Das Comeback ist perfekt: Nyck de Vries kehrt nach einem Jahr Auszeit in die Formel E zurück. Der Weltmeister von 2021 bestreitet die Saison 2024 für den indischen Automobilgiganten Mahindra. Sein neuer Teamkollege wird Edoardo Mortara, der Vize-Weltmeister 2021, der sich vor Kurzem nach sechs gemeinsamen Jahren von Venturi/Maserati getrennt hatte. Beide Fahrer erhalten mehrjährige Verträge.

Den Fahrer-Coup hat Mahindra um Teamchef Frederic Bertrand an diesem Mittwoch offiziell bekanntgegeben - und damit bestätigt, was Motorsport-Magazin.com am Wochenende bereits exklusiv spekuliert hatte. Mit de Vries und Mortara hat das Team, das 2023 beim Debüt der Gen3-Autos den schwächsten Antriebsstrang im Feld stellte, urplötzlich eine der stärksten Fahrerpaarungen in der Formel E.

De Vries und Mortara folgen auf di Grassi und Merhi

"Wir erwarten, dass das nächste Jahr ein weiteres Jahr der Entwicklung und des Fortschritts sein wird, und in einer Meisterschaft wie der Formel E ist es unmöglich, über Nacht erfolgreich zu sein", sagt Mahindra-Teamchef Bertrand. "Aber die Verpflichtung von Nyck und Edo, zusammen mit neuen Zugängen im erweiterten Team, legt eine solide Grundlage, auf der wir aufbauen können."

De Vries und Mortara folgen auf Lucas di Grassi und den Spanier Roberto Merhi, der während der abgelaufenen Saison für Oliver Rowland (jetzt bei Nissan) eingesprungen war. Der Ex-Champion aus Brasilien fuhr nur eine Saison für Mahindra, nachdem er im Jahr zuvor ebenfalls nur eine Saison mit Venturi (heute Maserati) bestritten hatte. Kehrt di Grassi 2024 etwa zu Abt Sportsline, inzwischen Mahindra-Kundenteam, zurück?

De Vries und Mortara dürfen angesichts ihrer Erfolge gerne als Großkaliber im ohnehin prominent besetzten Starterfeld der Formel E bezeichnet werden. Gelingt es diesem Top-Duo, das Ruder bei Mahindra nach einer wahren Katastrophen-Saison herumzureißen?

Portrait der Mahindra-Formel-E-Piloten Edo Mortara und Nyck de Vries
Mortara und de Vries: Neue Teamkollegen bei Mahindra, Foto: Mahindra Racing

De Vries: "Mahindra hatte etwas holprigen Start"

Mit Ausnahme eines Podestplatzes durch di Grassi beim Saisonauftakt in Mexiko, lief bei den Indern so ziemlich gar nichts nach Plan. Den negativen Höhepunkt bildete der Kapstadt ePrix, bei dem Mahindra seine eigenen Autos sowie die Abt-Kundenboliden wegen instabiler Querlenker vorzeitig vom Wettbewerb abmelden musste. In der Team-Wertung landeten die Äbte und Mahindra auf den letzten Plätzen, sogar noch hinter dem vergleichsweise kleinen NIO-Team.

"Ich denke, es ist kein Geheimnis, dass das Team einen etwas holprigen Start in Gen3 hatte, obwohl es während der zweiten Hälfte der letzten Saison positive Anzeichen für eine Verbesserung gab", sagt de Vries. "Ich glaube, das Team kann auf diesen Erkenntnissen aufbauen, und mit den zusätzlichen Veränderungen und Plänen für die Zukunft können wir zu Beginn unserer neuen Reise zusammen noch größere Fortschritte in der Leistung erzielen."

Der Niederländer weiter: "Die Rückkehr in die Formel E wird sich anfühlen wie nach Hause kommen. Ich war drei Saisons lang Teil dieser Familie, kenne jeden sehr gut. Ich freue mich darauf, in einer vertrauten Umgebung zurück und an einem Ort zu sein, an dem ich letztendlich immer Freude am Rennfahren hatte."

Nyck de Vries zu Gast beim Formel-E-Saisonfinale in London
Nyck de Vries besuchte das Formel-E-Finale in London nach seinem F1-Aus, Foto: LAT Images

Nyck de Vries: Formel-E-Rückkehr nach Formel-1-Rauswurf

De Vries dürfte die kurze Auszeit vom Rennsport inklusive eines Besuchs der Harvard-Universität gut getan haben. Der Niederländer hatte zu Beginn dieses Jahres die lang ersehnte Chance erhalten, als Stammfahrer in die Formel 1 aufzusteigen. Nach nur zehn Rennen mit AlphaTauri endete das F1-Abenteuer bekanntermaßen vorzeitig, de Vries wurde knallhart rausgeworfen und durch Daniel Ricciardo ersetzt.

