Es sollte nicht sein: Rene Rast (McLaren-Nissan) ging auch beim letzten Rennwochenende der Formel E 2023 leer aus. Die Stimmung beim Finale in London ähnlich trist wie Rasts Saisonverlauf: ein unglücklicher Crash mit Porsche-Pilot Pascal Wehrlein am Samstag (Wehrlein: "Rene würde ein Urlaub gut tun"), Platz zwölf im ereignislosen Regenrennen am Sonntag.

Für Rasts Karriere völlig untypisch: Bei seiner Rückkehr in die Formel E verpasste er zehn Rennen in Folge die Punkteränge! Seine vorerst letzten WM-Zähler datieren vom 25. März dieses Jahres, als er in Sao Paulo den neunten Platz errang. Man kann sich nicht daran erinnern, ob der erfolgsverwöhnte, dreifache DTM-Champion jemals zuvor eine derart lange, vier Monate anhaltende Durststrecke in einer Rennserie durchlaufen musste.

Rene Rast und Pascal Wehrlein crashen bei Formel-E-Finale in London
Rene Rast in London und Pascal Wehrlein in der Bande, Foto: LAT Images

Rast: "Lag nicht daran, dass ich zu langsam war"

"Das hat nichts mit mir gemacht, weil ich immer wusste, dass es nicht daran lag, dass ich zu langsam war", versicherte Rast nach dem Saisonfinale gegenüber Motorsport-Magazin.com. "Ich muss mich immer mit denen vergleichen, die auf dem gleichen Auto unterwegs sind. Und da habe ich nicht schlecht ausgesehen. Du musst dir einfach eingestehen, dass du nicht mehr machen kannst als das Material hergibt. Das habe ich für mich eingesehen."

Das angesprochene Material war in diesem Fall der Nissan-Antriebsstrang, den Formel-E-Neueinsteiger McLaren vor der Debütsaison eingekauft hatte. Die Motoren des japanischen Autobauers bildeten im ersten Jahr mit den neuen Gen3-Rennwagen nur die vierte Kraft hinter Jaguar, Porsche und DS Automobiles. Rast beschloss die Saison mit 40 Punkten auf dem 13. Gesamtplatz, sein britischer Teamkollege Jake Hughes landete mit 48 Zählern eine Position davor.

Am besten machte es noch Nissan-Werksfahrer Norman Nato, der sich mit 63 Punkten den zehnten Platz in der Formel-E-Tabelle sicherte, während Teamkollege Sacha Fenestraz mit 32 WM-Zählern und P16 die schwächste Ausbeute im Reigen der vier Fahrer mit Nissan-'Power' aufwies. Rasts größter Erfolg war der erste Podestplatz für Nissan und der einzige für McLaren beim zweiten Rennwochenende in Saudi-Arabien, Nato gelang ein weitere Nissan-Podiumsfahrt in Rom. Dazwischen lief nicht viel für das Werksteam und Kundenrennstall McLaren, der mit zunehmendem Saisonverlauf immer weiter zurückfiel.

Rast: "Immer zur falschen Zeit am falschen Ort"

"Es war ein schwieriges Jahr", lautete Rasts Fazit. "In Riad (Saudi-Arabien) sind wir gut gestartet und waren hoffnungsvoll für die Saison. Wir hatten gehofft, dass es so weitergeht, haben nach Sao Paulo aber keine Punkte mehr geholt. Irgendwie waren wir immer zur falschen Zeit am falschen Ort. Ich habe viel gelernt und viel Positives für meine Rennfahrerkarriere mitgenommen. Und ich bin sehr dankbar, dass ich McLaren-Fahrer sein durfte."

Den Spaß am Rennfahren in der Formel E mit dem neuen Gen3-Auto hat er nicht verloren: "Das Auto ist vielleicht noch schwieriger zu fahren wegen der schweren Lenkung und der höheren Leistung. Es macht immer noch Spaß. Diese 'Pack-Racing'-Rennen (Energie-Spar-Schlachten; d. Red.) wie in Portland sind vielleicht zu extrem. Aber ansonsten muss man immer noch cleverer fahren als die Konkurrenz. Das hat mir in der Saison 7 extrem getaugt, weil wir ein effizientes Auto (Audi) hatten. Das ist dieses Jahr schwieriger, aber als Fahrer kann ich immer noch einen Unterschied machen."

McLaren, das die Startlizenz und große Teile des Teams von Aussteiger/Doppel-Weltmeister Mercedes-Benz übernommen hat, habe stets auf einem sehr hohen Level gearbeitet, betonte Rast. Dennoch zogen sich Fehlentscheidungen der Mannschaft von Weltmeister-Teamchef Ian James, eigene Fahrfehler und eine ganz gehörige Portion Pech durch Rasts zweite volle Saison in der Formel E.

Sein Debüt gab der heute 36-Jährige schon 2016 als Ersatzmann von Antonio Felix da Costa bei einem Rennen in Berlin für Aguri. 2020 kehrte Rast zum Berlin-Finale als Nachfolger von Daniel Abt mit Audi zurück und bestritt die komplette Saison 2021 für die Ingolstädter, bis sie zum Jahresende den Stecker zogen.

Rene Rasts Formel-E-Statistik

StatistikErgebnisse
Rennen38 seit 2016
Siege0
Podestplätze3
Pole Positions0
Schnellste Rennrunden3
Punkte147

Geht es für Rene Rast in der Formel E weiter?

