Für Esteban Ocon wird es langsam richtig eng. Der französische Mercedes-Junior in Diensten Force Indias gilt als eines der größten Nachwuchstalente der Formel 1 überhaupt, fährt auch 2018 wieder eine starke Saison. Dennoch droht dem 21 Jahre jungen Mann aus Evreux in der Formel 1 für die kommende Saison 2019 vorerst das Aus. Nach und nach werden die Cockpits besetzt - doch bislang nicht mit Ocon, für die kommende Saison noch immer ohne Vertrag.

Dabei sah es zum Sommer bereits ausgesprochen gut aus. Ocons Mercedes-Management soll sich bereits mit Renault geeinigt haben. Doch plötzlich entschieden die Franzosen anders, griffen beherzt zu, als sich mit Daniel Ricciardo eine große Gelegenheit auftat. Es folgten die Force-India-Übernahme durch ein Konsortium um den Stroll-Clan, McLarens vollendetes Line-up und jetzt auch noch der Tausch von Kimi Räikkönen und Charles Leclerc bei Ferrari und Sauber.

Ocon enttäuscht von Formel 1: Muss um andere Dinge gehen

Damit bleiben für Ocon kaum noch Optionen. Für den Franzosen bitter ohne Ende. "Es ist kaum zu glauben, dass ich vor zwei Monaten in einer großartigen Situation war und die Dinge jetzt so gekommen sind", klagt Ocon vor dem Formel-1-Rennen in Singapur. "Es gibt noch Hoffnungen, ja, aber weniger und weniger ... Zu sehen, dass es nicht nur Ergebnisse sind, die eine Rolle spielen, ist ein Teil davon, warum ich gerade enttäuscht bin. Es muss um andere Dinge gehen", ärgert sich der Franzose.

Solche Dinge sind etwa das für Lance Stroll nun so gut wie garantierte Cockpit Ocons bei Force India. Im schlechtesten Fall für Ocon noch während der laufenden Saison 2018. Sergio Perez, der die Rettung des Teams erst einleitete, gilt als safe. Der entsprechend frei werdende Platz bei Williams bildet somit Ocons wohl noch einzig verbliebene Chance. Immerhin ist Williams Mercedes-Kunde. Doch Williams braucht eben auch Geld. Viel Geld. Fraglich, ob ein möglicher Rabatt auf Power Units da ausreichend trägt.

Ocons Mercedes-Stempel als Nachteil?

Toro Rosso unterdessen sucht zwar händeringend nach Fahrern, doch steht Ocon hier der Mercedes-Stempel im Weg. Red Bull will keinen Mercedes-Junior in ein Auto setzen, das als Ausbildungsstätte für den eigenen Nachwuchs in der Formel 1 platziert wurde. "Wenn die Fahrer als Mercedes-Fahrer stigmatisiert sind, scheint das nicht unbedingt immer die beste Verkaufsargument sein", haderte Toto Wolff schon in Monza. "Ich denke von tiefstem Racer-Herzen noch immer, dass das beste Talent den Support verdient und entwickelt werden muss", ergänzte der Motorsportchef schon in Italien im selben Duktus wie Ocon, war angefressen von der gegenwärtigen Entwicklung in der F1.

Vielleicht müsse man Ocon deshalb komplett freigeben, sollten ihm sonst nur Steine in den Weg gerollt werden. Nach Ansicht Ocons selbst sollte so etwas gar nicht nötig sein. "Diese Extras sollten keine Rolle spielen", fordert Ocon. "Deshalb bin ich etwas enttäuscht, wie sich die Dinge jetzt entwickelt haben", so Ocon über seine bittere Lage. Gesprochen habe er übe das Thema mit Wolff bisher ohnehin nicht. "Ich habe nie mit ihm darüber gesprochen. Ich weiß nur, dass ich Vertrag mit Mercedes habe und darüber nie gesprochen habe."

Mercedes würde Ocon keine Steine in den Weg legen

Ein Problem wäre es von Mercedes-Seite aber nicht, Ocon freizugeben. Hauptsache, ein großes Talent kommt unter. Wolff: "Was bedeutet es Mercedes-Fahrer zu sein? Gerade ist es doch so, dass du für ein anderes Team fährst, wenn du für ein anderes Team fährst. Esteban hat von mir nichts Böses zu erwarten, wenn er für Renault, Williams oder McLaren fährt."

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Ocon wirkt in Singapur niedergeschlagen - aber auch kämpferisch. "Ich bin nicht gefrustet, ich bin richtig enttäuscht - das ist eher das Wort dafür. Ich bin nicht sauer auf irgendwen oder irgendetwas. Aber ich habe echt hart gearbeitet, um hierher zu kommen. Deshalb wäre es eine mega Enttäuschung, sollte ich nächstes Jahr nicht in der Startaufstellung sein." Kein Vorwurf also auch an Mercedes, ihn nicht etwa direkt ins Werksteam gesteckt zu haben wie Ferrari Leclerc.

Ocon: Alle alte Rivalen in Top-Autos …

"Es ist natürlich schwer zu schlucken", sagt Ocon weiter über seine Gesamtlage. "Dieses Jahr habe ich mich gegenüber dem vergangenen Jahr verbessert, denke ich. Es steht im Qualifying 11:3 gegen Sergio, ich kämpfe in jedem Rennen hart, es so gut zu machen wie ich kann. Was zählen sollte, sind die Ergebnisse und die Arbeit, die der Fahrer reinsteckt. Und die Anstrengungen, die er leistet, um zu performen!"

Bitter zudem, dass es bei anderen Fahrer aus seiner Generation glücklicher läuft. Ocon: "All meine alten Rivalen - Max, Pierre, Charles - , Leute, gegen die ich im Grunde seit dem ersten Tag an gefahren bin in Top-Teams zu sehen, in Top-Autos, in denen sie um Podien und Siege kämpfen können - natürlich macht mich das hungriger denn je und lässt sich mich jeden Tag nur noch härter pushen. Selbst wenn ich keinen Platz für nächstes Jahr bekommen sollte, werde ich hart pushen, um zurückzukommen. Und ich werde zurückkommen!"

Aufgeben ist für Ocon also nicht. Unter keinen Umständen. Kämpfen müssen habe er ohnehin schon immer unfassbar hart um seine Karriere. "Es gab meine ganze Karriere über keinen leichten Weg, wie ihr alle wisst. Ich kann versprechen, dass ich auch in diesem Moment nicht aufgeben werde. Meine Motivation ist hoch und meine Rivalen aus alten Zeiten sind in Top-Autos, was mich hungriger denn je macht. Ich träume F1, ich trainiere F1, ich esse F1, ich spiele F1, ich denke F1 ... Ich bin geboren, um Rennen zu fahren und mein einziges Ziel ist, ein Champion zu sein und das wird es auch immer sein!"