Williams legte bei den Formel-1-Testfahrten 2019 einen ziemlichen Fehlstart in die neue Saison hin. Mittlerweile befindet sich das Team sportlich auf dem Weg der Besserung, denn Robert Kubica und George Russell drehen mit dem FW42 zuverlässig ihre Runden. Hinter den Kulissen scheint das Desaster aber noch nicht vollends ausgestanden, denn die Ursachenforschung ist längst nicht abgeschlossen.

"Wir hatten noch keine Zeit dazu", so Teamchefin Claire Williams, die sämtliche Ressourcen ihrer Mannschaft darauf gebündelt hat, aus der verringerten Testzeit von nur fünfeinhalb Tagen das Maximum herauszuholen: "Viele Mitarbeiter, die bei der Überprüfung involviert wären, sind auf unser Programm hier beschäftigt."

Trotz des verstärkten Fokus auf die Testfahrten ist die Analyse aber bereits angelaufen. "Es ist eine sehr komplizierte Angelegenheit", sagt Lowe. "Ich kann sagen, dass es nicht nur eine Antwort geben wird. Es war nicht nur eine Sache, die falsch gelaufen ist." Der Technik-Chef sprach in dieser Woche erstmals zu den Medien.

Williams widerspricht Gerüchten

Williams stellte zumindest schon einmal klar, dass die Verzögerung nicht wie in einigen Medien spekuliert durch einen Zulieferer verursacht wurde. "Das war nicht der Fall", so die Tochter von Teamgründer Frank Williams. Auch einen anderen zwischen all den Gerüchten aufgetauchten Grund schmetterte sie ab.

"Ich habe gelesen, dass wir finanziell in einer schwierigen Lage wären und das einen Einfluss auf die Produktion des Autos hatte - das war es nicht", stellt sie klar. Ein Hauptfaktor soll hingegen das für 2019 überarbeitete Reglement gewesen sein, das im Frühjahr 2018 verabschiedet wurde.

Williams kritisiert Reglement: Späte Direktiven keine Hilfe

"Ein paar der technischen Direktiven kamen sehr spät, was nicht hilft", so Williams kritisch. "Besonders bei einem Team wie unserem, denn wir haben nicht das zusätzliche Budget und die Ressourcen, wenn etwas spät kommt."

Als Team alter Schule, das sein Fahrzeug ohne Herstellerunterstützung komplett selbst designt und herstellt, bleibt bei der Entwicklung nicht viel Spielraum. "Wir haben einen eng gestrickten Plan mit streng kontrollierten Budgets. Wenn etwas in letzter Minute geändert wird, musst du die zusätzlichen Ressourcen finden, um eine Kehrtwende zu machen oder was auch immer notwendig ist, um die Änderung umzusetzen", so Williams.

Williams sucht die Schuld aber nicht alleine beim Reglement. "Du kannst solche Dinge nicht vorhersagen, aber du solltest sicherlich einen Plan dafür haben, und für diese Eventualität vorbauen", gibt die Teamchefin unumwunden zu, dass man nicht gut genug vorbereitet war. "Das ist etwas, das wir für das nächstjährige Auto sicherstellen müssen."

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"Ich würde sagen, dass die enorme Menge und Komplexität der Teile, die benötigt werden um ein Formel-1-Auto zu fertigen, uns aus der Bahn geworfen haben", gesteht auch Lowe, dass die eigenständige Fertigung des Autos offenbar etwas unterschätzt wurde. "Das sind die kompliziertesten Autos der Geschichte, und das nicht nur dieses Jahr, sondern jedes Jahr. Wir haben viele clevere Ingenieure, und sie entwickeln immer mehr Teile, die immer komplexer und detaillierter sind."

Gleichzeitig sei auch das schwache Jahr 2018 dafür verantwortlich gewesen, dass Williams bei der Entwicklung des FW42 einen besonders knappen Zeitplan verfolgte. "Es ist immer eine schwierige Aufgabe, ein Auto auf die Beine zu stellen, aber besonders dann, wenn du darauf hinarbeitest, die Performance voranzutreiben. Wenn du einfach dasselbe Auto wie letztes Jahr bringen würdest, wäre es ziemlich einfach."

Williams bleibt sich treu: Keine Strukturen wie bei Haas & Co.

Teams wie Toro Rosso, Haas oder Alfa Romeo haben den Vorteil, dass sie viele Teile von Zulieferern beziehungsweise ihren Partnerteams kaufen. Andererseits haben Racing Point und McLaren, die im selben Boot wie Williams sitzen, ihre 2019er Autos rechtzeitig aus der Fabrik bekommen.

Williams will trotzdem nicht von seinem Weg als eigenständiger Konstrukteur abweichen. Den Haas-Weg lehnt die Teamchefin trotz aller Querelen weiterhin ab, wie sie gegenüber Motorsport-Magazin.com klarstellte: "Ich glaube immer noch, dass das die DNA unseres Sports ist und wir sie beibehalten sollten. Deshalb ist nichts, was ich mir im Detail anschaue, da ich nicht vorhabe, Williams auf diesen Pfad zu führen."