Ferraris Ambitionen auf die Formel-1-Weltmeisterschaft sind wohl inzwischen endgültig Geschichte. Natürlich, mathematisch kann Sebastian Vettel Lewis Hamilton in der Punktetabelle noch einholen. Doch real gesehen ist das Jahr für ein Team mit WM-Ambitionen wie Ferrari vorbei.

Schließlich haben sie es in zwölf Rennen kein einziges Mal zum Sieg geschafft. Alles, was bleibt, sind Podien und Poles für ein Team, welches nach starken Wintertests zum großen Favoriten erklärt worden war. Mercedes und Red Bull haben die ersten Plätze untereinander aufgeteilt. Doch Sebastian Vettel beschwört: Es ist nicht alles schlecht. Und es gibt auch 2019 noch viel zu tun.

Vettel und Ferrari: Zurück auf dem Boden der Tatsachen

"Mit Sicherheit war es nicht so gut wie zu Jahresbeginn erhofft", sagt Vettel aber einmal zuerst. In den Wintertestfahrten lief der Ferrari in Barcelona perfekt, doch diese acht Tage annähernder Perfektion konnte das Team schon in Australien nicht mehr wiederfinden.

Ab da war es ein Auf und Ab. "Wir sind dann recht schnell nüchtern geworden und auf den Boden der Tatsachen geholt worden", erinnert sich Vettel. "Am Anfang hat ja eine gewisse Euphorie geherrscht, die sich dann so nicht bestätigt hat."

Nach zwölf Rennen steht zumindest fest: Der Ferrari ist kein kompletter Fehlschlag. "Es ist sehr streckenabhängig", wird Teamchef Mattia Binotto nie müde zu betonen. "Unserem Auto fehlt Abtrieb." Damit kämpfen sie das ganze Jahr über: Mit einem Auto, das einen starken Motor und eine effiziente Aerodynamik hat, sind Vettel und Leclerc schnell auf der Geraden. Aber wenn es in die Kurven geht und Abtrieb in der Masse gefragt ist, geht der Ferrari SF90 in die Knie.

Vettel und Leclerc: Unterschiedliche Probleme im Ferrari

"Wir leiden im Rennen mehr als im Qualifying, weil im Qualifying der Reifen-Grip letztendlich bei deinem fehlenden Abtrieb aushilft", sagt Binotto. "Aber auf die Renndistanz rutschst du über die Reifen, und das macht die Dinge auf jeden Fall komplizierter."

Auch für die Fahrer macht es das komplizierter. Neuzugang Leclerc kann den fehlenden Grip im Qualifying besser umfahren. Veteran Vettel versteht es besser, wie er die filigranen Pirellis im Rennen behandeln muss, damit sie auch lange halten. Im Gegenzug hat Vettel Probleme, im Qualifying das Limit zu finden. Und Leclerc hat Probleme, die Reifen über die Renndistanz zu bringen.

Sebastian Vettel und Charles Leclerc in Ungarn, Foto: LAT Images
Sebastian Vettel und Charles Leclerc in Ungarn, Foto: LAT Images

Auf Strecken, die Leistung statt Abtrieb benötigen, treten diese Probleme in den Hintergrund, doch Ferrari kann für enge, kurvige Strecken wie zuletzt Budapest nicht genügend Abtrieb auf das Auto packen, um vorne mitzuspielen.

Ferrari lässt viele Punkte liegen: Kann nur besser werden

Ferrari hat aber noch mehr Probleme vorzuweisen. "Manche Ergebnisse waren gut und wir konkurrenzfähig, aber hier und da hätte das Ergebnis auch besser sein können, und müssen", erinnert Vettel. "Deswegen hat sicher nicht alles geklappt, und vieles ist nicht rund gelaufen." Denn mit Defekten, Strategie-Fehltritten und Fahrfehlern stand sich Ferrari ebenfalls selbst im Weg.

"Ich denke, wir können es nur besser machen in der zweiten Hälfte", lautet also Vettels Fazit. "Es wird wichtig sein, das Auto weiter zu verstehen und die Richtung für das nächste Jahr festzulegen, denn die Regeln bleiben ja gleich. Es gilt nicht nur die Lücke zu schließen, sondern auch richtig für die nächsten Monate und das nächste Jahr vorzugeben."

Vettel und Ferrari sehen Fortschritt für Saison-Finale

Den Fortschritt will Vettel bereist erkennen. Zwar war die erste Upgrade-Runde teilweise ein Fehlschlag, zum Beispiel stellte sich ein neuer Unterboden als unbrauchbar heraus. Doch durch die Analysen dieser Fehlschläge will Ferrari inzwischen wissen, wie weitere Fehlschläge im Design-Prozess unterbunden werden können.

"Wir verlieren noch Zeit, aber nicht mehr so viel wie noch vor Wochen", sagte Vettel zuletzt in Ungarn. "Aber die schnellsten sind wir in den Kurven noch nicht. Deshalb müssen wir da weiter arbeiten." Nach der Sommerpause sollen neue Upgrade-Runden mit neuen Aerodynamik- und Motoren-Teilen den Aufwärtstrend unterstreichen.

In Hockenheim sah Ferrari zuletzt besser aus, Foto: LAT Images
In Hockenheim sah Ferrari zuletzt besser aus, Foto: LAT Images

"Jetzt können wir unsere Batterien neu aufladen und uns auf die nächsten Kämpfe in Spa und Monza vorbereiten", so Vettel vor der Sommerpause. "Strecken, auf denen wir wettbewerbsfähiger sein sollten. Wir wissen, dass der SF90 noch mehr bieten kann und müssen daran arbeiten, aber ich bin überzeugt, dass es noch Raum für bessere Ergebnisse gibt."

Garantien werden aber keine abgegeben. "Wie ihr sagt, dort braucht es mehr Leistung", sagt Binotto zuletzt über Spa und Monza. Ja, der fehlende Abtrieb sollte dort mit der Mehrleistung des Ferrari-Motors wettzumachen sein. "Aber nichts ist garantiert. Unsere Gegner sind sehr stark. Wir werden versuchen, uns selbst herauszufordern."