Als den "Beginn einer neuen Ära" bezeichnete Reporter Andreas Gröbl live aus Mexiko die erste Übertragung eines Formel-E-Rennens bei ServusTV bzw. DF1. Am Samstagabend um 21:00 Uhr deutscher Zeit war es soweit: Nachdem der österreichische Privatsender in Folge des ProSieben-Ausstieges die Exklusivrechte für Deutschland und Österreich übernommen hatte, stand mit dem Mexiko-City ePrix sogleich der Auftakt in die zehnte Saison der Elektro-WM bevor.

Und diese Konstellation sorgte direkt einmal für Verwirrung bei einigen Zuschauern in Deutschland, die am Samstag auf dem neuen Sender DF1 (bis 31.12.2023 noch ServusTV Deutschland) schon um 16:30 Uhr live im Fernsehen das Qualifying anschauen konnten: Warum hatte Kommentator Daniel Goggi an der Seite von Experte und Ex-Formel-E-Fahrer Daniel Abt eine Moderationskarte mit dem ServusTV-Logo in der Hand?

Formel E Mexiko 2024: Highlights und Zusammenfassung (05:08 Min.)

Dabei handelte es sich nicht um ein Versehen oder einen potenziellen Mangel an DF1-Pappkarten. Zur Erklärung: Die exklusiven TV-Rechte für die Formel E liegen bei ServusTV aus dem Red-Bull-Konzern, in Deutschland werden die Rennen lediglich in einer Kooperation mit DF1 ausgestrahlt. Der neugeschaffene und noch im Aufbau befindliche Sender übernimmt neben der Rennserie zahlreiche weitere TV-Formate von ServusTV.

Die Übertragung eines Formel-E-Qualifyings war ein erfreuliches Novum in Deutschland. Wie viele Zuschauer schon am Samstagnachmittag wohl eingeschaltet haben? Die Quali-Ausstrahlung dürfte gleichzeitig die erste 'Werbung' für die Formel E überhaupt bei DF1 gewesen sein, andere Programmhinweise wären uns in den vergangenen Tagen nicht aufgefallen.

ServusTV verzichtet auf Live-Übertragung - DF1 unterbricht mit Werbung

Was hingegen sehr auffiel: In Österreich, wo ServusTV immerhin der größte Privatsender des Landes ist, wurde das Mexiko-Rennen nicht live im Fernsehen gezeigt. Ein eingekaufter Spielfilm war den Programmmachern offenbar wichtiger. Stattdessen mussten sich die Zuschauer mit einer Re-Live-Übertragung erst um 22:40 Uhr begnügen, wenn auch immerhin mit einer zusätzlichen Vor- und Nachberichterstattung. In Deutschland ging DF1 pünktlich um 20:30 Uhr mit einer halben Stunde Vorlauf auf Sendung, das Rennen wurde ab 21:03 Uhr live gezeigt.

In Österreich hatten Motorsport-Fans immerhin die Möglichkeit, das Rennen per Livestream auf der hauseigenen Plattform ServusTV On verfolgen zu können. Erfreulicherweise aus Sicht des Publikums wurde das 45-minütige Rennen kein einziges Mal durch Werbung unterbrochen. Anders bei DF1 hierzulande: Der Sender schaltete zwei reine Werbeblöcke zu je rund drei Minuten. Kein Drama angesichts des größtenteils ereignisfreien Rennens, aber das hatte ProSieben in der Vergangenheit mit einer Split-Screen-Lösung und werbefreier Übertragung auf der ran-Webseite wesentlich eleganter gelöst.

Das Rennen der Formel E 2024 in Mexiko-City.
Volles Stadion beim Formel-E-Rennen in Mexiko-City, Foto: LAT Images

Gut vorbereitet aufs Formel-E-Debüt

Kommentator Goggi machte seine Arbeit beim Debüt gut und versorgte die Zuschauer mit vielen Infos, um die Rahmenbedingungen der weiterhin eher unbekannten Formel E zu erklären. Seine ausführliche Vorbereitung und der Spaß an der Sache waren deutlich herauszuhören. Ein Beleg: Goggi erkannte auf Anhieb fast alle Teamchefs in den Teamgaragen, die im World Feed der Formel E traditionell besonders gerne und ausufernd mit eigenen Kameras eingeblendet werden.

Dass das Mexiko-Rennen zu den langweiligsten der vergangenen Jahre gehörte, erleichterte Goggi die Arbeit. Die Nagelprobe folgt sicherlich, wenn es in der Formel E mal wieder drunter und drüber geht und in der Schlussphase die Rennen einen völlig kuriosen Verlauf nehmen. Wir machen uns keine Sorgen: Das dürfte schon bald passieren, wenn das Energie-Management wieder eine entscheidendere Rolle einnimmt und man mit den hunderten Positionswechseln (nicht: "Überholmanöver") kaum noch hinterherkommt.

'Doktor Abt' glänzt weiter mit Expertise und Begeisterung

Was Goggi eine mindestens ebenso große Unterstützung bot, war der Mann neben ihm am Mikrofon: Experte und Ex-Rennfahrer Daniel Abt, der schon zu ProSieben-Zeiten eine absolute Bereicherung war und den deutschsprachigen Zuschauern nach dem Wechsel zu ServusTV bzw. DF1 erhalten bleibt. Von seiner Begeisterung für die Formel E hat der 69-malige Starter und zweifache Rennsieger über den Winter nichts verloren.

Abt ordnete das Geschehen zu jeder Zeit richtig ein ("Auf die Jaguar muss man achten"), wusste TV-Szenen korrekt einzuschätzen ("Was macht Porsche-Motorsportchef Thomas Laudenbach während des Qualifyings in der Garage von Kundenteam Andretti?!") und korrigierte Goggi charmant, als der das PR-Märchen der angeblich "320 km/h schnellen Formel-E-Autos" übernahm. Der Topspeed-Rekord liegt bei 'nur' 276,6 km/h, aufgestellt durch Mitch Evans 2023 auf der permanenten Rennstrecke in Portland, USA.

