Die ganz große Leistungsexplosion des Jonas Folger bleibt in der Saison 2016 bisher aus. Mit seinem Wechsel vom spanischen AGR Team zur hervorragend geführten deutschen Truppe von Dynavolt Intact GP waren die Erwartungen ja groß, dass Folger endgültig der Sprung an die Spitze der Moto2-Weltmeisterschaft schaffen würde. Doch im Vergleich zum Vorjahr konnte er sich kaum steigern. Nach 13 Rennen hält Folger bei 127 Zählern, 2015 waren es zum selben Zeitpunkt 112. Macht gerade einmal 1,15 Punkte mehr pro Rennen. Im Vorjahr hatte Folger zu diesem Punkt in der Saison schon zwei Siege gefeiert, nun nur einen. Bei den Podiumsplatzierungen konnte er um zwei auf vier zulegen.

Folger überzeugt nur im Regen

Insgesamt also rein zahlentechnische eine leichte Verbesserung, doch der Großteil von Folgers Highlights gelang ihm bei schwierigen Verhältnissen, sprich Regen oder Mischbedingungen. Platz drei in Argentinien holte er auf abtrocknender Strecke, Platz zwei in Deutschland und den einzigen Saisonsieg in Brünn im strömenden Regen. Bei Sonnenschein konnte Folger eigentlich nur mit dem zweiten Rang in Jerez vollends überzeugen.

Im Regen von Brünn fuhr Folger die Konkurrenz in Grund und Boden, Foto: Dynavolt Intact GP
Im Regen von Brünn fuhr Folger die Konkurrenz in Grund und Boden, Foto: Dynavolt Intact GP

Viel wurde über die Gründe für Folgers insgesamt doch oft enttäuschende Leistungen diskutiert. Zu Saisonbeginn wurde da oft die mentale Komponente genannt, etwa als er als souverän Führender in Katar seine Kalex in den Kies warf. Ein möglicher Wechsel in die MotoGP würde an seiner Konzentration nagen, vermutete man damals. Doch er wurde in Le Mans mit Tech3 fixiert, was aber auf die Leistungen Folgers keinen positiven Einfluss hatte. Die meisten Rennen beendete er weiterhin im vorderen Mittelfeld.

So auch am vergangenen Wochenende in Misano, wo Folger Achter wurde. Im Anschluss erläuterte gegenüber Motorsport-Magazin.com, warum es für ihn einfach nicht ganz nach Wunsch läuft: "Direkt nach dem Start funktioniert das Motorrad meistens sehr gut, aber sobald der Tank leer und die Reifen schlechter werden, verliere ich total die Balance auf dem Bike." Tatsächlich konnte Folger in diesem Jahr häufig die Startphase in der Spitzengruppe bestreiten, fiel dann aber kontinuierlich zurück. "Ich kann nur mit Gewalt mithalten. Wenn ich volles Risiko gehe also. Da passiert dann aber früher oder später ein Fehler, ich verliere dadurch den Anschluss und komme nicht mehr heran. Bis zum Ende kann ich meistens wieder umstellen, aber da ist es dann schon zu spät", schildert Folger sein Dilemma.

Krisensitzung für Folger

Direkt nach dem Misano-Rennen gab es in der Intact-Box auf Folgers Seite eine echte Marathonsitzung mit Fahrer, Teamchef, Crewchief und Kalex-Techniker. Viel wurde besprochen, die zündende Idee gab es aber wohl nicht. "Wir sind immer noch am Tüfteln, um mir mehr Gefühl zu geben", gesteht Folger. "Das ist unsere nächste Aufgabe, denn aktuell fehlen mir im Grundspeed einfach zwei bis drei Zehntelsekunden pro Runde. Das ist kein großer Unterschied, aber eben doch zu viel. Wir probieren auch wirklich viel am Motorrad aus, aber leider hilft nichts. Wenn wir etwas verändern, wird es immer schlechter."

Auch in Misano verlor Folger schnell den Kontakt zur Spitzengruppe, Foto: Dynavolt Intact GP
Auch in Misano verlor Folger schnell den Kontakt zur Spitzengruppe, Foto: Dynavolt Intact GP

Als Alternative zur Anpassung des Motorrads an den Fahrer steht meistens immer der umgekehrte Weg, also eine Veränderung des Fahrstils. Doch auch auch damit war Folger bisher noch nicht erfolgreich: "Ich versuche das natürlich auch, denn ich kann als Fahrer da mindestens genauso viel bewegen wie mein Crewchief Patrick Mellauner. Dazu müsste ich aber herausfinden, was das Problem ist. Dann kann ich es erst beeinflussen. Aber das ist schwierig." Am Sonntag in Misano war deutlich zu erkennen, dass die Situation den Beteiligten zusetzt. "Wir sind alle am Limit. Ich reiße mir hier den Arsch auf", macht Folger deutlich.

Redaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com meint: Jonas Folger befindet sich in einer schwierigen Phase seiner Karriere. Nach einem stetigen Bergauf in den letzten Jahren stagniert er nun bestenfalls. Folgers Erklärungen haben aber auch durchaus ihre positive Seite. Denn die Probleme, die er da schildert, sind sehr spezifisch. Eine Kombination aus Fahrstil, Motorrad und Reifen funktioniert in einer gewissen Phase des Rennens nicht. Das ist aktuell für Folger problematisch, sollte aber nichts sein, was in der kommenden Saison beim Debüt in der MotoGP erneut genauso auftritt. Die deutschen Fans dürfen sich also weiterhin durchaus Hoffnungen machen, dass ihnen der dann einzige Fahrer unter Schwarz-Rot-Gold in der Königsklasse einige Freude bereitet. Denn das fahrerische Talent von Jonas Folger ist unbestritten.(Markus Zörweg)