Williams verpasste beim ersten Formel-1-Rennen 2020 in Österreich die Punkte nur knapp. Platz elf für Rookie Nicholas Latifi war besonders bitter, ist für das Team aus der letzten Reihe ein Chaos-GP wie der Saisonauftakt doch die perfekte Chance in die Top-10 vorzustoßen. Teamleader George Russell fürchtet trotzdem keine Durststrecke. Nur mit Glück in die Punkte zu fahren, kann nicht das Ziel sein.

"Ich und das Team haben höhere Ansprüche, als Punkte in verrückten Rennen abzustauben. So schön das auch ist, wir wollen diese Punkte aus eigener Kraft verdienen", so der Mercedes-Junior, der in 22 Grands Prix bisher keinen einzigen WM-Zähler holte. Im Chaos von Hockenheim staubte 2019 Teamkollege Robert Kubica als Zehnter den letzten Punkt ab, am vergangenen Wochenende wäre es um ein Haar wieder der Stallgefährte gewesen.

Trotz beeindruckender Pace ohne zählbare Resultate scheint Russell fast ein wenig verflucht. "Sieht bisher ganz danach aus, aber ich hoffe nicht", so der Brite mit einem Schmunzeln. Vergangenen Sonntag musste er in Runde 50 mit einem Benzindruck-Probleme abstellen. Für ihn steht außer Frage, dass ohne den Ausfall die ersten WM-Punkte für ihn fällig gewesen wären.

"Ich denke, es war möglich. Vettel hatte richtig zu kämpfen, er muss irgendwelche Probleme gehabt haben. Er kam nicht an Räikkönen vorbei. Als Kimi mich überholt hat, hing Sebastian einige Runden hinter mir und ist am Ende noch Zehnter geworden. Die Punkte waren auf jeden Fall drin", mutmaßt Russell. Für den Steiermark GP erhält er nach dem Defekt vergangenen Sonntag einen neuen Motor - zu diesem Zeitpunkt der Saison aber ohne Strafe.

Russell kündigt Q2 für kommende Rennen an

Die Tendenz scheint bei Williams trotz der Nullnummer und seines Ausfalls zu stimmen. Nach einem starken Qualifying hielt Russell problemlos den Anschluss an das Mittelfeld - und das, obwohl der FW43 nicht seine Stärken ausspielen konnte. "Wir hatten wie viele andere auch Probleme mit der Kühlung, an den Bremsen und am Motor. Es war ein heißer Tag und wir steckten viel im Verkehr", erklärt er.

Darüber hinaus irritierte ihn ein gegenüber den Testfahrten gänzlich anderes Bild des FW43. "Ich hätte gedacht, dass wir im Rennen stärker sind und im Qualifying eher Probleme haben", so Russell, der am Samstag als 17. den Einzug ins Q2 nur haarscharf verpasste. "Wir haben unser Potential fast maximiert."

Der Einzug ins zweite Qualifying-Segment gelang ihm bislang nur ein Mal. 2019 in Budapest schaffte er mit einem Kraftakt als 16. gerade so den Sprung. Dieses Jahr soll es für ihn nicht bei einer Ausnahme bleiben: "Das Q2 ist definitiv drin und wir werden es dieses Wochenende und auch in Ungarn ins Visier nehmen."

Williams-Rookie Latifi will Scheu ablegen

Williams baut auf das Mercedes-Talent, welches noch bis einschließlich 2021 beim Traditionsrennstall aus Grove unter Vertrag steht. Der Teamkollege bringt sich dieses Jahr vor allem mit seiner finanziellen Mitgift ein, hat sportlich aber noch Nachholbedarf. "Ich war weder am Limit des Autos noch an meinem eigenen", räumt Latifi ein.

Im Qualifying fehlten ihm selbst auf dem kurzen Red Bull Ring sechs Zehntel auf Russell. Das Rennen brachte er immerhin ohne Fehler über die Bühne. "Je mehr Runden ich in den wichtigen Sessions wie Qualifying und Rennen fahre, umso mehr Selbstvertrauen schöpfe ich und kann damit an meiner Performance arbeiten", so der Kanadier.

Ein Unfall im 3. Freien Training hemmte den Formel-2-Aufsteiger an seinem ersten Rennwochenende. Dass er damit langfristig nicht mithalten kann, ist ihm bewusst. "Ich habe mich lieber zurückgehalten und sichergestellt, dass ich durchkomme. Ich werde jetzt sicher mehr versuchen und etwas mehr Risiko eingehen", kündigt er an.