Timo Glocks Ausraster und seine Qualifying-Disqualifikation in Zandvoort sorgten für großen Wirbel in der DTM. Neben dem Ausschluss wurde der BMW-Pilot für seine Mittelfinger-Geste mit 3.000 Euro Geldstrafe belegt. Zunächst konnte Glock die Bestrafungen überhaupt nicht nachvollziehen, beschwerte sich am Sonntag noch während der Einführungsrunde über das Urteil der Rennleitung.

Mit ein wenig Abstand hat Glock eingesehen, dass er wohl etwas über die Stränge geschlagen hatte und seinen Aussetzer nicht allein mit einem emotionalen Ausbruch rechtfertigen konnte. Am Montagabend entschuldigte sich der frühere Formel-1-Pilot auf seinen sozialen Netzwerken. Glock sah ein, dass sein Mittelfinger in Richtung Edoardo Mortaras Box nicht unbedingt ein gutes Beispiel für den Nachwuchs gewesen war. Eine Geste, die Respekt verdient.

Nach Glocks Bestrafung am Sonntagmittag herrschte unter den Fans zum Teil großes Unverständnis über das Urteil. Motorsport-Magazin.com hakte beim DMSB nach und kann aufklären, wieso genau es zum Qualifying-Ausschluss sowie zu der Geldstrafe gekommen war und warum Glock mit einer Beschwerde sogar Recht hatte.

1. - Glock übt Selbstjustiz

In der DTM ist es seit Jahren Gang und Gäbe, dass sich Fahrer im Qualifying gegenseitig blockieren - ob mit oder ohne Absicht. So wie Mortara in Zandvoort, der von seinem Team gleich zweimal nicht korrekt über die Streckensituation informiert wurde und in der Folge Jamie Green und Glock blockierte. Der Mercedes-Pilot machte aus diesem Fehler kein Geheimnis und akzeptierte die Strafe - in diesem Fall eine 5-Platz-Strafe (wegen Green) sowie eine 5-Sekunden-Boxenstoppstrafe (wegen Glock).

Was Glock tat, ging allerdings über das einfache Blockieren hinaus. Stattdessen war es eine schwerwiegende Behinderung, urteilte die Rennleitung. Glock war über Mortara verärgert ("Fucking Idiot") und bremste ihn gleich mehrfach ein. Dadurch konnte sich Mortara nicht ordentlich auf einen schnellen Run vorbereiten, Glock seinerseits wurde vom Team an die Box gerufen.

Der DMSB dazu zu Motorsport-Magazin.com: "Timo Glock hat ein Revanchefoul an Edoardo Mortara begangen, nachdem dieser ihm die schnelle Runde kaputtgemacht hatte. Mortara befand sich auf seiner Outlap, wurde von Glock aber mehrfach eingebremst, sodass er sich nicht auf seine schnelle Runde vorbereiten konnte. Es war eindeutig eine absichtliche Behinderung seitens Glock statt eines Blockierens, wie es in der DTM immer mal wieder vorkommt und in der Regel mit einer Rückversetzung um fünf Startplätze bestraft wird."

Bei der anschließenden Anhörung argumentierte Glock zunächst, dass er langsam gefahren sei, um die nächste schnelle Runde in Angriff zu nehmen. Das sah die Rennleitung anders. "Das war aus unserer Sicht nicht der Fall", teilte der DMSB mit. "Er muss schon vorher gewusst haben, dass er nicht genügend Benzin im Auto für einen weiteren Run haben würde."

Glock rastet aus: Mortara ist ein Idiot (01:19 Min.)

2. - Glocks Geldstrafe

Geldstrafen werden in der DTM meist für Vergehen verhängt, ohne dabei direkten Einfluss auf das sportliche Geschehen zu nehmen. Glock musste die 3.000 Euro nicht wegen seines Ausrasters auf der Strecke zahlen, sondern wegen der Mittelfinger-Geste anschließend in der Boxengasse. Dass die TV-Kameras die Szene einfingen, half natürlich nicht. Einen ähnlichen Fall gab es letztes Jahr am Norisring, als Christian Vietoris 3.000 Euro zahlen musste, nachdem er Mattias Ekström im Fernsehen als 'das allergrößte Arschloch' bezeichnet hatte.

