell auf P4 qualifiziert. Das rechnet sich der Monegasse in Abu Dhabi zwar nicht gleich aus, allerdings durchaus ein zumindest ähnliches Level.

Leclerc: „Es ist schwer zu sagen, aber wenn wir heute Nacht gut arbeiten, dann denke ich an die Top-6. Wenn wir alles zusammenbekommen - wirklich alles. Aber das ist schon etwas optimistisch. Aber so müssen wir das letzte Wochenende auch angehen!“

Leclerc mit Hypothek: Strafe für Bahrain-Unfall

Ferrari-Sportdirektor Laurent Mekies sieht das angesichts der enorm engen Trainingsabstände im Mittelfeld genauso. „Es ist eng, keiner ragt richtig heraus. Wenn du alles richtig machst, bist du drin, wenn nicht ganz, bist du nicht in Q3. Das gilt für das ganze Mittelfeld. Wer seine vollen Fähigkeiten ausschöpft, wird vorne sein. Wer es nicht schafft, wird es nicht“, sagte der Franzose.

Dabei ist auch Leclerc nicht ausgenommen, wie der Monegasse selbst erklärt. „Ich muss an meiner Fahrweise arbeiten, hier und da fehlt mir noch etwas Speed, aber Ende zählt es nur morgen“, sagte Leclerc. Noch dazu sei das nicht zu leicht wie in Sakhir. Leclerc. „Die Runde hier ist länger. Letztes Wochenende musste ich nur vier gute Kurven haben, dieses Mal sind es ein paar mehr!“

Ein exzellentes Qualifying wäre für Leclerc umso wichtiger, weil er mit einer Hypothek für die Startaufstellung in den Abu Dhabi Grand Prix startete. Für das Verursachen der Startkollision mit Sergio Perez in Bahrain hatte der Monegasse drei Plätze Startplatzstrafe für das folgende, also dieses Wochenende kassiert.