In der Formel E blickt de Vries auf drei starke Saisons mit dem Mercedes-Werksteam zurück, das Ende 2022 nach dem Gewinn beider Weltmeisterschaften den Stecker gezogen hatte und ins heutige McLaren-Team übergegangen war. In 42 Rennen für Mercedes seit 2019 erzielte de Vries vier Siege, acht Podestplätze und zwei Pole Positions sowie den WM-Titel 2021.

Formel E und WEC: Doppelprogramm für de Vries?

Laut Gerüchten könnte dem 28-Jährigen ein geschäftiges Jahr bevorstehen: De Vries gilt als heißer Anwärter auf ein Stammcockpit beim Toyota-Werksteam in der Langstrecken-WM. Er begleitet die Japaner seit einer Weile als Test- und Ersatzfahrer und könnte 2024 den Argentinier Jose Maria Lopez im Hypercar ersetzen. Nach aktuellem Stand kommt es zu einer Kalenderüberschneidung zwischen der Formel E und der WEC, die im Sinne zahlreicher Fahrer mit Doppelprogrammen gelöst werden soll.

Edoardo Mortara mit bärenstarker Bilanz

Sein neuer Teamkollege Mortara hat bislang zwar noch keinen WM-Titel eingefahren, zählt aber zu den erfahrensten und stärksten Piloten der Formel E. Der Italo-Schweizer und frühere DTM-Vizemeister erzielte für Venturi bzw. Nachfolger Maserati sechs Siege und 13 Podestplätze in 79 Rennen. Mit 422 Punkten hat Mortara die zehntmeisten aller Fahrer in der neunjährigen Geschichte der Formel E gesammelt.

2020/21 schrammte er nur knapp am WM-Triumph vorbei, den sich stattdessen de Vries in einem verrückten Berlin-Finale mit 18 verbliebenen Titelanwärtern schnappte. In der Saison 2021/22 belegte Mortara mit dem Kunden-Mercedes von Venturi den dritten Gesamtplatz hinter Weltmeister Stoffel Vandoorne und Mitch Evans, bevor er dieses Jahr seinem Teamkollegen Maximilian Günther im DS-Maserati deutlich unterlegen war.

"Ich freue mich extrem, mich Mahindra Racing anzuschließen. Es ist ein Team, das ich mir seit mehreren Jahren angesehen habe. Sie sind von Anfang an in der Formel E dabei, also steckt viel Erfahrung dahinter", sagt Mortara. "Was ich auch von den Leuten hier spüren konnte, ist, dass wir die gleichen Werte teilen. Wir haben ein großartiges Projekt vor uns. Ich sehe viel Entschlossenheit und Motivation von allen im Team, und das ist so wichtig."

Portrait der Mahindra-Formel-E-Piloten Edo Mortara und Nyck de Vries
Edoardo Mortara wird neuer Teamkollege von Nyck de Vries, Foto: Mahindra Racing

Die bisherigen Fahrerwechsel in der Formel E

Mahindra hat der Silly Season in der Formel E einen weiteren Paukenschlag versetzt. Weitere Fahrerwechsel vor der zweiten Saison mit den Gen3-Autos, die mit den offiziellen Testfahrten Ende Oktober in Valencia beginnt: Vize-Weltmeister Nick Cassidy wechselt von Envision zum Jaguar-Werksteam und ersetzt dort Sam Bird, der seinerseits bei McLaren die Nachfolge von Rene Rast antritt.

Andretti setzt nach dem Abschied von Andre Lotterer auf die Dienste von Norman Nato, der bei Nissan keine Zukunft hatte. Der Autobauer aus Japan hat stattdessen Oliver Rowland (trennte sich während der Saison von Mahindra) verpflichtet.

NIO 333 gab zuletzt die Verlängerung der Verträge von Dan Ticktum und Sergio Sette Camara bekannt. Noch unbestätigt sind die Fahrerpaarungen von Porsche (Wehrlein und Felix da Costa gelten als gesetzt), DS Penske (Verkündung am 28. September, vermutlich mit Vergne und Vandoorne) sowie Maserati, wo sich Maximilian Günther nach seiner starken Saison mehr als gute Hoffnungen auf eine Weiterverpflichtung machen kann und einen neuen Teamkollegen erwartet.

Formel-E-Starterfeld 2024: Offiziell bestätigt

TeamFahrer 1Fahrer 2
Porsche??
Abt-Mahindra??
Envision-JaguarRobin FrijnsSebastien Buemi
JaguarNick CassidyMitch Evans
Andretti-PorscheJake DennisNorman Nato
DS Penske??
Maserati-DSMaximilian GüntherJehan Daruvala
NissanSacha FenestrazOliver Rowland
McLaren-NissanJake HughesSam Bird
NIO 333Dan TicktumSergio Sette Camara
MahindraNyck de VriesEdoardo Mortara