Der einstige MotoGP-Dominator Honda befindet sich derzeit in der schwersten Krise seiner langjährigen Geschichte. Seit September 2021 gelangen nur ein einziger Sieg und drei weitere Podestplätze. In der laufenden Saison belegt das Repsol Honda Team mit nur 20 Punkten aus sechs Rennwochenenden den elften und letzten Platz, in der Hersteller-Wertung ist einzig Yamaha noch schlechter [79 vs. 64 Punkte, Anm.]. Superstar Marc Marquez bestätigte nun mediale Berichte über eine Krisensitzung mit den Honda-Bossen.

'Motorsport.com' hatte am Mittwoch zuerst über das Treffen berichtet. Stattgefunden haben soll es am Sonntag des Mugello-Wochenendes im Wohnmobil des Teams, nur wenige Stunden vor dem Start des Italien-GP. Beginn war um 11 Uhr, Ende knapp 25 Minuten später. Neben Marquez und seinem Manager Jimmy Martinez waren Shiniji Aoyama, der dritthöchste Manager von Honda Motor und Koji Watanabe, Präsident der Honda Racing Corporation (HRC) präsent. Tetsuhiro Kuwata, HRC-Direktor, verabschiedete sich nach fünf Minuten wieder. Explizit nicht Teil des Meetings war Honda-Teammanager Alberto Puig, auch Technik-Direktor Shinichi Kokubu wurde ausgeschlossen.

"Ja, es stimmt, dass ich ein sehr wichtiges Treffen mit Aoyama San und Watanabe San hatte", erklärte Marquez am Donnerstag gegenüber 'MotoGP.com'. Sein persönlicher Eindruck vom Gespräch mit den Honda-Bossen: "Es war ein produktives Meeting. Ich denke, dass es gut war, aber unsere Meetings sind immer gut. Wir müssen jetzt sehen, ob in Zukunft etwas passiert."

Marquez fordert Honda: Braucht eine Reaktion!

Worum es im Treffen genau ging, verriet Marquez nicht. 'Motorsport.com' berichtet aber davon, dass der achtfache MotoGP-Weltmeister mit der Honda-Führungsetage über die aktuelle HRC-Krise sprach und seinen Frust über die schwache Reaktion darauf deutlich zu machen. Nur wenige Stunden später stürzte Marquez im Italien-GP in der sechsten Runde auf Platz drei liegend. Daraufhin hatte er seinem Ärger in der Medienrunde Luft gemacht. In den zwei Tagen zuvor waren auch schon Repsol-Teamkollege Joan Mir und LCR-Pilot Alex Rins gestürzt und anschließend mit Verletzungen längerfristig ausgefallen.

Marquez will den Blick nun nach vorne richten und nichts unversucht lassen, um mit Honda wieder zu alter Stärke zurückzufinden. "Ich habe ihnen [Honda-Bosse, Anm.] gesagt, dass ich in den nächsten Rennen vollkommen dazu bereit bin, neue Dinge auszuprobieren und zu versuchen, das Projekt zu verbessern", verrät der MotoGP-Superstar. Seine Zielsetzung ist klar: "Alle Honda-Fahrer müssen in Zukunft in besserer Verfassung sein."

Im Rahmen der offiziellen MotoGP-Pressekonferenz am Donnerstagabend verdeutlichte Marquez seine Aussagen nochmals: "Es braucht eine Reaktion - und zwar in naher Zukunft, nicht in ferner. Die europäischen Hersteller entwickeln das Bike in einem sehr aggresiven Tempo. Yamaha und Honda können da aktuell nicht mithalten. Und genau da versuchen wir, eine Reaktion zu zeigen - damit wir uns noch in dieser Saison verbessern können und auch im Misano-Test mit Blick auf 2024. Wir haben sehr gute Fahrer bei Honda, aber wir brauchen mehr [von Honda, Anm.], damit wir um Topresultate kämpfen können."

Marc Marquez stand 2023 bislang nur im Portimao-Sprint auf dem Podium., Foto: Repsol Honda Media
Marc Marquez stand 2023 bislang nur im Portimao-Sprint auf dem Podium., Foto: Repsol Honda Media

Möglicher Honda-Abschied? Marquez-Vertrauen ungebrochen!

Jorge Lorenzo brachte Marquez vor wenigen Tagen mit einem möglichen Wechsel zu Ducati oder KTM in Verbindung. Angesprochen auf die Kommentare seines Ex-Teamkollegen wollte der MotoGP-Superstar nichts von einem Honda-Abschied wissen: "Wir arbeiten gemeinsam daran, zur Spitze zurückzukehren. Wir werden noch genug Zeit haben, um über die Zukunft zu sprechen. Ich habe einen gültigen Vertrag bis 2024. Ich fokussiere mich auf das, was ich habe und will das Beste daraus machen. Wir müssen geduldig bleiben."

Jenen Vertrag hatte Marquez bereits Anfang 2020 unterzeichnet - damals noch als amtierender Weltmeister und mit einer Rekordsaison von 420 Punkten im Rücken. War die Unterzeichnung des Fünfjahres-Vertrags ein Fehler? "Nein", findet der Spanier klare Worte. "Ich glaubte damals nicht, dass es ein Fehler ist und das glaube ich auch heute nicht. Ich wusste nicht, dass ich mir den Oberarm brechen und viermal operiert werden würde, ich habe nicht mit der Pandemie gerechnet. Du kannst diese Dinge nicht kontrollieren. Das Ziel war damals, vier Titel in vier Jahren zu gewinnen. Das haben wir nicht geschafft und haben jetzt andere Probleme. Wir wollen wieder konkurrenzfähig werden und in guter, sicherer Art und Weise Motorradfahren."