Im Vorjahr lagen Welten zwischen Fabio Quartararo und seinem kriselnden Yamaha-Teamkollegen Franco Morbidelli. 2023 ist das anders, aber aus der Sicht des Franzosen aus dem falschen Grund. Während Morbidelli einen kleinen Schritt nach vorne gemacht hat, geht es für den Starpiloten des Teams nurmehr Rückwärts. Beim sechsten Saisonrennen in Mugello musste er sich nun zum ersten Mal überhaupt unter normalen Trockenbedingungen Morbidelli geschlagen geben. Zuvor war dies dem Italiener seit seinem Aufstieg ins Werksteam Mitte 2021 nur im Regen gelungen. Die Plätze 10 und 11 beim Italien GP waren für Yamaha eine dürftige Ausbeute. Die Japaner leiden weiterhin an ihren Problemen - ohne Sicht auf Besserung.

"Es war ein nettes Rennen, am Anfang konnte ich mitkämpfen. Ich glaubte an ein gutes Ergebnis, aber dann schnellte mal wieder der Druck im Vorderreifen hoch. Ich musste mich zurückhalten, um das Bike nach Hause zu bringen. Am Ende waren es die Top 10", sang Morbidelli eine altbekannte Litanei. Die Yamaha M1 leidet wie keine andere Maschine im Verkehr. Der Vorderreifen ist der limitierende Faktor: "Ich kam an Bastianini vorbei und war dann hinter Marco [Bezzechi], Aleix [Espargaro] und Miller. Als ich hinter ihnen war, ging der Reifendruck wieder hoch. Dann ratterte die Front und ich konnte nicht so bremsen, wie ich es vorher konnte. Ich musste das Bike heil nach Hause bringen."

Am Ende kam Bastianini doch wieder vorbei, doch immerhin gelang es Morbidelli gegen seinen zurückgekehrten Landsmann auf der überlegenen Ducati überhaupt zu kämpfen. Fabio Quartararo erging es noch schlimmer: "Ich war das ganze Rennen hinter Enea [Bastianini] und konnte nicht mal zu einem Überholmanöver ansetzen. Das war ein sehr schwieriger Sonntag."

Morbidelli mit besserer Reifenwahl, Yamaha-Team hört nicht auf Quartararo

Doch warum kam Morbidelli etwas besser zurecht, wo er sonst doch zumeist deutlich hinter seinem Teamkollegen zurückliegt? Quartararo macht die Hinterreifen-Wahl seines Teams dafür mitverantwortlich, ohne jedoch allzu harsche Worte Richtung Yamaha zu schicken: "Schon heute Morgen fühlte ich mich auf dem Medium nicht wohl. Ich fühlte mich wesentlich besser auf dem Soft, aber das Team dachte nicht, dass er durchhält. Wir haben den Medium gewählt, aber aus meiner Sicht war das nicht gerade die beste Entscheidung."

Zu heißer Vorderreifen und unterschiedliche Hinterreifen bei Yamaha, Foto: LAT Images
Zu heißer Vorderreifen und unterschiedliche Hinterreifen bei Yamaha, Foto: LAT Images

Morbidelli hingegen verruchte es trotz guten vorherigen Gefühls eine Stufe weicher: "Ich war auch mit dem Medium im Training gut unterwegs. Ich entschloss mich trotzdem mit dem weichen Reifen zu pokern." Auf Morbidellis Wahl angesprochen war der Vizemeister der Vorsaison nur noch überzeugter: "Ich bin mir sicher, der [Soft Reifen] wäre die richtige Wahl gewesen." Morbidelli sah keinen großen Unterschied und wies auf die größere Baustelle hin: "Die Front ist das Problem und nicht das Heck."

Quartararo: War 2021 in Mugello schneller unterwegs als 2023

Quartararo wirkt zunehmend konsterniert und ratlos. In Mugello hatte er 2021 gewonnen und 2022 Platz Zwei erreicht. Einen Vergleich mit den Vorjahren ließ er allerdings nicht zu: "Nein, das lässt sich nicht vergleichen. Selbst wenn wir dasselbe Setup wählen, verhält sich das Bike anders. Wir können es also nicht mit 2021 und selbst mit 2022 nicht vergleichen." Als Hauptgrund hierfür hatte er ironischerweise bereits mehrfach die verbesserte Motorleistung ausgemacht, welche er selbst im Vorjahr vehement eingefordert hatte. Die Mehrleistung habe die Kurveneigenschaften der Yamaha verschlechtert, so der 24-Jährige.

Die puren Fakten werfen tatsächlich kein gutes Licht auf Yamaha: "Die Rundenzeit, die ich hier 2021 gefahren bin, war deutlich besser als dieses Jahr." Genau heißt das: "2021 fuhr ich 1:46er Zeiten, das war damals superschnell. Heute ist selbst eine niedrige 47er für mich schwierig." Nach dieser Logik befindet sich der einstige MotoGP-Gigant aus Japan nicht im Stillstand, sondern sogar im Rückschritt. Dagegen sprechen aber wiederrum Morbidellis Resultate. Er hat nach sechs Rennen bereits mehr Punkte (46) als in der gesamten Vorsaison (42) eingefahren. Doch auch das Fazit des Italieners spricht nicht gerade für die Leistungsfähigkeit des Bikes: "Wir wissen, selbst wenn die Position nicht gut ist, dass wir das Maximum herausholen und einen guten Job bei den Rennen machen." Und das Maximum in Mugello war Platz 10.