Nach sieben Jahren als alleiniger Reifenlieferant der MotoGP zieht sich Bridgestone mit Ende der Saison 2015 aus der Königsklasse zurück und überlässt Michelin das Feld. Die Franzosen waren bis 2008 Konkurrent von Bridgestone in der MotoGP und übernehmen 2016 die Reifenversorgung des Grids. Es erklärt sich von selbst, dass die Pneus in der Motorrad-Weltmeisterschaft, wie in jeder anderen Rennserie auch, eine entscheidende Rolle spielen. Daher kommen auf die Hersteller, Teams und Fahrer einige Herausforderungen zu. Motorsport-Magazin.com weiß, welche das sind:

Testfahrten

Bevor ein Reifenhersteller die Belieferung der MotoGP übernehmen kann, sind umfangreiche Testfahrten absolut notwendig. Michelin hat damit bereits begonnen, wünscht sich in der kommenden Saison aber dennoch 15 Testtage von den drei etablierten Herstellern Honda, Yamaha und Ducati, die sporadisch auch von den Neueinsteigern Suzuki und Aprilia unterstützt werden könnten.

Genauer gesagt handelt es sich dabei um 15 Montage nach Rennwochenenden, an denen Honda, Yamaha und Ducati mit ihren offiziellen Testfahrern vertreten sein müssten. Im Falle von Honda ist das Hiroshi Aoyama, bei Yamaha Colin Edwards und bei Ducati Michele Pirro. Das bedeutet für die Hersteller allerdings eine große zusätzliche Belastung in einer ohnehin schon stressigen Saison.

Michele Pirro bestreitet die Reifentests für Ducati, Foto: Milagro
Michele Pirro bestreitet die Reifentests für Ducati, Foto: Milagro

"Logistisch ist das eine ziemliche Herausforderung", stellt Yamaha-Boss Lin Jarvis klar. "Wir müssen so viele Tests planen. Nicht nur mit den Testfahrern, auch mit den Einsatzpiloten. Das bereitet uns ziemliche Kopfschmerzen. Wo sollen wir unser Personal stationieren? Brauchen wir zusätzliche Leute für die Testfahrten? Wir freuen uns sehr über den Einstieg von Michelin, aber die Phase, bis sie dazu bereit sind, ist ziemlich komplex." Ähnliche Statements sind aus Richtung Honda und Yamaha zu hören.

Um den Stress für das Teampersonal und den logistischen Aufwand möglichst gering zu halten, wollen sich die Hersteller nun darauf einigen, nicht zu jedem Testtag einen Fahrer jeder einzelnen Marke zu schicken. Ein Montag könnte also beispielsweise nur von Ducati und Yamaha bestritten werden, während Honda pausiert. Auch eine Reduzierung der Testtage von 15 auf zwölf wird aktuell diskutiert.

Intermediates

Die MotoGP-Piloten können aus einer Vielzahl von Reifenmischungen und -typen wählen. Eine Option, die in vielen anderen Rennserien seit Jahren Standard ist, fehlt in der Königsklasse des Motorradsports aber: der Intermediate. Bei gemischten Verhältnissen, wie wir sie in der abgelaufenen Saison etwa in Assen, am Sachsenring oder in Aragon erlebt haben, müssen sich die Fahrer zwischen Slicks und Regenreifen entscheiden.

Unter schwierigen Bedingungen ist beides oftmals alles andere als ideal und kann nicht nur Rennen beeinflussen, sondern auch mehr als gefährlich werden. HRC-Teamchef Livio Suppo hätte daher gerne einen Intermediate: "Das wäre wünschenswert. Auch wenn er schwer zu nutzen ist, gibt es doch gewisse Anlässe, bei denen er nützlich wäre."

MotoGP-Renndirektor Mike Webb sieht gute Chancen, dass Suppos Wunsch in Erfüllung gehen könnte. "Ich gehe auch davon aus, dass sie einen Intermediate liefern werden", so der Brite. "Unsere Anforderung an Michelin ist, dass sie eine Palette an Reifen zur Verfügung stellen, die mit jeder Art von Bedingungen klarkommt. Das bedeutet meiner Meinung nach einfach generell mehr Reifen, weil ja eine größere Auswahl vorhanden sein wird. Es werden den einzelnen Fahrern also an einem Rennwochenende vielleicht nicht mehr Reifen zur Verfügung stehen, aber es wird mehr Auswahlmöglichkeiten geben. Wenn wir also plötzlich ein kaltes Wochenende erleben, das so nicht vorausgesagt war, dann sollten wir damit besser zurechtkommen."

Vorderreifen

Die Zusammenarbeit zwischen MotoGP und Bridgestone verlief in den vergangenen Jahren nicht immer problemlos, zuletzt gab es 2013 auf Phillip Island ein großes Reifenchaos, als sich die Slicks schon nach wenigen Runden auflösten. Eine Stärke von Bridgestone wird aber von den MotoGP-Piloten seit Jahren gepriesen: der Vorderreifen.

Der Bridgestone-Vorderreifen bleibt auch bei harten Bremsmanövern stabil, Foto: Repsol
Der Bridgestone-Vorderreifen bleibt auch bei harten Bremsmanövern stabil, Foto: Repsol

Kaum ein Hersteller kann den Fahrern so viel Gefühl und gleichzeitig Konstanz am Vorderrad liefern, wie Bridgestone. "Der Vorderreifen von Bridgestone war traditionell immer sehr gut und die Fahrer konnten sich sehr schnell daran gewöhnen", weiß auch Livio Suppo. "Die Frage wird also sein, ob irgendwelche Piloten richtige Probleme haben werden, ein Gefühl für den Vorderreifen von Michelin zu finden. Das wird wohl das größte Thema sein."