Nico Rosberg passierte der gleiche Fehler im Italien GP gleich zweimal. Untypisch für den als besonders besonnenen geltenden WM-Führenden. Genau genommen ist Rosberg der Fehler sogar noch häufiger unterlaufen: in den Trainings. Da sind Fehler durchaus legitim, müssen die Piloten doch irgendwie das Limit finden. Ein Verbremser in Monza? Eigentlich keine große Sache - könnte man meinen.

Denn am Ende waren Rosbergs Verbremser sehr wohl eine große Sache - schließlich kosteten sie ihn den Rennsieg und sorgten für eine Menge wilder Spekulationen. Rosberg habe sich absichtlich verbremst, wollte - oder sollte - sich damit nach den Vorkommnissen in Spa revanchieren und Hamilton den Sieg schenken. "Spa war ein Fehler, den ich gemacht habe, für den ich mich entschuldigen muss. Es gab die nötigen Gespräche und das ist alles. Es ist vergessen - es ist nichts, was ich jetzt zurückgeben müsste", räumte Rosberg schnell mit den Spekulationen auf.

Doch was ist in den Runden 9 und 29 wirklich passiert, warum fuhr Rosberg geradeaus? Ein technischer Defekt war nicht dafür verantwortlich, auch wenn die Fehler etwas eigenartig anmuteten. Das hatte aber einen einfachen Grund: Rosbergs Verbremser aus den Trainingssitzungen. "Im Training musste ich einen Run wegen einem Bremsplatten, den ich mir bei einem Verbremser geholt habe, abbrechen. Wegen dieser Erfahrung war es für mich klar, dass wenn die Räder so früh blockieren, ich nicht versuchen würde, die Kurve noch zu bekommen."

Normalerweise wirkt sich das Blockieren der Reifen nicht gravierend auf die Rundenzeit aus. Das Blockieren der Reifen zeigt, dass der Fahrer zu stark auf der Bremse steht. Die Verzögerung der Bremse ist größer, als die Kräfte, die der Reifen übertragen kann. Die Verzögerungswirkung ist aber noch immer da - wenn auch im Normalfall leicht vermindert. "Wenn die Räder da blockieren, kann ich die Kurve noch erwischen - kein Problem", bestätigt Rosberg.

Allerdings leiden die Reifen darunter, beginnen sich schnell an einer Stelle abzuwetzen - ein typischer Bremspatten. Der Reifen ist nicht mehr rund, Vibrationen entstehen. "Dann muss ich zwei Stopps machen", fürchtete Rosberg.

Rosberg versuchte sich im Slalomkurs, Foto: Sutton
Rosberg versuchte sich im Slalomkurs, Foto: Sutton

Rosbergs Problem war vor allem, dass die Räder früh in der Bremsphase blockierten. Zu diesem Zeitpunkt ist noch wenig Geschwindigkeit abgebaut und die Radlasten - speziell auf der Vorderachse - sind entsprechend höher. Gleichzeitig muss noch ein längerer Weg bis zum Kurvenscheitelpunkt zurückgelegt werden. Mehr Belastung über einen längeren Zeitraum ."Dann ist das Risiko sehr hoch, dass man einen Bremsplatten bekommt. Wenn sie spät blockieren, ist es kein Problem."

Dass der Deutsche die Führung durch den Slalom-Umweg verlieren würde, war ihm aber nicht klar. "Ich habe mich dazu entschieden, geradeaus zu fahren. Aber vielleicht hätte ich es versuchen sollen. . Die Art und Weiße, wie ich die Position verloren habe, war schrecklich", gestand er später und kurz war darauf wieder zu Scherzen aufgelegt: "Scheiß Slalomkurs... das müssen sie ändern, das ist nicht richtig."

Kein technischer Defekt, keine Absicht: Wie ist es dann zu erklären, dass sich Rosberg der gleiche Fehler zweimal unterläuft? Für den Silberpfeil-Piloten ist die Erklärung einfach: Der Druck, den Hamilton auf ihn ausübte. "Er war schnell. Es ist auch Fakt, dass ich dann schneller fahren muss, sonst bekomme ich Probleme. Und das habe ich versucht. Natürlich musste ich mehr Risiko eingehen, das ist ganz simpel und - so denke ich - auch eine sehr gute Erklärung."

Hamilton hat nicht gewonnen, Rosberg hat verloren

Kritik an Rosberg gab es vom dreimaligen Weltmeister Sir Jackie Stewart. "Ich denke, dass Rosberg zwei große Fehler gemacht hat. Ich weiß nicht, warum sie ihm beide an der gleichen Stelle passiert sind. Vielleicht hat er dabei in die Spiegel geschaut. Aber er hat das Rennen eher verloren, als Lewis es gewonnen hat, wenn Sie verstehen, was ich meine...", so Stewart im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com.

Trotzdem geht für Rosberg die Welt nicht unter. "Es gibt auch Positives heute. Es war kein Desaster, es sind sieben Punkte, die ich verloren habe. Das ist auf jeden Fall weit davon entfernt, ein Desaster zu sein", sagte Rosberg. Stewart sieht es ähnlich: "Rosberg hat für den zweiten Platz allerdings auch einige Punkte geholt und hat immer noch einen guten Vorsprung in der Weltmeisterschaft."

Positiv stimmt Rosberg außerdem, dass mit Singapur eine Strecke bevorsteht, die ihm liegt. Im Williams konnte er auf dem Stadtkurs 2008 sogar den zweiten Platz feiern. Die Streckencharakteristik kommt ihm deutlich mehr entgegen als in Monza. In Italien kommt es vor allem auf die Bremsen an - und da hapert es bei Rosberg noch immer. Wegen Hamiltons Bremsversagen in Hockenheim muss Mercedes noch immer auf ein älteres Modell zurückgreifen - für Rosberg mit ein Grund, weshalb er seinem Teamkollegen das gesamte Wochenende über unterlegen war.