Kommentator Goggi und Experte Abt harmonierten während der ersten gemeinsamen Übertragung schon gut miteinander und lernen sich in den kommenden Wochen und Monaten sicherlich noch besser kennen. Weil Abt auf so ziemlich jede Frage eine passende Antwort liefern konnte - Fan-Fragen gestellt via ServusTVFormel1-Instagram (würde sich ein Formel-E-Channel überhaupt lohnen?) inklusive - verlieh ihm Goggi flugs den Ehrentitel 'Doktor Abt'.

Wichtige Infos fehlten - Abt dankt Motorsport-Magazin.com

Eines muss trotz aller Live-Hektik aber besser werden, und das bitte schon beim nächsten Rennen in zwei Wochen in Saudi-Arabien: ein gelegentlicher Blick auf die Mitteilungen des Rennleiters im für jedermann zugänglichen Live-Timing. Die Formel E spart sich aus unbekannten Gründen gerne mal entsprechende Einblendungen im TV-Bild, dabei gibt es hier so viel Wichtiges zu sehen!

Etwa die schon während des Rennens eingeleitete Untersuchungs-Ankündigung gegen Pascal Wehrlein und Weltmeister Jake Dennis, deren Ausgang den Porsche-Piloten leicht den Sieg hätte kosten können (und die Online-Journalisten eine schlaflose Nacht bereitete). Das hätte während der laufenden Übertragung zwingend erwähnt werden müssen.

Dass Goggi und Abt während der Qualifying-Übertragung nicht über die bereits im 1. Training am Freitag verhängten Grid-Strafen in Kenntnis gesetzt waren - immerhin waren drei von acht Fahrern in den Quali-Duellen betroffen - ist ebenfalls ausbaufähig. Nach einem freundlichen WhatsApp-Hinweis von Motorsport-Magazin.com fand dieser wichtige Fakt immerhin eine späte Berücksichtigung in der Live-Sendung, samt öffentlichem Dankesgruß von Abt an unsere Redaktion.

Reporter vor Ort: Gröbl kriegt Usain Bolt vors Mikro

Während Goggi und Abt aus der Kommentatoren-Kabine in Salzburg berichteten, hatte ServusTV den erfahrenen Motorsport-Reporter und Kommentator Andreas Gröbl als 'Einzelkämpfer' ins Fahrerlager nach Mexiko-City geschickt. Eine sehr gute Entscheidung des Senders und ein absoluter Mehrwert für die Zuschauer! Man erinnert sich mit Grauen an die lieblosen einstigen Übertragungen von Eurosport, wo aus Kostengründen auf ein deutsches Vor-Ort-Team verzichtet wurde...

Gröbl musste angesichts des deutschen Fahrer-Schwunds - nur noch Wehrlein und 'Halb-Österreicher' Maximilian Günther sind am Start - auf die Suche nach einheimischen Gesprächspartnern gehen. Er fand sie unter anderem im deutschsprachigen Schweizer Sebastien Buemi, Porsche-Ersatzfahrer Andre Lotterer und McLaren-Teamchef Ian James, zu dem Gröbl im Vorfeld gut recherchiert hatte, dass dieser wegen seiner Mercedes-Vergangenheit über exzellente Deutsch-Kenntnisse verfügt.

In den Vorberichten holte Gröbl die wichtigsten Fahrer vors Mikro und nahm die Zuschauer mit auf eine unterhaltsame Reise durch die Startaufstellung. Stark: Auch gelang es ihm, mit Usain Bolt dem schnellsten Menschen der Welt exklusiv ein paar Sätze abzuringen. Der achtmalige Olympia-Sieger und Motorsport-Fan durfte im Vorfeld zu PR-Zwecken das aufgemotzte Genbeta-Demoauto der Formel E fahren.

Der Start zum Mexiko-City ePrix 2024.
Start zum Formel-E-Rennen in Mexiko-City, Foto: LAT Images

Fazit zum Formel-E-Debüt bei DF1 und ServusTV

Aber wo war Gröbl nach dem Rennende? Zwar blieben DF1 bzw. ServusTV wie angekündigt rund eine Viertelstunde nach dem Zieleinlauf weiter auf Sendung, doch außer einigen Einordnungen durch Goggi/Abt und aus dem World Feed übersetzten Zitaten der Podestfahrer war nicht mehr viel los. Eine exklusiv eingeholte Stimme etwa von Porsche-Teamchef Florian Modlinger mit Fragen zur Wehrlein-Untersuchung hätte einen tollen Mehrwert geschaffen. So wie sich Gröbl im Vorfeld präsentierte, hätte man ihn gerne auch in der Nachberichterstattung noch einmal gesehen.

Alles in allem ein verheißungsvoller Auftakt der ServusTV-Truppe und dem deutschen Sender DF1 in die neue Saison der Formel E, wenn auch hier und da mit der üblichen Luft nach oben. Wie viele Zuschauer hierzulande und in Österreich tatsächlich die Übertragungen verfolgten, war zunächst nicht bekannt. Mehr Werbung im Vorfeld eines Rennwochenendes auf DF1 und 'echte' Live-Übertragungen bei ServusTV würden der Quote aber sicherlich nicht schaden...

Wie hat euch die erste Formel-E-Übertragung von DF1/ServusTV gefallen? Was ist euch aufgefallen und was wünscht ihr euch für die kommenden Rennen? Schreibt uns eure Meinung in den Kommentaren auf unserer Facebook-Seite!