'What a difference a year makes.' Diesen leicht abgewandelten Klassiker könnte Fabio Quartararo zurzeit singen. Der Franzose musste sich beim MotoGP-Rennen am Sachsenring den raschen Niedergang Yamahas wieder einmal eingestehen: "Es ist schwierig. Vor einem Jahr habe ich hier gewonnen und jetzt bin ich nicht einmal in den Top 10. Das ist nicht einfach, das kannst du nicht genießen." Die Zahlen sind alarmierend. 2022 hatte er nach sieben Rennwochenenden mit 115 Punkten die WM-Führung inne. Ein Jahr später sind es nurmehr 57 Zähler, obwohl nun auch im Sprint Punkte vergeben werden.

Die Krise erscheint dem Weltmeister von 2021 immer auswegloser: "Wir müssen ruhig bleiben und sehen, was wir verbessern können. Wir sind aber jetzt schon über einem Viertel der Saison, fast schon bei der Hälfte des Jahres, und wir haben noch nichts gefunden." Er ist vor allem besorgt, weil er dies nicht erst seit der aktuellen Saison beobachtet: "Seit Jahren warten wir nun schon auf eine größere Veränderung. Hoffentlich können sie uns ein gutes Paket für nächstes Jahr liefern. Aber ich bin sicherlich nicht zuversichtlich nach der Entwicklung der letzten Jahre."

Dabei lobt der Star-Pilot sogar die Arbeitsmoral der Japaner, was wiederum die Ungewissheit für die Zukunft nur noch größer werden lässt: "Sie arbeiten hart, aber sie finden keine Verbesserung. Du weißt also nicht, dass du selbst bei harter Arbeit eine Entwicklung erreichen wirst." Momentan gibt es nicht einmal Stillstand, sondern Rückschritt. Während er in den ersten Rennen sogar noch einen Podestplatz in Austin herausfuhr, landete er in Mugello und am Sachsenring zweimal in Folge außerhalb der Top 10. Dies war dem Franzosen in seiner gesamten MotoGP-Karriere zuvor noch nie passiert.

Quartararo musste um Krisentreffen mit Yamaha-Präsident bitten

Angesichts dieser harten Fakten wurde Quartararo auch gefragt, ob es nicht an der Zeit wäre, wie Marc Marquez bei Honda, ein Krisengespräch mit den Yamaha-Bossen anzusetzen. Der 24-Jährige überraschte mit seiner Antwort: "Das gab es bereits mit dem Yamaha-Präsident [Yoshihiro Hidaka, Anm. d. Red.]. Hoffentlich wird das den Prozess ein wenig beschleunigen und hat klargemacht, dass wir wirklich weit von der Spitze weg sind."

Quartararo und Yamaha fahren der Konkurrenz 2023 hinterher, Foto: Tobias Linke
Quartararo und Yamaha fahren der Konkurrenz 2023 hinterher, Foto: Tobias Linke

Bezeichnend ist aber, wie das Gespräch zustande kam. Es war Quartararo selbst, der die Initiative ergreifen musste: "Als der Präsident vor Ort war, habe ich darum gebeten. Es war nicht geplant." Der Franzose zieht alle Register, denn aufgeben will er nicht: "Was meine Mentalität angeht, bin ich ein Kämpfer. Ich möchte gewinnen und nicht um diese Positionen fahren. Niemandem im Team gefällt das. Ich möchte alle motivieren und die negative Energie in positive umwandeln. Es braucht vor allem einen Fortschritt bei der Technikabteilung." Bis 2024 ist er noch vertraglich an Yamaha gebunden. Den Japanern sollte es ein Anliegen sein, ihren Star-Piloten mit Taten zu überzeugen, denn andere Spitzenpiloten wollen sich die Yamaha momentan nicht antun.