Beim US Grand Prix verlor die Scuderia drei weitere Punkte auf Red Bull. Mit 53 Punkten Rückstand bei noch drei ausstehenden Rennen zieht sich die Schlinge um den Hals des italienischen Traditionsrennstalls immer weiter zu. Sebastian Vettel ist trotz einer enttäuschenden Saison davon überzeugt, dass sein Teams das Richtige tut. Hinsichtlich des WM-Gewinns sieht er nach dem zweiten titellosen Jahr bei den Roten noch längst keinen Grund zur Torschlusspanik.

Dabei war gerade die chaotische Vorstellung in Austin erneut ein gefundenes Fressen für die Kritiker, die wenig Verständnis für die Fehler des Teams aufbrachten. Vettel hingegen ist der Ansicht, dass sich das Team im Vergleich zum Vorjahr sogar gesteigert hat. "Das Niveau war schon ziemlich hoch, als ich zu Ferrari gekommen bin. Aber ich denke, wir haben es seitdem noch einmal angehoben", so der 29-Jährige.

Aussagen, die angesichts der anhaltenden Sieg- und Erfolglosigkeit verwundern. Vettels Erklärung klingt ebenfalls sehr nach Schönwetter-Parolen in Zeiten der Krise: "Du musst das Niveau anheben und herausfinden, was du verbessern kannst. Einen besseren, klügeren, leichteren oder effizienteren Weg finden, Dinge zu machen. Ich denke, in dieser Hinsicht sind wir sehr gewachsen."

Das Niveau anheben wird bei Ferrari wohl frühestens 2017 der Fall sein. Denn für die Schlussphase der aktuellen Saison sieht der viermalige Weltmeister keinen Bedarf mehr, noch eine 180-Grad-Wendung anzustrengen: "Es ging auf und ab in den letzten zehn Rennen. Ich denke nicht, dass wir unbedingt etwas ändern müssen. Es ist klar, welches Auto wir haben und das wir nicht die Favoriten vor dem Rennwochenende sind."

Vettel scheint sich für 2016 keine großen Hoffnungen mehr auf Besserung zu machen, Foto: Sutton
Vettel scheint sich für 2016 keine großen Hoffnungen mehr auf Besserung zu machen, Foto: Sutton

Ferrari mit Mercedes und Red Bull vergleichbar

Dass die diesjährige Vorstellung von Ferrari nach dem angepeilten WM-Titel durchaus Anlass zur Kritik gibt, bestreitet Vettel nicht. Ganz im Gegenteil: "Ich stimme damit überein, dass wir nicht die Resultate eingefahren haben und das lässt sich auch nicht entschuldigen. Das ist in Ordnung, denn es ist Teil des Spiels und für die anderen das Gleiche." Die Anderen, allen voran Mercedes und Red Bull, dominierten in den vergangenen Jahren die Formel 1 nach einer überschaubaren Aufbauphase von etwa fünf Jahren.

Gegenüber Motorsport-Magazin.com erklärt Vettel jedoch, dass die Situation bei Ferrari trotz jahrelanger Formel-1-Tradition keine gänzlich andere sei, als bei der erfolgreicheren Konkurrenz: "Ich glaube, wenn man an den beiden Beispielen hängenbleibt, wird ersichtlich, dass sich immer ein Team die Mühe gemacht hat, extrem viel in die Hand zu nehmen, was Geld und Zeit angeht, um sich neu zu sortieren."

Bei Red Bull erlebte Vettel Teile des Aufbaus und die Erfolgsgeschichte sogar aus erster Hand mit. "Red Bull hat 2005 angefangen und erst 2009 Rennen gewonnen. Es hat auch für Mercedes eine Zeit gedauert. Es dauert immer Zeit, das Niveau wieder anzuheben und zurück an die Spitze zu kommen. Aber wenn es einmal soweit ist, macht es normalerweise Klick und dann kommen auch die Resultate", so Vettel.

Von Ferrari wird immer nur das Beste erwartet

Die hohe Erwartungshaltung gegenüber dem Mythos Ferrari überrascht Vettel keineswegs. "Es wird natürlich immer das Beste und das Größte von Ferrari erwartet", sagt er. In dieser Hinsicht ist die Situation bei den Italienern dann doch eine etwas andere, als bei Mercedes und Co. Ein Problem hat er damit allerdings nicht: "Das ist auch richtig. Deswegen sind wir auch da und deswegen fahre ich auch Rennen. Um zu gewinnen und nicht nur um mitzufahren."

Dass die Siege momentan nur die Anderen einfahren, ist für Vettel ohnehin nicht auf vermeintliche schlechte Arbeit im Werk von Maranello zurückzuführen: "Ich glaube, es wäre auch ein Zeichen mangelnden Respekts, wenn ein Team nur sagt, dass es selbst schlecht war und nicht anerkennt, dass die anderen einfach den Ticken besser waren."

Gute Mexiko-Erinnerungen trotz Nullnummer

Bevor sich Ferrari für 2017 neu sortieren kann, muss das Team noch die letzten drei Rennen 2016 über die Bühne bringen. Für Mexiko hofft Vettel auf eine Außenseiterchance. " Dies ist eine Strecke, auf der niemand besonders viel Erfahrung hat, abgesehen vom letzten Jahr", sagt Vettel angesichts des in der modernen Formel 1 immer noch verhältnismäßig unbekannten Autódromo Hermanos Rodríguez, das erst seit 2015 wieder Teil des Kalenders ist.

Hoffnung auf einen kleinen Aufschwung schöpft der Ferrari-Pilot allerdings nicht nur daraus. Obwohl er 2015 nach einem desaströsen Rennen mit mehreren Fahrfehlern ausschied, hat er nicht nur negative Erinnerungen an Mexiko. "Letztes Jahr lief es in Sachen Pace für uns hier sehr gut. Da waren wir sehr stark", erinnert Vettel an das Qualifying, in dem er dem Mercedes-Duo dicht auf den Fersen war.