Eric, wie fühlen Sie sich nach diesem harten Wochenende in Belgien?
Eric Boullier: Es fühlt sich fast wie ein Kater an! Man wacht mit Kopfschmerzen auf, versucht sich zu erinnern, was am Tag zuvor passiert ist, und bemerkt dann langsam, dass es kein Albtraum war. Romain wurde wirklich für ein Rennen gesperrt, das ist schwer zu glauben. Aber wir können nichts dagegen unternehmen. Wir akzeptieren die Entscheidung der Rennkommissare und sind dagegen nicht in Berufung gegangen. Romain hat sich bei den beteiligten Fahrern für den Zwischenfall entschuldigt. Jetzt müssen wir nach vorne schauen. Die Strafe hat Kimis sechsten Podestplatz in dieser Saison etwas überschattet. Er liegt jetzt in seinem Comeback-Jahr nur noch einen Punkt hinter dem WM-Dritten und das ist wahrlich beeindruckend.

Wird Romain in Italien sein?
Eric Boullier: Natürlich, er ist Teil des Teams.

An seiner Stelle fährt Jerome D'Ambrosio neben Kimi. War er die natürliche Wahl?
Eric Boullier: Ja, er ist unser dritter Fahrer und kann direkt übernehmen. Deswegen haben wir ihn im Winter ausgewählt. Ehrlich gesagt hätte Jerome für uns in einigen Trainings in dieser Saison fahren sollen. Aber angesichts unseres Performance-Levels seit Melbourne sowie der aktuellen Entwicklungsgeschwindigkeit machte es mehr Sinn, dass unsere Einsatzfahrer das gesamte Wochenende im Auto saßen. Ich bin über Romains Strafe sicher nicht froh, aber Jerome verdient diese Chance. Es ist seine Gelegenheit, um Eindruck zu hinterlassen.

Warum haben Sie das nicht schon am Sonntag bekanntgegeben?
Eric Boullier: Ich wollte zunächst am Montagvormittag die Mannschaft in Enstone informieren.

Wie hat Jerome auf die Nachricht reagiert?
Eric Boullier: Er ist Rennfahrer durch und durch. Racing ist seine Leidenschaft. Auf der einen Seite war er sehr glücklich über diese Gelegenheit. Auf der anderen weiß er, dass viel von ihm erwartet wird: das Auto sollte um einen Podestplatz kämpfen können und er erhält nicht viel Zeit auf der Strecke, um sich vorzubereiten. Das ist eine Herausforderung und ich bin sicher, dass Herr D'Ambrosio einige Leute überraschen wird. Eines ist sicher, er ist ein halber Italiener und damit weiß ich, welchen Fahrer die Zuschauer neben Fernando Alonso unterstützen werden!

Eric Boullier traut Kimi Räikkönen den Titel zu, Foto: Sutton
Eric Boullier traut Kimi Räikkönen den Titel zu, Foto: Sutton

Welchen Rat geben Sie ihm mit auf den Weg?
Eric Boullier: Ich werde ihm sagen, dass er am Wochenende einen Schritt nach dem anderen machen soll. Das Schlimmste wäre, zu versuchen, ab dem ersten Trainings Kimis Pace zu haben. Jerome wird am Freitag und Samstag mit seinen Ingenieuren, die er bereits kennt, seine Hausaufgaben erledigen - ein maßgeschneidertes Programm für ihn. Ich bin nicht besorgt. Er kennt die Abläufe, unsere Setup-Philosophie und er kennt Monza wie seine Westentasche. Es wird kein einfaches Wochenende für uns, aber ich mache mir keine Sorgen.

Der E20 sah in Spa nicht so konkurrenzfähig aus wie in Budapest. Macht Ihnen das mit Blick auf den Rest der Saison Sorgen?
Eric Boullier: Ich denke nicht. Zunächst ist Spa eine ganz spezielle Strecke und keine der kommenden Strecken hat eine ähnliche Charakteristik. Außerdem hatten wir nur eine Stunde, um unsere Autos abzustimmen - obwohl das für alle gilt, hätten wir mit mehr Trainingszeit im Trockenen schneller sein können. Letztlich haben wir einige interessante Entwicklungen in der Pipeline, die wir im Laufe des Jahres bringen werden. Zu dieser Jahreszeit konzentriert sich das Team normalerweise ausschließlich auf das nächstjährige Auto. Das ist in dieser Saison nicht der Fall, da wir den E20 bis zum letzten Rennen weiterentwickeln werden. Das wird aber das Design des E21 nicht beeinflussen.

Kommen wir zurück zu Kimi. Wie sehen Sie seine Chancen im Titelkampf?
Eric Boullier: Wir wissen, dass wir nicht das schnellste Auto haben, aber möglicherweise das konstanteste. Wir haben schon neun Podestplätze geholt. Kimi liegt 33 Punkte hinter dem WM-Spitzenreiter und wir wissen, dass die Saison noch offen ist. Bei noch acht ausstehenden Rennen werden wir so lange Gas geben, wie wir eine Chance haben. Kimi war bereits in so einer Situation und wir alle wissen, dass er es schaffen kann, wenn wir ihm das richtige Auto geben. Der Druck liegt bei uns.