Das war nichts! Aufgrund einer starken zweiten Sprint-Rennhälfte hatte das MotoGP-Fahrerfeld Aleix Espargaro am Samstagabend noch zum klaren Favoriten auf den Sieg im Katar Grand Prix gekührt. Zu beeindruckend war dessen Pace auf gebrauchten Reifen in der Schlussphase des Sprints gewesen. Und auch der Aprilia-Pilot selbst offenbarte große Zuversicht, doch aus dem Rennsieg nichts. Vielmehr wurde Espargaro gleich zu Beginn bis auf Platz neun zurückgeworfen, wo er dann auch über weite Strecken des Grand Prix verharrte. Einzig Pedro Acosta konnte er kurz vor Schluss noch überholen, von einer Aufholjagd wie im Sprint war aber nichts zu sehen. Die große Frage: Warum?

Des Rätsels Lösung ist schnell gefunden. "Ich hatte ein Problem mit dem Hinterreifen. Es hat sich schon in der Aufwärmrunde so angefühlt, als würde ich auf Eis fahren. Ich hatte überhaupt keine Traktion, es war ein Albtraum. Das gesamte Rennen über konnte ich nicht beschleunigen oder mich in die Kurven lehnen", erklärte Espargaro seine fehlende Rennpace am Sonntagabend in seiner Medienrunde. "Ich war verdammt langsam. Ich bin das ganze Rennen über 1:53er-Zeiten gefahren. Gestern bin ich im Sprint in Runde acht noch 1:52.4 gefahren. Es war peinlich!"

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Erinnerungen an Katar 2023: Defekter Hinterreifen bei Aleix Espargaro?

Aufmerksame Leser werden sich bei diesen Aussagen an den Katar Grand Prix 2023 erinnert fühlen. Als die MotoGP im Vorjahr Mitte November letztmals auf dem Losail International Circuit gastierte, klagte der damalige WM-Zweite Jorge Martin über ganz ähnliche Probleme. Nachdem er tags zuvor den Sprint souverän gewonnen hatte, lief bei ihm im Hauptrennen vom Start weg nichts zusammen. Er rettete sich als Zehnter über die Linie und sprach anschließend sogar von einer ihm gestohlenen Weltmeisterschaft, da sein Hinterreifen nicht wie erwartet funktionierte.

MotoGP-Einheitsreifenhersteller Michelin verteidigte sich seinerzeit zwar intensiv, nun liegt aber natürlich die Vermutung nahe, dass Espargaro am Sonntag ebenfalls von einem defekten Hinterreifen ausgebremst worden sein könnte. "Ich weiß es nicht", wollte der Aprilia-Pilot keine Beschuldigungen anstellen. Anschließend ließ er aber durchklingen: "In der Vergangenheit hattest du nur das Hauptrennen und sie konnten sagen, dass du den Speed einfach nicht hattest. Aber wir sind gestern schon ein Rennen gefahren, auch damals nach den Sessions von Moto3 und Moto2 mit ihren Pirellis. Es hat sich also nichts geändert. Gestern war ich sehr schnell. Ich hatte das Gefühl, dass ich auch in den letzten Runden noch problemlos im mittleren 1:52er-Bereich fahren konnte. Heute bin ich in jeder Kurve beinahe gestürzt. Ich hatte wirklich Glück, das Rennen überhaupt in den Top Ten zu beenden."

Aleix Espargaro kam im Katar Grand Prix nicht über Platz acht hinaus, Foto: LAT Images
Aleix Espargaro kam im Katar Grand Prix nicht über Platz acht hinaus, Foto: LAT Images

Aleix Espargaro angefressen: Große Möglichkeit verloren

Tatsächlich war Espargaro im Sprint von der Startrunde abgesehen nur zweimal im niedrigen 1:53er-Bereich unterwegs, ansonsten fuhr er immer hohe bis mittlere 1:52er-Zeiten. Den elften und letzten Umlauf beendete er sogar mit einer Rundenzeit von 1:52.762 Minuten. So schnell war kein anderer Pilot, einzig Teamkollege Maverick konnte halbwegs mithalten. Im Grand Prix am Sonntag erreichte Espargaro diese Rundenzeit aber nicht ein einziges Mal, ohnehin schaffte er es nur in zwei der 22 Runden unter die 1:53er-Marke. "Ich sage nicht, dass ich einen schlechten Reifen hatte. Aber meine Pace war da, ihr habt das Rennen gestern [Sprint am Samstag, Anm.] gesehen, ihr habt das Rennen heute [Grand Prix am Sonntag, Anm.] gesehen. Es gab nichts, was ich tun konnte", meint der 34-jährige Routinier vielsagend.

"Als ich gestern ins Bett gegangen bin, war ich zu 100 Prozent überzeugt, dass ich heute gewinnen würde", unterstreicht Espargaro erneut sein Selbstvertrauen vor Rennstart. Da sich die Situation rückwirkend aber sowieso nicht mehr ändern lässt, ist der Aprilia-Kapitän nun darum bemüht, die positiven Erkenntnisse des Wochenendes mitzunehmen: "Ich bin trotzdem zufrieden. Das war nur das erste Wochenende. Ich war sehr schnell und bin immer noch Sechster in der Weltmeisterschaft. Ich habe heute nur leider eine große Möglichkeit verloren."