'Reifenflüsterer' und 'DTM'. Zwei Begriffe, die in der Historie der Tourenwagenserie wohl nie im gleichen Satz verwendet wurden. Vielmehr hörte man immer wieder von den 'Holzreifen', also Reifen, die quasi unzerstörbar waren. Wegen der zwei Pflichtboxenstopps und der harten Mischung gab es so etwas wie Reifenprobleme eigentlich nie in der DTM. Seit 2013 ist alles anders. Die Einführung der schnellen Option-Reifen von Hankook hat die Tourenwagenserie auf ein neues Level angehoben. Plötzlich ist die richtige Reifenstrategie einer der wichtigsten Faktoren in jedem Rennen. Gleichzeitig mit den Options begann auch die Ära der Reifenflüsterer - Piloten, die besser als andere auf ihr Material in den Radkästen achten und sich dadurch einen Vorteil verschaffen.

Am Norisring verlor Ekström nicht wegen Reifenproblemen..., Foto: Audi
Am Norisring verlor Ekström nicht wegen Reifenproblemen..., Foto: Audi

Vor dem Saisonauftakt in Hockenheim unterhielt sich Motorsport-Magazin.com ausführlich mit Hankooks Chefingenieur Michael Eckert. Noch vor dem ersten Rennen war sich der Reifenhersteller sicher: Mattias Ekström gehört zu eben diesen Reifenflüsterern. Acht Rennen später ist klar: Hankook hatte Recht, der Eindruck während der Testfahrten vor Saisonbeginn bestätigte sich auch an den Rennwochenenden. "Mattias ist sehr sensibel, was die Reifen angeht", sagte Eckert gegenüber Motorsport-Magazin.com zuletzt am Nürburgring. "Seit Jahren gibt er bei den Testfahrten absolut zutreffende und reproduzierbare Kommentare zu den Reifen. Bei ihm ist das mit am stärksten ausgeprägt."

Vorteil Ekström: Noch nie war ein gutes Reifenverständnis wichtiger als in dieser Saison. Die Option-Reifen bieten gegenüber ihren Standard-Pendants einen enormen Performance-Vorteil, auf manchen Strecken war der Option eine Sekunde schneller pro Runde. Jedes Team und jeder Fahrer weiß: Wer die Option-Mischung am längsten nutzen kann, bevor sie abbaut, verschafft sich dadurch einen riesigen Vorteil. Vor allem Audi hat die Options dieses Jahr voll im Griff, Fahrer des A5 RS DTM-Boliden fahren die schnelle Variante meist länger als ihre Konkurrenten von Mercedes und BMW. "Die Fahrzeugkonzepte unterscheiden sich und daraus entstehen verschiedene Strategien, wo der Option aufgrund des Setups länger hält als bei den Wettbewerbern", erklärte Eckert mit Blick auf Audi.

Hat die Reifen im Griff: Ekström, Foto: RACE-PRESS
Hat die Reifen im Griff: Ekström, Foto: RACE-PRESS

Auch der Meisterschaftsführende Mike Rockenfeller wusste bislang bei der Nutzung der Option-Reifen zu überzeugen, etwa am Norisring, als er und Markenkollege Ekström das Feld aufrollten, weil sie einen Stint über mehr als 40 Runden auf dem Option zurücklegten, ohne dass die Performance darunter litt. "Ekström ist einer, der mit Köpfchen fährt und den Option-Reifen nicht nach 25 Runden komplett niedermacht", so Eckert. "Er lässt in einer Kurve lieber einmal zwei Zehntel liegen, statt mit Untersteuern durchzurasen und dadurch den Reifen zu strapazieren."

Eckert hatte auch eine Ahnung, warum gerade Ekström zu den Reifenflüsterern gehört: seine Erfahrungen im Rallye-Sport. Der Schwede nahm während seiner DTM-Zeit immer wieder an kleineren Rallyes teil und lernte dadurch andere Verhältnisse kennen als sie im Tourenwagen herrschen. Motorsport-Magazin.com konfrontierte Ekström mit dieser Vermutung. "Das könnte schon sein mit der Rallye", bestätigte er mit einem leichten Grinsen im Gesicht. "Ich fahre so schnell ich kann und wie die Reifen halten, ist bei jedem Fahrer unterschiedlich. Ich komme auf jeden Fall gut mit ihnen zurecht."