Gewicht spielt im Motorradsport immer eine große Rolle. Abgesehen von selbstverständlichen Unterschieden in der Spitzengeschwindigkeit, wirkt sich die Masse stark auf die Performance der Reifen aus. Geringes Gewicht kann für zu geringe Reifentemperatur sorgen, hohes Gewicht für starken Verschleiß.

Deutlich leichter als der Durschnitt ist mit Dani Pedrosa aktuell nur ein Fahrer. Er wiegt 51 Kilogramm, der Schnitt liegt bei den 24 MotoGP-Stammpiloten 2018 bei 66 Kilogramm. Pedrosa beendet seine Karriere aber mit Saisonende und so verbleiben nur Fahrer, die weit am anderen Ende der Gewichtsskala stehen. Andrea Iannone etwa wiegt 74 Kilogramm, Danilo Petrucci gar 78.

Um die Nachteile dieser Piloten zu minimieren, wird nun über ein kombiniertes Mindestgewicht aus Fahrer und Motorrad nachgedacht. Ein solches gibt es in der Moto3 mit 152 und der Moto2 mit 217 Kilogramm, in der MotoGP sind lediglich 157 Kilogramm für die Maschine ohne Fahrer vorgeschrieben.

Michelin befürwortet MotoGP-Regeländerung

Einen Befürworter für ein kombiniertes Mindestgewicht gibt es mit Michelins MotoGP-Chef Piero Taramasso. "Ich denke, dass das eine gute Idee wäre", erklärt er gegenüber 'motorsportmagazine.com'. "Es würde den leichteren und schwereren Fahrern helfen, eine ähnlichere Ausgangsposition wie die anderen Piloten zu haben, denn das Gewicht hat definitiv einen Einfluss auf die Reifen."

Unter den Fahrern gibt es geteilte Meinungen. Als schwerster Mann im Feld ist Danilo Petrucci wenig verwunderlich für ein kombiniertes Mindestgewicht: "Ich bringe durch mein Gewicht mehr Last auf die Reifen und wenn der Grip schlecht ist rutscht der Reifen, erhitzt sich somit und die Performance lässt nach. Es gibt keinen Zweifel daran, dass das Gewicht eines Fahrers einen Unterschied macht und ich bin deshalb der Meinung, dass man dieses Thema bearbeiten sollte. Ich würde mich über eine Regeländerung freuen."

Danilo Petrucci kämpft immer wieder mit zu hohem Reifenverschleiß, Foto: Pramac
Danilo Petrucci kämpft immer wieder mit zu hohem Reifenverschleiß, Foto: Pramac

Wie Petrucci verrät, hat er in Valentino Rossi einen Verbündeten. Der ist zwar mit 69 Kilogramm nicht sonderlich schwer, mit 181 Zentimetern aber relativ groß, was ebenfalls Nachteile mit sich bringt, wie der Yamaha-Pilot erklärt: "Groß zu sein ist auf dem Motorrad manchmal auch ein Vorteil, aber es ist schwieriger, den Hinterreifen zu verwalten. Maverick etwa ist zehn Zentimeter kleiner als ich und kann daher sein Körpergewicht auf dem Motorrad weiter nach vorne verlagern. Das macht einen Unterschied."

Mit Scott Redding - wie Petrucci 78 Kilogramm schwer - verlässt ein Fahrer mit hohem Gewicht die MotoGP mit Saisonende. Für ihn ist die Einführung eines kombinierten Mindestgewicht längst überfällig. "Das hätte es von Anfang an geben sollen. Wenn du zwei Fahrer auf demselben Motorrad mit den gleichen Reifen hast, aber einer ist 15 Kilogramm schwerer, dann hat der einen verdammten Nachteil", ist der Aprilia-Mann überzeugt.

Marquez und Lorenzo gegen Mindestgewicht

Leichtere Fahrer wie Marc Marquez, Jorge Lorenzo (je 65 Kilogramm) oder Johann Zarco (66 Kilogramm) sehen das naturgemäß anders. "Meiner Meinung nach macht das in der MotoGP keinen Sinn", so Weltmeister Marquez. "Wenn du schwerer bist, hast du sicher ein paar Nachteile, aber genauso Vorteile. Dani etwa ist der leichteste Fahrer und kann dadurch auf einer Geraden vielleicht eine Zehntelsekunde gewinnen, aber ich glaube, dass in seinem Fall die Nachteile überwiegen."

Leichtgewichte wie Marc Marquez stellen den Löwenanteil der MotoGP-Spitzenpiloten, Foto: Repsol
Leichtgewichte wie Marc Marquez stellen den Löwenanteil der MotoGP-Spitzenpiloten, Foto: Repsol

Zustimmung kommt von Marquez' nächstjährigem Teamkollegen Lorenzo: "Ich denke auch, dass es in der MotoGP immer Vor- und Nachteile geben wird. Wie Marc gesagt hat, wird ein leichter Fahrer wie Dani auf den Geraden schneller sein, aber dafür in den Bremszonen, beim Beschleunigen und den Richtungswechseln mehr Probleme haben. Ein schwerer Fahrer wie Petrucci ist auf den Geraden langsamer, dafür hat er im Regen Vorteile und kann die Reifen besser auf Temperatur bringen. Die MotoGP ist das höchste Level in unserem Sport. Ein kombiniertes Mindestgewicht einzuführen wäre für mich, als würde man eine Höchstgröße für Basketballer in der NBA vorgeben."

Auch Zarco wünscht sich ein Festhalten am aktuellen Reglement: "Ich sehe das wie Marc und Jorge. Jeder Fahrer hat Vor- und Nachteile, aber die Regeln sind meiner Meinung nach gut so wie sie sind und ich hoffe, dass sie so bleiben." Der Ball liegt nun bei den Regelmachen, die die unterschiedlichen Interessen von Fahrern und Teams unter einen Hut bringen müssen. Ducati fordert als Teil der Herstellervereinigung MSMA ein kombiniertes Mindestgewicht. Selbstverständlich nicht ganz uneigennützig, sitzt 2019 doch immerhin Danilo Petrucci auf der zweiten Werksmaschine neben Andrea Dovizioso.