Porsche schlägt zurück: Pascal Wehrlein hat dramatisch ein erneut wildes zweites Rennen der Formel E in Misano gewonnen und sicherte sich zudem den Zusatzpunkt für die schnellste Rennrunde. Der Werksfahrer setzte sich, von Platz drei gestartet, gegen Jake Dennis im Kundenporsche von Andretti durch. Jaguar-Pilot Nick Cassidy komplettierte nach Start von Position acht das Podest.

Für Wehrlein ist es der sechste Sieg in seinem 71. Start in der Elektro-WM und der zweite im Jahr 2024. Der 29-Jährige holt sich damit die WM-Führung zurück, die er am Samstag verloren hatte. Für Porsche ist es auf der Strecke bereits der zweite Triumph an diesem Wochenende. Samstags-Sieger Antonio Felix da Costa wurde jedoch nachträglich für ein technisches Vergehen disqualifiziert. Der Portugiese erlebte im Gegensatz zu Wehrlein ein frustrierendes zweites Misano-Rennen und musste sich nach Frontflügelschaden und zwei Besuchen an der Box mit Platz 17 zufrieden geben.

Wehrlein-Sieg nach dramatischer Schlussrunde

Der Wehrlein-Sieg kommt nach einer dramatischen letzten Runde, in welcher dem bisherigen Meisterschaftsführenden, Nissan-Werksfahrer Oliver Rowland, in Führung liegend die Energie ausging. Zuvor hatten sich beide Piloten vom restlichen Feld abgesetzt und sich einen packenden Kampf um die Führung mit mehreren Positionswechseln geliefert. Im Schlussspurt schien jedoch Rowland die Oberhand zu behalten, bis er plötzlich verlangsamte.

"Ich war mir nicht sicher, ob ich in Führung bleiben, oder Ollie vorbeilassen sollte. Seine Pace wirkte komisch, zu schnell, um zu versuchen, sich zu verteidigen", beschrieb Wehrlein seine Gedanken in der Schlussphase des Rennens. "Ich habe also nicht hart verteidigt und war überrascht, seinen Energiestand zu hören. Ich war mir nicht sicher, ob das Team richtig lag, aber am Ende war es richtig, wie wir es gemacht haben", lobte Wehrlein seine Porsche-Mannschaft. In der WM führt Wehrlein jetzt vor dem punktgleichen amtierenden Weltmeister Dennis und neun Zähler vor Rowland.

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Formel E Misano II 2024: Highlights und Zusammenfassung (06:14 Min.)

Abt-Cupra verpasst Podiums-Sensation

Hinter dem siegreichen Porsche-Fahrer steht Dennis zum 21. Mal auf einem Formel-E-Podium. "Es ist alles perfekt gelaufen. Platz zwei ist ok. Ansonsten habe ich mich schwer getan, ich konnte die Pace ganz vorne nicht mitgehen. Es ging mehr ums Überleben für mich", meinte der Brite nach Rennende.

Unterdessen kann sich Cassidy über sein 16. Podest freuen. Der Neuseeländer setzte sich in einem irren Fotofinish gegen Nico Müller im Abt-Cupra durch, der damit eine Sensation mit unterlegenem Mahindra-Antriebsstrang nur um 0,050 Sekunden verpasste. Dennoch sicherte Müller seinem Team das beste Resultat seit der Rückkehr der Kemptener in die Formel E.

Auch Müller-Teamkollege Lucas Di Grassi hatte das Rennen auf der Strecke in den Punkten (P9) beendet. Doch der Routinier erhielt für eine Kollision mit dem McLaren-Nissan von Sam Bird eine 5-Sekunden-Strafe und fiel auf Rang elf zurück.

Pole-Setter nur Achter, Rookie mit Debütpunkten

Nach Müller sortierten sich Rowland-Teamkollege Sacha Fenestraz und Sergio Sette Camara ein. Letzterer konnte mit dem langjährigen Hinterbänkler-Team ERT erneut überraschen, nachdem bereits am Samstag Teamkollege Dan Ticktum mit Platz vier das beste Resultat seiner Formel-E-Karriere eingefahren hatte.

