Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton hat nach dem Sieg beim Spanien GP 2020 seine schon bei den Wintertestfahrten scharf formulierte Kritik an den Reifen von Pirelli erneuert. Dabei hatte der Mercedes-Pilot das Rennen gerade dank seiner Künste als Reifenflüsterer souverän gewonnen. Die große Bedeutung genau dieser Fähigkeit ist es jedoch, die Hamilton stört. Für den Briten hat das Ausmaß des Reifenschonens in Formel 1 ganz klar überhandgenommen.

„Gerade ist es so, dass wir heute zu großen Teilen Management betreiben und ich denke nicht, dass die Fans das wollen. Das ist auch nicht das, was ein Rennfahrer will. Er will nicht mehrere Sekunden hinter einem anderen Auto managen müssen, einfach nur, weil der Reifen nicht gut genug ist“, sagte Hamilton. Damit beschrieb der Rennsieger exakt die Lage, in der sich Max Verstappen in Barcelona befand. „Lewis fährt so langsam“, klagte der Red-Bull-Pilot am Boxenfunk.

Formel 1 Barcelona: Hamilton managt von Start bis Ziel

Gerade im ersten Stint achtete Hamilton penibel darauf, die Reifen zu schonen, um die größtmögliche Distanz zurückzulegen. „Ich habe sie ziemlich gut behütet und dachte dann, dass ich meine geplante Runde für den Boxenstopp locker schaffen kann, die eine ganze Ecke früher war, als wir dann wirklich reingekommen sind“, schilderte Hamilton. Danach habe er sogar überlegt, auf eine Einstopp-Strategie zu setzen. Ich denke, das wäre heute möglich gewesen, aber es wäre genau am Limit gewesen“, sagte der WM-Führende in der Formel 1.

Auch wegen der vorherigen Probleme Mercedes’ in Silverstone spielte der Brite jedoch lieber auf Nummer sicher. Hamilton: „Für mich war es die beste Entscheidung, die Stopps, die wir absolviert haben, zu machen, einfach nur, um auf der sicheren Seite zu sein.“ Noch dazu taugte Hamilton die Soft-Mischung im zweiten Stint weit weniger als der Medium zuvor. Deshalb entschied er - anders als Teamkollege Valtteri Bottas - selbst, beim zweiten Service zurück auf die mittlere Mischung zu wechseln.

Hamilton: Pirelli für bessere Formel-1-Zukunft Druck machen

Vor allem diese schlechte Erfahrung auf dem weichen Pneu - der sollte eigentlich der beste Gummi sein - und der zuletzt generell überproportionale Hang zum Reifenmanagement (Silverstone!) führten den Briten zu seiner neuerlichen Pirelli-Kritik. „Wenn ich nach vorne blicke, müssen wir wirklich jede Menge Druck auf Pirelli machen, damit es in Zukunft ... Sie haben Ende vergangenen Jahres bei der Entwicklung der Reifen für 2020 leider keinen tollen Job gemacht, sodass sie diese Saison mit denselben Reifen wie 2019 weitermachen mussten“, klagte Hamilton einmal mehr.

Die eigentlich für 2020 geplante Spezifikation hatten alle zehn Formel-1-Team einstimmig, eine Seltenheit in der Königsklasse, zurückgewiesen. „Sie haben Reifen für 2020 gebracht, die schlechter waren“, erklärte Hamilton bei den Testfahrten im März in seiner vorherigen Pirelli-Schelte. Damit die Reifen in Zukunft besser werden, bietet der Brite stellvertretend für die ganze Zunft der Wagenlenker, seine Hilfe an.

Lewis Hamilton moniert: F1-Fahrer mehr berücksichtigen

Die Meinung der Fahrer sei bislang nämlich kaum bis nicht eingeflossen, als es um den genauen Inhalt des berühmten ‚Target Letters’ gegangen sei. Dieser definiert, welche Art von Produkt der Reifenpartner der Formel 1 überhaupt entwickeln soll. Etwa einen Reifen, der schnell abbaut, um mehr Action durch mehr Stopps zu erreichen. Oder einen Pneu, der gut und gerne auch eine ganze Renndistanz halten könnte. Die aktuelle Vorgabe, so Hamilton, sei jedenfalls sicher nicht ideal. Hätte man Fahrerstimmen eingeholt, wäre das anders gelaufen.

„Als sie den Target Letter entwickelt haben, waren die Fahrer kein Teil dieser Diskussion, deshalb bin ich vergangenes Jahr zu dem Meeting nach Paris, um die Fahrer zu repräsentieren. Wir wollen ihnen helfen, um sicherzustellen, dass sie den Target Letter richtig hinbekommen, was eine lange Zeit nicht richtig gemacht wurde“, wetterte Hamilton. Schon im März hatte er eine mäßige Kommunikation mit Pirelli moniert. Das müsse sich nun dringend ändern. Vor allem für das neue Formel-1-Reglement 2022, zu dessen obersten Zielen engeres Racing und eine ausgeglichenere Formel 1 gehören.

Hamilton zweifelt: Wenn Pirelli es kann …

Hamilton: „Besonders für 2022 brauchen wir einen besseren Reifen, wir brauchen einen Reifen, der uns mehr Grip bietet, bessere Sicherheit und der es uns ermöglicht, dichter zu fahren, sodass wir euch und den Fans besseres Racing liefern können.“ Dabei wolle er, nein alle Fahrer würde es wollen, mit Rat und Tat assistieren. Einen gewissen Zweifel, dass Pirelli dazu in der Lage sein wird, hegt der langjährige Kritiker des F1-Reifenmonopolisten allerdings. Hamilton: „Wir wollen Pirelli helfen, einen besseren Reifen zu machen - wenn sie es können.“