Im letzten MotoGP-Test des Jahres 2023 in Valencia waren sämtliche Augen auf das Gresini-Debüt von Superstar Marc Marquez gerichtet. Der Spanier nahm am Dienstag nach elf Jahren bei Repsol Honda erstmals auf der Ducati Desmosedici GP23 Platz. Mit Alex Rins, Johann Zarco, Luca Marini und Franco Morbidelli haben aber auch vier andere MotoGP-Piloten zur kommenden Saison 2024 den Hersteller gewechselt. Motorsport-Magazin.com hat die Debüts des Quartetts genauer unter die Lupe genommen.

Alex Rins trotzt Verletzung: Schon recht komfortabel auf Yamaha

Eigentlich hatte die MotoGP im Jahr 2023 mit einer ruhigen 'Silly Season' gerechnet, hatten doch fast alle Toppiloten gültige Verträge für die kommende. Zu diesen zählte auch Alex Rins, der ehemalige Suzuki-Pilot hatte jedoch eine Ausstiegsklausel in seinem LCR-Honda-Vertrag und nutzte diese auch, um zu Yamaha zu wechseln. Der Spanier hatte damit die erste von zwei heftigen Wellen auf dem Transfermarkt ausgelöst. Knapp vier Monate später konnte er im Valencia-Test dann erstmals auf seinem neuen Arbeitsgerät, der Yamaha-M1, Platz nehmen.

Alex Rins drehte in Valencia seine ersten Runden als Yamaha-Pilot, Foto: LAT Images
Alex Rins drehte in Valencia seine ersten Runden als Yamaha-Pilot, Foto: LAT Images

Dabei muss gleich zu Beginn aber festgehalten werden, dass Rins' Ergebnisse auf dem Circuit Ricardo Tormo nur mit äußerster Vorsicht zu bewerten sind. Schließlich kehrte er erst am vergangenen Wochenende von einer langwierigen Verletzungspause zurück. Seit seinem Sturz im Mugello-Sprint Anfang Juni, bei er sich das rechte Bein gebrochen hatte, konnte der sechsfache Grand-Prix-Sieger nur an zwei vollständigen Rennwochenenden teilnehmen. In Japan und Australien musste er sich jeweils nach dem Trainingsfreitag zurückziehen. Von vollständiger Fitness ist Rins noch immer weit entfernt. Daher kann sein 19. Platz im Valencia-Test mit 1,311 Sekunden Rückstand auf die Tagesbestzeit von Maverick Vinales durchaus als Erfolg angesehen werden. Mit 54 gefahrenen Runden befindet sich der Spanier im unteren Viertel, auf Neu-Teamkollege Fabio Quartararo fehlten aber nur 0,542 Sekunden.

"Ich habe mich recht wohl auf dem Bike gefühlt", zog Rins dementsprechend ein positives Fazit. "Am Vormittag bin ich mit dem Renn-Setup von Fabio gefahren. Es ging nur darum, Runden zu drehen und das Bike zu verstehen, um die korrekte Position für Lenker und Fußstütze zu finden. Nachmittags haben wir dann die neue Verkleidung getestet. Yamaha hat zwei unterschiedliche mitgebracht und soweit ich das Bike schon verstehe, funktioniert eine davon besser als die Standard-Variante. Insgesamt bin ich ziemlich zufrieden mit dem Test." Große Anpassungsschwierigkeiten an die M1 gab es beim ehemaligen Suzuki-Piloten nicht, das lässt ihn auf eine gute Saison hoffen: "Das Bike hat sich schon ziemlich smooth angefühlt, speziell auf der Bremse hätte ich das nicht erwartet. Die Elektronik müssen wir noch an meinen Fahrstil und mein Gas-Management anpassen, aber ich fühle mich recht entspannt auf dem Bike. Ich muss nicht aggressiv fahren."

Marc Marquez liefert Kampfansage: Starkes Ducati-Debüt! (06:51 Min.)

Johann Zarco: Holpriger Start bei LCR Honda

Die Nachfolge von Rins im LCR Honda Team tritt in den kommenden beiden Jahren Johann Zarco an. Der Franzose ist einer von nur drei MotoGP-Piloten, die bereits einen gültigen Vertrag für die Saison 2025 haben. Während seiner Zeit bei Pramac Ducati machte er sich im MotoGP-Umfeld einen Namen als ausgezeichneter Test- und Entwicklungsfahrer. Bei Honda hofft man, mithilfe der Expertise des 33-Jährigen wieder an die MotoGP-Spitze zurückkehren zu können. Welchen Einfluss Zarco dabei haben kann, wird sich jedoch erst in den kommenden Monaten und Jahren zeigen, schließlich wurde die 2024er-Spezifikation, die HRC in Valencia mit sämtlichen vier Stammfahrern testete, noch ohne das Wissen des Franzosen entwickelt.