Jean-Eric Vergne (DS Penske) folgt auf Platz sieben. Der Franzose überholt damit Di Grassi (1042 Punkte) in der ewigen Punkte-Bestenliste und hat die meisten Zähler der Formel-E-Geschichte gesammelt (1047). Pole-Setter Jake Hughes im McLaren-Nissan komplettiert die Top-8. Hughes hatte das Rennen ursprünglich auf Platz fünf beendet, erhielt jedoch kurz nach Rennende eine Zeitstrafe von 5 Sekunden, da er in der vorletzten Runde die Schikane von Kurve 8/9 durchs Kiesbett abkürzte und so Maximilian Günther überholte.

Der Allgäuer schloss im vorläufigen Klassement die Punkteränge gemeinsam mit seinem Maserati-DS-Teamkollegen Jehan Daruvala ab, der den ersten Punkt seiner Formel-E-Karriere einfahren konnte. Doch Günther wurde nachträglich ebenfalls mit einer 5-Sekunden-Strafe für eine Kollision mit Jean-Eric Vergne in der letzten Runde belegt, die ihn auf Rang zwölf zurückwarf. Damit reißt eine Serie Günthers: Der Tokio-Sieger hatte bislang als einziger Formel-E-Pilot in jedem ePrix 2024 gepunktet. Den zehnten Platz sicherte sich stattdessen Sao-Paulo-Sieger Sam Bird (McLaren-Nissan), der sich nach Kontakten und einem Dreher zurück kämpfte, während Daruvala auf Rang neun vorrückte.

Erneut chaotisches Rennen

Wie erwartet war auch das zweite Rennen in Misano zu Beginn eine Energie-Spar-Schlacht, sodass sich die Fahrer teilweise kampflos vorbeiwinkten und die Führung teilweise wild hin und her wechselte. In den Ausmaßen des Energiesparens blieb das Sonntagsrennen jedoch deutlich konservativer als das teilweise absurde Samstagsrennen. Nach fünf Runden hielt Cassidy die schnellste Rennrunde mit einer Zeit von 1:22.748 Minuten. Eine derart schnelle Runde fuhr die Spitze im Samstagsrennen bis zur 24. von 28 Runden nicht. Ausschlaggebend dafür dürfte gewesen sein, dass das Rennen bei gleichbleibender verfügbarer Energie zwei Runden kürzer war als jenes am Samstag.

Die Bedingungen sorgten erneut für einigen Kontaktsport, bei dem sich auch neben Antonio Felix da Costa zahlreiche Fahrer Schäden an ihren Boliden zuzogen. In der 7. von 26 Runden beschädigte sich Robin Frijns (Envision-Jaguar) seinen Frontflügel, nachdem er sich in einem Sandwich mit Sam Bird und Antonio Felix da Costa befand. Der Niederländer blieb im Kiesbett von Kurve 7 stehen und löste die einzige Safety-Car-Phase des Rennens aus. Der Vorfall wurde von der Rennleitung untersucht, eine Strafe jedoch nicht ausgesprochen.

Auch Norman Nato (Andretti-Porsche), Stoffel Vandoorne (DS Penske) und Frijns-Teamkollege Sebastien Buemi mussten mit Beschädigungen am Frontflügel an die Box kommen und wurden dabei überrundet. Vandoorne blieb wenige Runden vor dem Ende zudem mit einem Defekt stehen, auch Buemi beendete das Rennen nicht. Damit sahen beide Boliden vom amtierenden Weltmeisterteam Envision, das sich nur auf Rang acht der Team-Meisterschaft 2024 befindet, die Zielflagge nicht. Auch Jaguar-Werksfahrer Mitch Evans litt unter einem Problem und blieb in Runde 17 ausgangs der Schikane von Kurve 8/9 stehen. Es gelang ihm zwar, seinen Boliden wieder zum Laufen zu bringen, auch er wurde jedoch nicht klassifiziert.

Formel E 2024: So geht es weiter

Die Formel E bleibt ihrem Zwei-Wochen-Takt treu: Das nächste Rennen findet am 27. April 2024 auf der Formel-1-Strecke in Monaco statt. Der neue deutsche TV-Sender DF1 zeigt alle Rennen live im Free-TV. In Österreich strahlt der Privatsender ServusTV die Rennen der Elektro-Weltmeisterschaft aus. 2024 stehen 16 Rennen an zehn Rennwochenenden im Rennkalender.

Formel E 2024: Tabelle nach 7/16 Rennen

Pos.FahrerTeamPunkte
1Pascal WehrleinPorsche89
2Jake DennisAndretti-Porsche89
3Oliver RowlandNissan80
4Nick CassidyJaguar76
5Maximilian GüntherMaserati-DS63