Beleidigungen ahndet der DMSB, so wie bei Glock. In diesem Fall wurde Vietoris' Strafe als Vergleich herangezogen. Einfach ausgedrückt: Mittelfinger ist gleich Arschloch. Eine Geldstrafe ist aus Fahrersicht die mildeste Bestrafung, da sie sich sportlich nicht auswirkt. Selbst eine Verwarnung ist drastischer, denn bei drei Verwarnungen innerhalb einer Saison wird eine Platzstrafe fällig.

"Timo Glock hatte sich in der Boxengasse noch nicht beruhigt und auch später nicht vor den Sportkommissaren", so der DMSB zu Motorsport-Magazin.com. "Der DMSB möchte durchaus, dass die Fahrer Emotionen zeigen. Es ist aber nicht in Ordnung, wenn sich diese in einer Beleidigung äußern. Das wird in keiner Sportart auf dieser Welt geduldet, auch nicht im Motorsport."

3. - Glocks Beschwerde über den DMSB

Glock beschwerte sich in Zandvoort und auch wenig später auf Facebook über das Vorgehen der Rennleitung. Dass er erst in der Startaufstellung über die Strafe informiert wurde und statt von Platz fünf aus der letzten Reihe starten musste, empfand er als lachhaft. Hier lenkte der DMSB gegenüber Motorsport-Magazin.com ein und zeigte Verständnis für Glocks Ärger über die späte Information.

"Am Ende ist es blöd gelaufen, das war auch seitens der Rennleitung nicht ganz optimal", räumte der DMSB offen ein. "Glock fuhr in dem Glauben aus der Box, dass er seinen fünften Startplatz behalten dürfe. Die endgültige Entscheidung über seine Strafe fiel aber genau in diese Zeit, sodass er auf dem Weg in die Startaufstellung nicht wissen konnte, dass er bestraft wurde. Das war für ihn sicherlich nicht schön. Es war aber leider nicht möglich, diesen Fall früher abzuhandeln."

Auch Glocks Team hatte nicht die Möglichkeit, seinen Fahrer rechtzeitig zu informieren. Zum Zeitpunkt, als sich Glock aus der Box auf den Weg in Richtung Grid machte, war die Teamleitung noch bei den Sportkommissaren. Zwischen dem Glock/Mortara-Vorfall im Qualifying und der ausgesprochenen Strafe für Glock lagen rund zweieinhalb Stunden. Mit dem Wertungsausschluss fand die Rennleitung zudem ein Urteil, das per Reglement nicht angefochten werden kann. Ansonsten hätte sich im Falle eines Einspruchs theoretisch der Rennstart verzögern können.

Der DMSB zum Ablauf der Verhandlungen nach dem Qualifying, wo neben Glock und Mortara auch Gary Paffett wegen falscher Reifen disqualifiziert wurde: "Nach dem Qualifying gab es insgesamt sechs Fälle, die von der Rennleitung bis zum Rennstart bearbeitet werden mussten. Die vollständige Auswertung der Daten beansprucht natürlich einiges an Zeit: Incident Camera im Auto, Streckenkameras, Fahrzeugdaten, Funkverkehr - das muss alles in Minutenschnelle gesammelt und ausgewertet werden."

Glocks Statement am Montagabend

Timo Glock: "Der Tag danach, wenn man realisiert, man hätte besser freundlich gegrüßt und tief durchgeatmet statt schlechtes Vorbild für den Nachwuchs zu sein! Dieser Ausrutscher hätte mir gerade als Jurymitglied der Deutschen Post Speed Academy nicht passieren dürfen. Kurze Anekdote dazu: Vor zwei Wochen Stand ich noch vor unseren Speed Academy Kandidaten und wir haben genau über solche Vorfälle gesprochen. Meine Meinung dazu war: So was darf einem niemals passieren... und ich war mir sicher ich weiß was ich da erzähle... wohl eher nicht! Im Nachhinein schadet man sich immer selbst und meinen Partnern die in meiner Karriere immer hinter mir gestanden haben. Deswegen ein großes SORRY an meine Partner!!!

Ebenfalls entschuldigen möchte ich mich beim DMSB und den Sport Kommissaren die vor Ort waren! Meine Wortwahl war nicht angebracht. Für den Nachwuchs kann ich nur sagen... genau hinschauen und überlegen was eine Entscheidung die man in Millisekunden trifft für Auswirkungen haben kann. Was ich aber auch weiß ist ich liebe unsern Sport und wenn mich irgendwann solche Vorkommnisse wie in der Qualifikation am Sonntag völlig kalt lassen weiss ich, dass es Zeit ist den Helm an den Nagel zu hängen..."