Der Langstreckensport boomt: Nach dem ersten gemeinsamen Jahr von LMH- (Le Mans Hypercar) und LMDh-Boliden (Le Mans Daytona hybrid) 2023, gesellen sich in der WEC-Saison 2024 mit den LMDh-Vertretern BMW, Lamborghini und Alpine drei hochkarätige Hersteller zu den bereits bekannten Größen Toyota, Ferrari, Porsche, Cadillac und Peugeot. Mit Isotta Fraschini ist jedoch auch ein weniger bekannter Hersteller neu dabei, der zusammen mit Michelotto Engineering einen LMH-Prototypen entwickelt hat.

Lange Zeit galt ein Start des italienischen Kleinserien-Herstellers aus Mailand beim Saisonstart in Katar nach einer turbulenten Einstiegsgeschichte als fraglich. Doch nachdem der Isotta Fraschini Tipo 6 vergangene Woche die Homologation erhielt, bestätige Max Favard, Teamchef vom Isotta-Einsatzteam Duqueine, in einer Medienrunde, an der auch Motorsport-Magazin.com teilnahm, dass das Team den Start beim WEC-Saisonauftakt in Katar anpeilt.

Das Isotta-Fraschini-Hypercar bei Testfahrten in Monza im August 2023.
Isotta Fraschini startet 2024 mit einem LMH-Boliden in der WEC, Foto: LAT Images

Isotta Fraschini: Teamwechsel kurz vor WEC-Debüt

Dass dies ein knapper Zeitplan war, nachdem erst Ende November Duqueine das ursprünglich eingeplante Einsatzteam Vector Sport ersetzte, daraus machte Favard keinen Hehl: "Wir sind etwas spät hinzugestoßen, um ihnen zu helfen, schneller zu werden, sodass wir für Katar bereit sind. Es wird ein sehr herausforderndes Jahr." Das Team arbeite dem Franzosen zufolge weiter unter Hochdruck: "Wir versuchen jeden Tag, alle 24 Stunden zu nutzen."

Obwohl Favard von positiven Testergebnissen berichtete, ist die Erwartungshaltung bei Isotta Fraschini angesichts der starken Hersteller-Konkurrenz verhalten. "Wir wollen dort (in Katar; d. Red.) unser Bestes geben und einfach so professionell wie möglich sein. Wir werden mit den bevorstehenden Aufgaben wachsen", so Favard.

Im April 2023 absolvierte der Tipo 6 das erste Rollout noch mit Vector Sport, Foto: Isotta Fraschini/Twitter
Im April 2023 absolvierte der Tipo 6 das erste Rollout noch mit Vector Sport, Foto: Isotta Fraschini/Twitter

Isotta Fraschini: Turbulente Einstiegsgeschichte

Ursprünglich waren zum Zeitpunkt der Einstiegsankündigung Ende 2022 bereits WEC-Starts für die Saison 2023 geplant gewesen, unter anderem bei den 24 Stunden von Le Mans. Im April 2023 absolvierte der Isotta Fraschini Tipo 6 seinen ersten Rollout, doch schon bald mehrten sich die Negativschlagzeilen rund um das kurzfristig aus dem Boden gestampfte Langstreckenprogramm der Italiener.

Im Mai 2023 verschob Isotta Fraschini die geplante Homologation zunächst in den Oktober, im August stand fest, dass vor 2024 kein Isotta-Fraschini-Bolide in einer Startaufstellung zu sehen sein wird. Im selben Monat sorgte bei einem Test in Monza ein Feuer im Motorraum für ein vorzeitiges Ende desselben.

Richtig rund ging es aber erst einige Monate später. Auf der offiziellen Starterliste der WEC, die Ende November 2023 veröffentlicht wurde, war zwar ein Tipo 6 LMH gelistet, das ursprüngliche Einsatzteam Vector Sport wiederum fehlte. Der Wechsel zum aus der LMP2-Kategorie bekannten Duqueine-Team hatte dem Hersteller zufolge finanzielle Gründe. Isotta Fraschini wurde daraufhin von Vector Sport öffentlich scharf kritisiert, auch rechtliche Schritte wurden zunächst nicht ausgeschlossen.

Der LMP2-Bolide von Duqueine bei den 24 Stunden von Le Mans 2019.
Das Duqueine-Team ist unter anderem von den 24 Stunden von Le Mans bekannt, Foto: LAT Images

Laut Favard gab es erste Gespräche zwischen Duqueine und Isotta Fraschini schon im Sommer, mehrere Monate vor der Trennung von Vector Sport. "Katar wird der erste große Versuch für die Zusammenarbeit sein", meinte der Teamchef des neuen Herstellers.

WEC 2024: Nur ein Tipo 6 LMH am Start

Der LMH-Prototyp ist das Ergebnis diverser Partner. Die Aero-Arbeiten erfolgten im Windkanal von Williams Advanced Technologies, während das italienische Unternehmen ARS Technologies das Chassis baute. Der 3-Liter-V6-Turbomotor stammt aus dem deutschen Affalterbach von HWA. Auch die Elektronik stammt aus Deutschland - hier zeigte sich Bosch, das auch die Einheits-Hybride für die LMDh-Autos liefert, verantwortlich. Der Sportwagenbauer Michelotto, der in der Vergangenheit unter anderem für die GT3-Modelle von Ferrari zuständig war, übernahm die Leitung bei der Entwicklung auf der Strecke.

Zwischenzeitlich stand sogar ein Start mit zwei eingesetzten Tipo 6 LMH zur Diskussion, auch die Auslieferung an Kundenteams wurde angepeilt. Nach der Trennung von Vector Sport zerschlugen sich diese Planungen. Stattdessen wird Isotta Fraschini nur ein Fahrzeug einsetzen.

Das Isotta-Fraschini-Hypercar bei Testfahrten in Monza im August 2023.
Dieses Bild wird es in der WEC 2024 nicht geben: Zwei Isotta-Fraschini-Boliden, Foto: LAT Images

Isotta Fraschini 2024: Ein Fahrer noch ausstehend

Als einer der letzten Hersteller haben die Neueinsteiger noch nicht alle Fahrer für die WEC 2024 bekannt gegeben. Der Franzose Jean-Karl Vernay, der bereits als Testfahrer in die Entwicklung des LMH-Autos involviert war und bei seinem einzigen Le-Mans-Start 2013 den Klassensieg in der GTE-Am-Kategorie erringen konnte, wird sich mit Alex Garcia, der aus der Formel 3 kommt, und einem weiteren noch unbekannten Fahrer den #11-Boliden teilen.

"Wir vollenden einige Details und in den kommenden Tagen werden wir in der Lage sein, die Fahrerpaarung für die Saison bekanntzugeben", verriet Favard. Alle Infos zu den Teams und Fahrerpaarungen in der WEC 2024 lest Ihr in diesem Artikel: