Die Formel 1 wird 2021 langsamer. Das steht nach der Präsentation des neuen technischen Reglements im Rahmen des USA-GPs so gut wie fest. Denn den Teams werden in Zukunft von der FIA deutlich strengere Beschränkungen der Aerodynamik auferlegt. Damit werden Flügel simpler, dadurch wird der Abtrieb weniger, und ultimativ nimmt die Kurvengeschwindigkeit ab.

Drei bis dreieinhalb Sekunden ist der Letztstand, um so viel soll es langsamer werden. Das haben die FIA-Techniker anhand von Simulationen und mit einem eigenen Windkanal-Modell eines 2021er-Autos errechnet. In ihren Augen optimal, damit soll das Racing besser werden. Im Fahrerfeld gibt es allerdings auch einige, die über die Verlangsamung unglücklich sind.

Das bringt die Regelhüter nicht aus dem Konzept. "Ich glaube nicht, dass es die Hauptkomponente des Spektakels ist", sagt FIA-Cheftechniker Nikolas Tombazis über die Kurvengeschwindigkeiten. "Die Raceability ist das Hauptziel." Raceability, dieses Wort fiel im Zusammenhang mit 2021 oft. Es geht darum, dass Autos besser einander folgen und damit Zweikämpfe einfacher werden.

Die simpleren Flügel verringern nämlich die gefürchtete "dirty air", die verwirbelte Luft, und machen das Hinterherfahren einfacher. In den FIA-Simulationen behält ein 2021er-Auto selbst bei einer Fahrzeuglänge Abstand noch über 80 Prozent seines beabsichtigten Abtriebs - 2019 liegt dieser Wert knapp über 50 Prozent, und kratzt erst ab sieben Fahrzeuglängen überhaupt an der 80-Prozent-Marke.

Fahrer haben aktuelle Formel-1-Autos lieb gewonnen

Diesen Schritt nach vorne erkauft man sich mit in Summe weniger Abtrieb - einfachere Flügel verlieren beim Hinterherfahren nun einmal weniger Abtrieb. Gleichzeitig klebt das Auto damit nicht mehr so gut auf der Strecke, das kostet Rundenzeit. Wenngleich die von der FIA kolportierten drei Sekunden nicht massiv sind, das muss hier angemerkt werden: Die Formel 1 wird sich 2021 vielmehr zurück auf das Niveau von 2016 bewegen.

Trotzdem sorgt das nicht bei allen Piloten im Formel-1-Fahrerlager für Luftsprünge. Die aktuelle Fahrzeuggeneration ist die schnellste aller Zeiten, und die Fahrer haben sie lieb gewonnen. "Das Gefühl im Qualifying mit so viel Abtrieb auf den Autos ist Wahnsinn", sagt Charles Leclerc zu Motorsport-Magazin.com. "Ich liebe es, so zu fahren."

Die Formel 1 2019: Streckenrekorde sind auf der Tagesordnung, Foto: LAT Images
Die Formel 1 2019: Streckenrekorde sind auf der Tagesordnung, Foto: LAT Images

Auch Sebastian Vettel würde sich von seinem Abtrieb eigentlich lieber nicht trennen: "Es ist immer aufregend, schnelle Autos zu haben. Auch für die Leute auf den Tribünen. Die sehen, wenn die Autos langsam sind. Daher gab es 2017 wohl die Entscheidung, auf schnellere Autos zu setzen."

Formel 1 versteht: Langsamer muss sein

Hilft aber nichts, auf vielen Strecken kann man in der modernen Formel 1 kaum überholen. "Ich denke nicht, dass du einen Weg finden kannst, das Hinterherfahren bei diesen Kurvengeschwindigkeiten einfacher zu machen", gesteht Max Verstappen ein. "Also müssen wir wohl langsamer werden. Ich will nur nicht vier, fünf Sekunden langsamer sein. Zwei, maximal zweieinhalb."

Erster Überblick: Neue Formel 1 Regeln 2021 sind da (09:30 Min.)

Die meisten Fahrer im Feld wissen, dass die Stunde geschlagen hat. "Ich bin sicher, dass wir alle bereit sind, etwas langsamer zu sein, so lange es bezüglich der Zweikämpfe einen Schritt nach vorne bedeutet", sagt Vettel.

Formel 1 für 2021 im Einklang: Lieber langsam und actionreich

Manchen fiel die Entscheidung nach dieser Erkenntnis einfach. "Ich glaube nicht, dass drei, vier, fünf Sekunden irgendeinen Unterschied machen", kommentiert es Veteran Kimi Räikkönen, der schon viel in der Formel 1 gesehen hat - und erinnert, dass die Formel 1 heute im Rennen sowieso schon mehrere Sekunden langsamer ist als im Qualifying. "Beim Fahren macht es keinen Unterschied. Sogar wenn du zehn Sekunden langsamer bist - wenn das Rennen aufregender ist, interessiert das keinen."

Daniel Ricciardo kommt mit drei Sekunden auf jeden Fall klar: "Wir wollen ja schneller fahren. Aber wenn ich wählen könnte, dann lieber langsamere Rundenzeiten mit besserem Racing." Er denkt zurück an das erste Jahr der Hybrid-Ära: "2014 war mein unterhaltsamstes Jahr in der Formel 1! Und da waren die Autos so acht Sekunden langsamer als heute."

Überhaupt sind die drei, dreieinhalb Sekunden nicht unbedingt akkurat, sondern nur eine Schätzung. "Wir können den genauen Abtriebswert nicht voraussagen", erinnert FIA-Techniker Tombazis. "Das Auto, das wir mit CFD und im Windtunnel entwickelt haben, hat schon eine respektable Menge an Abtrieb, und das wurde mit einer kleinen Gruppe an Aerodynamikern entwickelt." Die Teams werden deutlich mehr Ressourcen aufwenden können, um mehr Zeit zu finden.

2021 gibt es Tunnel im Unterboden, um Abtrieb zu erzeugen, Foto: Formula One Media
2021 gibt es Tunnel im Unterboden, um Abtrieb zu erzeugen, Foto: Formula One Media

Schließlich wird Aerodynamik 2021 nicht verschwinden, sie wird nur vereinfacht. Statt detailreichen Flügeln wird es große Tunnel im Unterboden geben, durch die mittels Ground Effect viel Abtrieb wieder wettgemacht werden kann. "Über die Zeit werden die Ingenieure sicher die Zeit wiederfinden", glaubt Nico Hülkenberg, und fügt an: "Es werden noch immer die schnellsten Autos der Welt sein!"

Formel-1-Rekorde: Kann Hamilton Schumis Bestmarken knacken? (22:54 Min.)