Williams-Technikdirektor Paddy Lowe war im Zuge der verspäteten Fertigstellung des Formel-1-Autos für 2019 im Mittelpunkt wilder Spekulationen. Nachdem der FW42 nicht rechtzeitig für den Beginn der Testfahrten in Barcelona fertig wurde, war schnell von der baldigen Abdankung des Ingenieurs beim britischen Traditionsrennstall die Rede. Lowe will davon nichts wissen.

"Ich habe diesen Themen in den Medien keine Beachtung geschenkt. Ich arbeite sehr hart, habe schrecklich viel zu tun und wir arbeiten gut als Team zusammen. Ich hab was das angeht keine Bedenken", schmettert der in die Kritik geratene Lowe die Gerüchte um seine Person ab.

Nachdem Teamchefin Claire Williams Zulieferer als Grund für die enormen Verzögerungen bei der Fertigstellung des FW42 ausgeschlossen hatte, war klar, dass die Ursache innerhalb der hauseigenen Williams-Produktion zu finden sein musste und der federführende Technik-Chef Lowe damit die Verantwortung trägt.

Lowe wehrt sich: Williams-Situation kompliziert

So einfach wie die Schlussfolgerungen in der Gerüchteküche, sagt der ehemalige Mercedes-Mann, sei die Angelegenheit aber nicht: "Es ist eine komplizierte Kombination von Anforderungen und eine Situation, deren Lehren, die daraus gezogen werden müssen, ich selbst noch nicht kenne."

Lowe, der bereits zwischen 1987 und 1993 bei Williams tätig war, kritisiert das überstürzte Köpferollen bei krisengebeutelten Teams. "Ich habe das in meinen vielen Jahren in der Formel 1 beobachtet, dass es die Angewohnheit gibt, Leute auszutauschen, wenn Dinge nicht laufen. Aber die starken Teams machen genau das nicht", sagt er.

Lowe kritisiert schnelle Entlassungen in der Formel 1

Gerade in schwierigen Zeiten hält er es für den richtigen Weg, auf die Erfahrung der etablierten Mitarbeiter zu bauen. "Jede Schwierigkeit und jedes Problem ist eine Chance, zu lernen. Nicht nur, um sie nicht zu wiederholen, sondern auch, um beim nächsten Mal stärker zu sein", erklärt er.

Schnelle Entlassungen seien ein Schritt in die Falsche Richtung: "Was du nicht machen solltest, ist die Leute loszuwerden, denn damit wirfst du die ganze Erfahrung weg, die so wichtig ist, um ein Team aufzubauen, zusammenzuwachsen, stärker und effektiver zu werden."

Lowe kehrte 2017 zu Williams zurück Schon der erste Bolide, an dessen Entwicklung er mitwirkte, war 2018 ein Fehlschlag. Der FW41 fuhr mit Lance Stroll und Sergey Sirotkin lediglich sieben WM-Punkte ein, was für Williams den letzten Platz in der Konstrukteurs-WM bedeutete. Mit zwei neuen Fahrern und einem komplett umgekrempelten Auto soll es diese Saison wieder vorwärts gehen.

Beim Mercedes verinnerlichte er zwischen 2013 und 2017, was Toto Wolff seit jeher nach Niederlagen predigt. "Unsere Konkurrenz wird jede unserer Schwierigkeiten bereuen, denn wir werden stärke zurückkommen. Wenn du ein Problem hast, lernst du daraus und machst es zu deinem Vorteil", beschwört Lowe die alte Mercedes-Mentalität.

Formel 1: Gibt es 2019 mehr Überholmanöver? (06:43 Min.)

Claire Williams stellt sich hinter Teamentscheidungen

Befeuert wurden Gerüchte um eine Trennung von Williams und Lowe vor allem dadurch, dass der Technik-Chef die für die erste Testwoche angesagte Medienrunde nicht antrat. Claire Williams stellte sich hinter die in den vergangenen Jahren in Grove getroffenen Entscheidungen.

"Wir haben ein paar einschneidende Veränderungen durchgemacht. Mitarbeiter haben uns aus unterschiedlichen Gründen verlassen, wir haben neue Leute an Bord gebracht und kürzlich Strukturen innerhalb von Williams verändert. Wir versuchen immer uns die Plattform anzuschauen, die wir haben, um sicherzustellen, dass sie bestmöglich ausgerichtet ist", so die Teamchefin.

Inwiefern all das mit der verschleppten Produktion des 2019er Autos zusammenhängt, vermochte sie nicht zu beurteilen: "Stabilität ist immer wichtig. Aber ob das einen entscheidenden Einfluss hatte, müssen wir uns noch anschauen."