Offen bleibt Rasts Zukunft in der Elektro-WM. Britische Medien berichteten bereits über einen intern bestätigten Abschied von McLaren. Ähnliches ist von deutschen Vertretern im Fahrerlager der Formel E zu hören. "Wir haben Angebote in der Formel E, die gerade geprüft werden", sagt unterdessen Rasts langjähriger Berater Dennis Rostek auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com.

McLaren-Teamchef Ian James versicherte uns beim Saisonfinale in London, dass eine Entscheidung über das nächstjährige Fahrer-Lineup in den kommenden Wochen fallen werde. Rast selbst ließ sich im Gespräch mit MSM ebenfalls nicht in die Karten schauen: "Ich weiß es noch nicht. Optionen sind da. Es ist aber zu früh, um eine Auskunft zu geben."

Rene Rast mit McLaren beim Formel-E-Rennen in Sao Paulo
Rene Rast lässt seine Motorsport-Zukunft offen, Foto: LAT Images

Formel E und DTM 2024: Bis zu drei Terminkollisionen

Ein gehöriges Wörtchen um die Zukunft dürfte Rasts neuer Arbeitgeber BMW M Motorsport mitreden. Der Autobauer aus München hatte sich Rast nach dessen Audi-Abschied geschnappt und dieses Jahr für das DTM-Kundensportprogramm eingesetzt. Wegen einer Terminüberschneidung mit der Formel E - da genoss sein McLaren-Engagement noch Priorität - verpasste Rast das Rennwochenende in Zandvoort beim Meister-Team Schubert Motorsport. In der DTM-Gesamtwertung belegt er den neunten Rang mit 35 Punkten Rückstand auf seinen Teamkollegen Sheldon van der Linde (P2, 89 Punkte).

Ein erneutes Doppelprogramm 2024 bestehend aus DTM und Formel E könnte wegen gleich mehrerer Terminkollisionen problematisch bis unmöglich werden. Nach aktuellem Stand käme es sogar zu drei Überschneidungen der beiden Rennserien, nachdem die DTM ihren nächstjährigen Rennkalender in der vergangenen Woche präsentiert hat: Oschersleben mit Monaco, der Lausitzring mit einem Rennen an einem noch unbekannten Ort sowie eine weitere Kollision zwischen Zandvoort und Jakarta.

Rennkalender 2024: Keine Überschneidungen zwischen DTM und WEC

Der ADAC als neuer Rechteinhaber der DTM hat sich bei seinen Kalenderplanungen in erster Linie an den bereits bekannten Kalendern und Terminen der Langstrecken-WM WEC (aktuell eine Überschneidung mit Formel E), den großen 24-Stunden-Rennen sowie der GT World Challenge Europe des langjährigen Partners SRO orientiert - also allen Kategorien, in denen die Fahrer und diversen Werkspiloten am ehesten parallel zur DTM an den Start gehen könnten. Dabei ist es der DTM tatsächlich gelungen, komplett auf Terminkollisionen zu verzichten.

Das könnte perfekt in Rasts und BMWs künftige Planungen passen. Die Chancen stehen gut, dass BMW den gebürtigen Mindener für sein neues WEC-Werksprogramm einplant, mit dem die Münchner 2024 unter anderem zu den 24 Stunden von Le Mans zurückkehren. Aktuell bereitet sich das neue BMW-Team WRT auf den nächstjährigen Langstreckeneinsatz mit dem LMDh-Auto vor, Testfahrten sind in vollem Gange.

Rene Rast mit McLaren in der Formel E, hier zusammen mit Robin Frijns
Jetzt zusammen bei BMW: Rene Rast und Robin Frijns, Foto: LAT Images

Dabei ist auch BMW-Neuzugang Robin Frijns, der in erster Linie für das WEC-Projekt eingeplant ist, parallel aber auch in der Formel E für das Weltmeister-Team Envision-Jaguar an den Start gehen wird. Rund acht Fahrer, darunter auch Rast, haben eine WhatsApp-Gruppe gegründet und wollen gemeinsam daran arbeiten, dass der Termin-Clash zwischen dem WEC-Rennen in Spa-Francorchamps und dem Formel-E-Event in Berlin (11./12. Mai 2024) umgangen werden kann.

Ein Parallelprogramm bestehend aus DTM und WEC statt Formel E würde für BMW-Werksfahrer Rast immerhin zu keinerlei Terminkonflikten führen. Abgeschlossen habe er aber noch nicht mit der Elektro-Serie: "Ich habe sicher noch eine Rechnung mit der Formel E offen. Ich habe hier noch keinen Sieg eingefahren, was natürlich irgendwo auf meinem Zettel steht." Mit sehr ähnlichen Worten hatte sich Rast übrigens Ende 2021 nur zwischenzeitlich aus der Formel E verabschiedet...

Rene Rasts Formel-E-Bilanz 2023 mit McLaren

RennenStartplatzErgebnis
Mexiko-City1518
Saudi-Arabien I55
Saudi-Arabien II33
Hyderabad8Ausfall
Kapstadt104
Sao Paulo119
Berlin I1417
Berlin II1713
Monaco1417
Jakarta I815
Jakarta II1615
Portland414
Rom I5Ausfall
Rom II1313
London I514
London II1312