Johann Zarco soll Honda an die Spitze zurückbringen, Foto: LAT Images
Johann Zarco soll Honda an die Spitze zurückbringen, Foto: LAT Images

Wie Zarcos erster Eindruck ausfiel, ist dabei noch ein Geheimnis. Anders als Rins bekam er nämlich keine Freigabe von Ducati, am Dienstag schon zu den Medien zu sprechen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass dem Franzosen spätestens mit dem Valencia-Test klargeworden sein dürfte, auf welch ernormes Projekt er sich mit seiner Vertragsunterschrift bei LCR Honda eingelassen hat. Stand er am vergangenen Wochenende im Valencia Grand Prix noch als Zweiter auf dem Podest, kam er zwei Tage später nicht über Platz 17 hinaus. Auf die Tagesbestzeit von Vinales fehlten ihm 1,030 Sekunden.

Immerhin: Zarco landete direkt mal vor Neu-Teamkollege Takaaki Nakagami (21.) und nur knapp zwei Zehntel hinter Honda-Speerspitze Joan Mir. Anders als der Spanier schaffte es Zarco in 61 Umläufen jedoch nur dreimal in den 1:30er-Bereich, der von allen anderen Top-Piloten mit fortschreitender Testdauer ziemlich konstant befahren werden konnte. Das zeigt: Will der Franzose im kommenden Jahr regelmäßig vorne dabei sein, liegt noch viel Arbeit vor ihm.

Luca Marini beeindruckt Honda: Schon sehr glücklich mit ihm!

Einen deutlich erfreulicheren und reibungsloseren Honda-Einstand feierte da Luca Marini, der HRC-Nachfolger von Marc Marquez. Der Italiener hatte, anders als Zarco, komplett auf Ausfahrten mit dem 2023er-Bike verzichtet und sich direkt der Testarbeit mit der 2024er-Spezifikation gewidmet. Er drehte insgesamt 73 Runden und konnte nachmittags bereits ziemlich konstant im mittleren bis hohen 1:30er-Bereich fahren. Auf einer letzten Zeitenattacke gelang ihm dann sogar der Sprung unter die 1:30er-Marke. Seine persönliche Bestzeit in 1:29.956 Minuten genügte zu Platz zehn, womit Marini gleich schnellster Honda-Pilot war.

Bei Repsol Honda ist man schon sehr zufrieden mit Luca Marini, Foto: LAT Images
Bei Repsol Honda ist man schon sehr zufrieden mit Luca Marini, Foto: LAT Images

HRC-Teammanager Alberto Puig zeigte sich am Dienstagabend deshalb auch schon ziemlich zufrieden mit seinem italienischen Neuzugang. "Das Bike ist natürlich völlig neu für ihn und gänzlich anders [als die Ducati, Anm.], aber er liefert uns schon gute Informationen. Seine Kommentare sind sehr präzise und wir sind sehr glücklich darüber, wie er sich bislang schlägt", lobte er. "Ich bin sehr, dass er hier ist. Ich bin sicher, dass er uns noch viele interrassente Informationen mitteilen kann."

Franco Morbidelli: Unauffällige Ducati-Premiere bei Pramac

Bleibt noch Franco Morbidelli, der nach seinem Yamaha-Aus bei Pramac-Ducati unterkam und dort die Nachfolge von Johann Zarco antritt. Nach zuletzt zweieinhalb enttäuschenden Jahren im Yamaha-Werksteam muss der Italiener in der kommenden Saison wieder an seine Leistungen aus 2020 anknüpfen, wenn er eine längerfristige Zukunft in der MotoGP haben will. Das Motorrad kann jetzt schließlich keine Ausrede mehr sein, die Ducati ist das beste Bike im Feld. Topresultate sind damit nicht nur möglich, sondern Pflicht.

Franco Morbidelli hat bei Ducati wieder konkurrenzfähiges Material zur Verfügung, Foto: LAT Images
Franco Morbidelli hat bei Ducati wieder konkurrenzfähiges Material zur Verfügung, Foto: LAT Images

In Valencia kam Morbidelli direkt in den Genuss, die brandneue Ducati GP24 testen zu können, bei der es sich nochmal um eine leicht verbesserte Version der dominanten GP23 handeln soll. Beim Sepang-Test im kommenden Jahr werden weitere Updates erwartet. Die Werksfahrer Francesco Bagnaia (11.) und Enea Bastianini (8.) zeigten sich am Dienstag schon äußerst zufrieden mit ihrem neuen Arbeitsgerät, im Pramac-Lager haperte es dagegen noch etwas. Vizeweltmeister Jorge Martin kam nach zwei Stürzen nicht über Platz 15 hinaus und landete damit direkt vor Morbidelli, der mit seiner schnellsten Rundenzeit von 1:30.206 Minuten fast eine Sekunde auf die Tagesbestzeit verlor.

Auf den ersten Blick also kein idealer Auftakt für den Italiener, bei genauerer Analyse verlief sein Ducati-Debüt aber gar nicht so schlecht. Mit 69 gefahrenen Runden zählte er zu den fleißigsten Piloten im Feld und sammelte somit schon reichlich Erfahrung auf der Ducati. Nach der inoffiziellen Mittagspause konnte auch er konstante 1:30er-Zeiten fahren, auch wenn die Ausschläge nach oben und unten dabei noch recht groß waren. Daran wird Morbidelli also noch arbeiten müssen. Die Qualifying-Pace hingegen, bei Yamaha seine große Schwäche, sah schon besser aus. Auf die schnellste GP24 von Bastianini fehlten ihm nur knapp vier Zehntel. Darauf lässt sich aufbauen.