Es ist eine der zahlreichen Baustellen in der Formel 1 abseits der Rennstrecke: die schwelende Debatte über die Nutzung der Windkanäle. Die Aero-Bauten verschlingen jährlich Millionen Euro. Mit seiner Forderung nach einem Verbot der Windkanäle trat Red Bulls Motorsportchef Christian Horner schon in Australien eine große Diskussion los. Die Gespräche sind mitgereist zum zweiten Rennwochenende in Malaysia - wie auch Horner, der in Sepang noch einmal nachlegte.

"Einer der heiligen Grale, den die Teams nicht anfassen, ist der Windkanal", sagte Horner während der FIA-Pressekonferenz am Freitag. "Red Bull verfügt über seine sehr starke Aerodynamic-Abteilung. Wir haben einen guten Windkanal, in den wir viel Geld gesteckt haben in den vergangenen Jahren - aber schaut euch mal die Geldsummen an, die so ein Windkanal verschlingt. Wenn es dem Sport wirklich darum geht, die Kosten zu reduzieren, müssen wir vielleicht sagen: Okay, schaffen wir die Windkanäle ab, vermieten wir sie kommerziell."

Horner setzt sich für Abschaffung der Windkanäle ein, Foto: Sutton
Horner setzt sich für Abschaffung der Windkanäle ein, Foto: Sutton

Formel 1 ist nicht GP2

Mit seinen Äußerungen über das mögliche Verbot war Horner schon bei Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff auf taube Ohren gestoßen. Das sei schließlich die Formel 1 und nicht die GP2, die F1 dürfe seine DNA nicht verlieren, forderte der Österreicher. In Sepang erhielt Wolff nun prominente Unterstützung in Form von Ferrari. James Allison hielt es für den absolut falschen Weg, die viel diskutierten Windkanäle verbieten zu lassen, um Kosten einzusparen.

"Wir alle haben das Glück, Geld von unseren Partnern zu bekommen", meinte Ferraris Technikdirektor. "Sie unterstützen uns in der Hoffnung, dass wir ein Auto ins Feld führen, welches sie stolz macht. Als Ingenieur ist es unser Job sicherzustellen, dass wir ihr Geld sinnvoll ausgeben. Wenn wir das schaffen, sind die Rundenzeiten das Ergebnis daraus." Allison war fest davon überzeugt, dass ein Windkanal-Verbot nicht kommen wird. Er sagte: "Ich bin sicher, dass so etwas nicht passieren wird."

Ferrari baut weiter auf Windkanäle, Foto: Ferrari
Ferrari baut weiter auf Windkanäle, Foto: Ferrari

Windkanal-Verbot macht Sinn

Gegenwind erhielt Allison neben Horner auch von Toro Rosso in Form von Franz Tost , Robert Fernley in Diensten von Force India sowie Lotus-CEO Matthew Carter. Das Trio sprach pflichtete Horner bei und setzte sich ebenfalls für eine Abschaffung ein. "Das Windkanal-Programm kostet unheimlich viel und es macht absolut Sinn, es zu entfernen", sagte Carter. Toro-Rosso-Boss Tost vertrat die gleiche Meinung: "Wir verwenden sehr teure Werkzeuge, egal ob Windkanal oder CFD. Wenn wir damit weitermachen, müssen wir die Arbeitsstunden wesentlich mehr reduzieren als es aktuell der Fall ist."

Horner sprach über die Möglichkeit, eine Standardzeit für die Nutzung des Computerprogramms CFD (Computational Fluid Dynamics) einzuführen und zudem die Regeln etwas lockerer zu gestalten. "Ich denke, dass die Autos dann auch unterschiedlicher aussehen", sagte der Brite und stimmte damit in den Kanon von Red Bulls Designgenie Adrian Newey ein. "Aktuell wäre es wegen der sich wiederholenden Programme, die wir alle nutzen, sehr schwierig, die einzelnen Autos voneinander zu unterscheiden, wenn wir sie alle in gleicher Farbe lackieren würden."

Verliert die Formel 1 seine DNA?, Foto: Sutton
Verliert die Formel 1 seine DNA?, Foto: Sutton

CFD allein reicht nicht

Warum der alleinige Einsatz der CFD-Technik niemals ausreichen könne, erklärte hingegen Ferrari-Ingenieur Allison: "CFD ist eine großartige Sache. Es ist aber kein Werkzeug, das ohne Windkanal funktioniert. Wenn du versuchst, es so einzusetzen, dann belügst du dich selber. Du denkst, dass du damit ein Auto entwickelst. Wenn du das Auto aber zu Beginn des Jahres anlässt, findest du heraus, dass vieles nicht funktioniert von dem du dachtest, dass es klappt." Die Technologie sei noch nicht bereit dafür, allein auf die CFD-Entwicklung zu vertrauen. Vielmehr ermögliche es CFD dem Windkanal-Team, ebendiesen optimal nutzen zu können.

Das sah Force Indias Robert Fernley etwas anders. So läge es an den Teams der Formel 1 - die sich ja gern als Spitze des Motorsports bezeichnet - das CFD-Verfahren zu optimieren; also die Autos komplett digital zu entwickeln. "Wenn die Formel 1 Spitze ist, sollte sie die Grenzen erweitern", sagte Fernley. "Und im technischen Bereich ist CFD genauso eine Grenze wie die Hybride. Deshalb sollten wir meiner Meinung nach neue Ziele in der Formel 1 setzen. Eine Dinosaurier-Technologie ist dabei keine Option. Es wäre auch für die Umwelt eine falsche Botschaft."

Info: Windkanal-Änderungen für 2015

Um Kosten einzusparen, wurden die Möglichkeiten zur Weiterentwicklung eingeschränkt. So wurde die Anzahl der Windkanal-Läufe für die Teams von 80 auf 65 Stunden pro Woche reduziert. Ebenso herabgesetzt wurde die Anzahl der Windstunden von 30 auf 25 Stunden. Die Nutzung von Computational Fluid Dynamics (CFD) wurde von 30 auf 25 Teraflops verringert. Dagegen werden den Teams pro Tag nun zwei Phasen an Tunnelnutzung anstatt einer erlaubt. Jedes Team darf nur einen Windkanal benennen.