Die Formel E verkündete vor weniger als zwei Wochen den endgültigen Rennkalender für die Saison 2024. Die wichtigste Neuerung im Vergleich zum vorläufigen Kalender: Der ePrix in Italien wird auf der permanenten Rennstrecke in Misano ausgefahren. Damit war das Aus des umstrittenen Straßenkurses in Rom besiegelt, der 2023 nach einem schweren Unfall von Sam Bird in die Schlagzeilen geraten war.

Bei den Fahrern stößt diese Änderung nicht unbedingt auf viel Gegenliebe. Denn die Strecke im Süden der italienischen Hauptstadt war unter den Piloten der Elektro-Serie äußerst beliebt. Die FIA begründete das Aus von Rom nach einer Experten-Untersuchung der letzten beiden Rennen als Entscheidung zugunsten der Sicherheit. Eine Argumentation, die Jaguar-Pilot Mitch Evans nicht gelten lassen will. "Ich bin mir sicher, dass da mehr dahintersteckt. Sie sagen, dass es um die Sicherheit geht, aber ich denke, dass das nicht der Grund ist", sagte er gegenüber Motorsport-Magazin.com.

Mitch Evans versteht Rom-Aus nicht: Nur eine Stelle gefährlich

Die ausschlaggebende Passage auf der Strecke befindet sich rund um die blinde Kurve 6. Bird kam 2023 nach einem Unfall dort zu stehen und wurde anschließend zuerst von Sebastien Buemi und anschließend von Edoardo Mortara heftig getroffen. Beiden hatten den Jaguar erst zu spät gesehen, um reagieren zu können.

Die Strecke sei dennoch nicht das Problem, betont Birds ehemaliger Teamkollege Evans: "Meiner Meinung nach war es (die Strecke) nicht zu gefährlich. Wenn überhaupt war es nur diese eine Kurve, die man einfach entschärft bekommen hätte, wenn man eine Schikane oder etwas eingebaut hätte".

"Es gibt einige Limits in der Motorsport-Welt. Auch Formel-1-Strecken haben gewisse Kurven, die am Limit sind. Und nur wegen einem Unfall sollen wir nicht mehr auf eine Strecke zurückkehren? Das macht keinen Sinn", ärgerte sich der WM-Dritte des Vorjahres. Evans kann in Rom auf eine erfolgreiche Bilanz zurückblicken. In der 'Ewigen Stadt' siegte er insgesamt viermal, darunter bei drei der letzten vier Rennen.

Mitch Evans gewann vier Formel-E-Rennen in Rom, Foto: LAT Images
Mitch Evans gewann vier Formel-E-Rennen in Rom, Foto: LAT Images

Nick Cassidy: Lieblingsstrecke und Gefahr gehen Hand in Hand

Evans' neuer Teamkollege Nick Cassidy stimmte Evans zu: "Es ist komisch, dass Menschen über die Gefahr sprechen und dann darüber, dass es ihre Lieblingsstrecken sind. Das geht Hand in Hand. Beide Strecken benötigen viel Vertrauen und man muss viele Risiken nehmen. Das macht sie so aufregend", sagte er in Bezug auf Rom und seinen zweiten FE-Lieblingskurs in Kapstadt.

Auch Abt-Cupra-Pilot Nico Müller bedauert, dass Rom nicht im Kalender für die kommende Saison vorkommt. "Mit diesen Autos auf solch einer Strecke unterwegs zu sein und diesen Adrenalinkick zu spüren, das ist das, was die Formel E für mich ausmacht", so der Schweizer. Er betonte ebenfalls, dass er sich anstelle einer kompletten Streichung Anpassungen an den gefährlichen Stellen gewünscht hätte, ergänzte aber: "Ich gehe davon aus, dass die Verantwortlichen das besser einschätzen können, als wir von außen."

Rennstrecken statt Stadtkurse: Verliert die Formel E ihre DNA?

Mitch Evans hob hervor, dass Rom im Kalender schmerzlich vermisst werden würde: "Es war ein gutes Event für die Meisterschaft, für die Zuschauer und auch für die Fahrer." Er bedauert zudem, dass ausgerechnet eine 'normale' Rennstrecke wie Misano den Stadtkurs ersetzt. Dadurch gehen sieben von 17 ePrix' auf permanenten Kursen über die Bühne.

Der Neuseeländer erklärte, dass er kein Freund dieser Entwicklung ist. "Ich mag es auf den Straßen zu fahren. Die DNA der Meisterschaft ist es in den Stadtzentren zu fahren, weil wir es können. Wir haben keine Emissionen, keine Luftverschmutzung und auch keine Lärmbelästigung. Diese Punkte müssen wir für uns nutzen und auch aus einer Fahrer-Perspektive liebe ich Stadtstrecken und die Herausforderung, die sie bieten."

Unter dem Strich ist der Formel-E-Kalender im kommenden Jahr seit dem Debüt der Meisterschaft 2014/15 jener mit den meisten Rennen auf herkömmlichen Rennstrecken, sowohl in absoluten Zahlen als auch im Verhältnis zur Gesamtanzahl aller ePrix. Nebenbei bemerkt ist der Kalender mit 17 Läufen in der zehnten Saison auch der Rekord-Kalender in der Geschichte der Elektro-Meisterschaft.

Die FE-Saison 2024 beginnt am 13. Januar mit dem ePrix in Mexiko City auf dem Autodromo Hermanos Rodriguez. Eine Übersicht über den gesamten Kalender findet ihr im verlinkten Artikel.