Die MotoGP-Fans wurden in Silverstone ziemlich gebeutelt. Wer in Deutschland die Trainings oder Qualifyings im Fernsehen verfolgen wollte, zappte seine Kanäle vergeblich durch. Am Sonntag musste man auf DMAX schalten, da Eurosport die Live-Übertragung der Rennen ausgelagert hatte. Immerhin lief der Grand Prix dafür im Free-TV.

In der Schweiz blieben die TV-Zuseher von Live-Bildern diesmal sogar komplett ausgeschlossen. Nur drei Tage nach Tom Lüthis Unterschrift für die MotoGP 2018 waren dem SRF Schwingen (eine Schweizer Form des Ringens) und das Fußballspiel FC Luzern - FC Zürich wichtiger.

Die nötige Begeisterung für MotoGP

Einzig in Österreich bekamen die Seher von Servus TV die reguläre Kost serviert. Der Sender von Dietrich Mateschitz stach bereits zwei Wochen zuvor in Spielberg positiv hervor. Damals sendete man nicht nur jede einzelne Session des Heim-GP live, sondern würzte sein Angebot auch noch mit umfassender Berichterstattung in den sozialen Medien - unter anderem einer 30-minütigen Talkrunde am Samstagabend via Facebook Live.

So sieht gelebte Begeisterung für Motorradsport aus, da können sich einige Sender eine Scheibe abschneiden. Denn derartiges Engagement suchte man am Sachsenring bei Eurosport vergeblich. Dabei ist Servus TV noch nicht einmal ein reines Sportprogramm, sondern ein "normaler" TV-Kanal mit Nachrichten, Morgen-Journalen, Serien oder Spielfilmen. Dass man neben der MotoGP auch noch alle Läufe der Superbike-WM live überträgt, ist das Sahnehäubchen für rot-weiß-rote Motorrad-Freaks.

Der Mateschitz-Sender hat freilich großes Eigeninteresse, die Zweiräder populärer zu machen: Red Bull zählt im Motorradsport mittlerweile zu den größten Sponsoren. In der MotoGP lacht das Bullen-Logo von den Bikes von Repsol Honda und KTM, in der Superbike-WM tritt man als Hauptsponsor von Honda auf. Seit dem Vorjahr gastiert die WM auf der hauseigenen Strecke in Spielberg, zudem ist Red Bull Titelsponsor der Rennen in Austin und Jerez. Über alle Klassen hinweg tragen elf Fahrer der Weltmeisterschaft ein Käppchen mit dem bekannten Logo.

Red Bull nimmt auch als Sponsor große Beträge in die Hand, Foto: KTM
Red Bull nimmt auch als Sponsor große Beträge in die Hand, Foto: KTM

Motorsport bei Red Bull hoch im Kurs

Kurzum: Der Getränkekonzern buttert viel Geld in den Sport und spart deshalb auch bei seinen TV-Übertragungen auf Servus TV nicht. Kurzfristiger Profit der einzelnen Sendungen steht nicht im Vordergrund, weil Red Bull als milliardenschwerer Konzern das große Ganze im Hinterkopf hat. Platz für Motorräder ist im Programm deshalb immer, was auch unzählige Reportagen (nach dem Rennen in Silverstone z.B. eine über die Isle of Man TT) untermauern.

Anders in Deutschland: Dort regierte schon zu Zeiten von Sport1 "König Fußball", der immer wieder Live-Übertragungen der Motorrad-WM aus dem Programm kickte. Seit Eurosport 2015 die MotoGP-Rechte übernahm, bekamen auch schon Rad-Rennen oder Tennis-Matches den Vorzug im Free-TV. Der Verdacht liegt nahe: der Chefetage von Eurosport ist die MotoGP herzlich egal. Hauptsache man konnte Ende 2014 im Pitch um die Rechte den Erzrivalen Sport1 ausstechen. Seit ES nun auch am lukrativen Markt der Bundesliga-Rechte mitmischt und ab kommendem Jahr auch bei den Olympischen Spielen dick im Geschäft ist, sank die Bedeutung von Motorsport noch einmal drastisch ab.

Man wird das Gefühl nicht los, dass Silverstone eine Art Testlauf war, um die Motorrad-WM ab kommender Saison komplett auf den Schwesternsender DMAX auszulagern. Die Formel E hat dieses Schicksal schon hinter sich. Eurosport könnte diesen Schritt ja damit argumentieren: immerhin Free-TV. Denn in den vergangenen zweieinhalb Jahren fuhr man eine Doppelstrategie aus jeweils neun Rennen im frei empfangbaren Eurosport 1 und neun im Pay-TV-Sender ES2. Dieses Konzept warf man vor wenigen Wochen über den Haufen und kündigte an: alle MotoGP-Läufe bis Saisonende im Free-TV! Der Preis dafür war - zumindest in Silverstone - ein Wegfall sämtlicher Live-Sendungen am Freitag und Samstag.

In Deutschland regiert klassisches Fernsehen

Nun könnte man damit argumentieren, dass im Eurosport Player ohnehin das komplette Programm samt Zusatzfeatures rund um die Uhr abrufbar sei. Ja, aber erstens ist das kostenpflichtig, zweitens im täglichen Gebrauch recht fehleranfällig (z.B das Fiasko am Freitagabend, als das komplette System zusammenbrach) und drittens sind derartige Player im deutschsprachigen Raum noch nicht massentauglich. Das sage ich als treuer Abonnent des ES Players, von DAZN und als jahrelanger Inhaber eines Videopasses der NHL. Den Motorradsport populärer machen - das kann man in unseren Gefilden nur mit Übertragungen im klassischen Fernsehen.

Ja, auch Servus TV zeigt abseits des Rennens in Spielberg nur das MotoGP-Qualifying und die drei Rennen am Sonntag live. Aber immerhin bietet man auf der eigenen Webseite bei allen nicht ausgestrahlten Sessions den offiziellen und englischsprachig kommentierten Livestream der Dorna an - der für die komplette Saison 139,99 Euro kosten würde, wenn man ihn direkt über motogp.com bezieht.

Ende 2018 läuft der TV-Vertrag zwischen der MotoGP und Eurosport aus. Zum gleichen Zeitpunkt endet auch die Rechteperiode von Servus TV für den österreichischen Markt. Was würde also näher liegen, als ein Coup des Red-Bull-Senders für den gesamten deutschsprachigen Raum? In der Chefetage von Eurosport legt man scheinbar kaum noch Wert auf die Motorräder, im Gegenzug ist bei Red Bull der Motorsport aber geradezu in der DNA verankert.

Nach dem TV-Fiasko am vergangenen Wochenende und dem steigenden Unmut der MotoGP-Fangemeinde in Deutschland, kann ich im Hinblick auf die Rechtevergabe für 2019 nur einen Wunsch abgeben: Servus TV, bitte übernehmen Sie!

Anmerkung: In der Schweiz hält SRF noch bis 2021 die Rechte an der Motorrad-WM.