Der Große Preis von Singapur gilt als das anstrengendste Rennen des Jahres, schließlich müssen die Fahrer fast zwei Stunden lang auf einer Strecke, auf der es ständig durch Kurven geht, voll konzentriert bleiben. Der kleinste Fehler kann angesichts der dicht stehenden Leitplanken einen Ausfall bedeuten. Hinzu kommt das tropische Klima, das auch in der Nacht zu größter Anstrengung führt. Die Red-Bull-Piloten Daniel Ricciardo und Daniil Kvyat haben sich daher mit knallharten Trainingsmethoden gequält: Raus aus den Sommerklamotten, rein in den Winterdress - und dann Sport machen!

Kvyat verbrachte zuletzt einige Zeit in Hurghada in Ägypten. Mit der Anonymität war es da schnell vorbei: "Ich habe mit Winterklamotten bei 30 Grad trainiert und sah aus wie ein Idiot", lachte der junge Russe. "Alle haben mich angeguckt wie einen Alien." Fahrradfahren und Joggen haben unter der Sonne im Super-Schwitzdress auf dem Programm gestanden. Die Reaktion von Daniel Ricciardo? "Ich habe Ski-Klamotten getragen, das ist noch ein Schritt härter!"

Was in der Medienrunde für allgemeine Heiterkeit sorgte, hat einen ernsten Hintergrund: Physisch geht allenfalls noch der Große Preis von Malaysia, der im selben Klima bei Tageslicht ausgefahren wird, so an die Grenze der körperlichen Belastungsfähigkeit. Allerdings ist dort die Strecke weniger fordernd. "Ich hoffe, dieses Training hilft mir, mich am Ende des Rennens besser zu fühlen", so Kvyat.

Möglicherweise ist das harte Training aber völlig umsonst gewesen. Ricciardo war verblüfft, als er die Interviews gab: "Es ist kalt hier. Hoffentlich wird es wärmer, denn ich fühle mich bereit für die Hitze!" Er habe sich in spezielle Hitzekammern in Australien begeben. "Sie sind gut. Man kann in ihnen die Temperatur und Luftfeuchtigkeit einstellen."

Immer am Limit: 120 Minuten lang darf bei aller Anstrngung kein Fehler gemacht werden, Foto: Sutton
Immer am Limit: 120 Minuten lang darf bei aller Anstrngung kein Fehler gemacht werden, Foto: Sutton

Mit kleinen Updates Richtung Ferrari

Mit dem Großen Preis von Singapur kehrt Red Bull auf Territorium zurück, das dem RB11 deutlich besser liegen sollte als die vergangenen beiden Highspeed-Strecken Monza und Spa-Francorchamps. Grund zum Optimismus, findet auch Ricciardo: "Die Strecke sollte uns etwas besser liegen. Mit maximalem Abtrieb sind wir normalerweise besser." Er glaubt nicht, dass Red Bull in der Lage sein werde, Ferrari anzugreifen, "aber wir sollten nah dran sein." Die Vorstellung in Budapest macht Mut, schließlich konnten die Red Bull dort mit den Roten halbwegs mithalten. "Wir haben ein paar neue Teile. Das ist aber nur Aero-Zeug, ein bisschen hier und da, nichts weiter. Es ist eine Entwicklung des Budapest-Pakets."

Daniil Kvyat wollte hingegen keinen Prognosen abgeben, sondern sich ganz an seinem Teamkollegen orientieren: "Für mich ist es wichtig, nahe an Ricciardo zu sein und auf lange Sicht enge Duelle zu haben. Es ist gut zu wissen, dass er nicht in jedem Rennen mehr punktet als ich. Denn das hätte bedeutet, dass irgendwas komplett falsch läuft, aber so sieht es nicht aus." Er erinnerte sich an ein schwieriges Rennen im Vorjahr: "Das Rookie-Jahr war echt schwierig hier, weil alles ein bisschen anders in einem F1-Boliden aussieht." Er kam anno 2014 nicht über einen 14. Platz hinaus.

Körperlicher Stress geht weiter

Es sind bewegte Zeiten in der Formel 1: Wenn die Singapur-Tortur überstanden ist, geht es direkt weiter nach Japan, wo am nächsten Wochenende das Rennen in Suzuka auf dem Programm steht. Während im Stadtstaat normalerweise der Europa-Schlafrhythmus beibehalten wird, ist dieses Jahr ein Kompromiss gefragt. "Der Zeitunterschied wird interessant, wenn wir nächstes Wochenende nach Japan gehen", so Ricciardo. "Wir versuchen hier, nicht früher als nötig ins Bett zu gehen. Aber auf der anderen Seite bringt uns das vielleicht ein wenig für Japan." Die Akklimatisierung in Fernost muss binnen weniger Tage erfolgen.