Auf sportlicher Ebene ging die Heimspiel-Premiere von Marco Mattiacci gehörig in die Hose. Fernando Alonso erlebte durch seinen ersten technisch bedingten Ausfall in vier Jahren die erste 'Nullnummer' der Saison, Kimi Räikkönen sicherte dem Team als Neunter gerade einmal zwei Punkte. Somit fiel Alonso in der Fahrer-WM nicht nur hinter Valtteri Bottas auf Rang fünf zurück - auch in der Konstrukteurswertung liegt der britische Traditionsrennstall nun vor Ferrari. Abseits des Geschehens auf der Strecke bekam der langjährige Ferrari-Angestellte Mattiacci jedoch eindrucksvoll aufgezeigt, was es eigentlich bedeutet, Teamchef der Mythosmarke zu sein.

Die tiefgreifenden Impressionen rund um das verlängerte Wochenende im Königlichen Park zu Monza haben für Mattiacci fast schon einen spirituellen Beigeschmack: "Für mich war es wichtig, hier beim ersten Heimspiel einmal zu erleben, was Ferrari wirklich bedeutet. Es ist ein Unterschied, ob du Angestellter bei Ferrari bist, oder das Rennteam als Stolz der Marke für ein ganzes Land beim Heimrennen repräsentierst", verrät der Italiener. Vor allem die Affektion der abertausenden Tifosi habe ihn tief berührt: "Die Liebe, die Leidenschaft, der Stolz, den die Fans Ferrari gegenüber zeigen und leben ist mit Worten kaum zu beschreiben. Die Relevanz Ferraris ist eher die einer Institution, denn die eines Rennstalls."

Ferrari-Teamchef Marco Mattiacci blickt ambitioniert in die Zukunft, Foto: Sutton
Ferrari-Teamchef Marco Mattiacci blickt ambitioniert in die Zukunft, Foto: Sutton

Große Verpflichtung gegenüber den Fans

Die gewonnen Eindrücke rund um das Heim-Event will Mattiacci nun auch als zusätzlichen Antrieb verwenden, und den Fans den Erfolg zurückbringen, den diese eng mit Ferrari verbinden und lange vermissen: "Wir haben gegenüber den Fans eine große Verpflichtung, und das Wochenende hier hat mir dies noch einmal mit Nachdruck klar gemacht. Ich werde alles in meiner Macht stehende tun, kollektive Frustration der Tifosi hier ein für allemal zu beenden." Dass Ferrari jedoch ein weiter Weg bevorsteht, ist Mattiacci durchaus bewusst. Vor allem das ernüchternde Ergebnis beim Heimspiel habe dem Team noch einmal klar und deutlich die Defizite aufgezeigt.

"Wir werden natürlich nicht von heute auf morgen die Probleme beheben können. Es geht um einen ingenieurstechnischen Entwicklungsprozess, und das Wort Prozess schließt eine längere Dauer ja bereits ein", stellt der Teamchef klar. Daran, dass Ferrari in seiner Mission der Rückkehr an die Spitze scheitern könnte, glaubt er nicht: "Man muss nur einmal realistisch betrachten, wie denn die Ausgangslage ist. Wir haben zwei Weltklasse-Piloten, hervorragendes Personal und hochmoderne Einrichtungen. Zudem hatte dieses Team bereits so viel Erfolg, dass einfach das Know-How bereits vorhanden ist. Wir müssen die Teile nur clever zusammensetzen, und das ist meine Aufgabe."

Keine großen Sprünge bis zum Saisonende

Zumindest bis zum Saisonende wird Ferrari aufgrund der strikten Weiterentwicklungs-Regularien jedoch keine großen Schritte mehr in Richtung der Konkurrenz machen können. Somit werden die Streckenlayouts der verbleibenden sechs Rennen in diesem Jahr mehr oder minder über das Schicksal der Scuderia an den einzelnen Wochenenden entscheiden. Dies kommt bei Mattiacci nicht gut an: "Wir haben ja leider die Regularien, dass wir uns während der Saison nicht wirklich weiterentwickeln dürfen. Das ist für uns natürlich ein großes Problem, und ich habe meine Meinung dazu, die ich aber nicht äußern werde. Wir müssen also über den Winter doppelt hart arbeiten, aber wir werden nichts unversucht lassen."