Die Mercedes-Silberpfeile greifen in der Formel-E-Saison 2022 nach der Titelverteidigung - und das mit größtenteils bewährter Besetzung. Wie das Team am Sonntagabend mitteilte, gehen erwartungsgemäß der amtierende Weltmeister Nyck de Vries und Stoffel Vandoorne zu ihrem dritten gemeinsamen Jahr für das Werksteam an den Start.

Unter der Leitung von Teamchef Ian James setzt Mercedes auf Technologie aus dem Vorjahr, nachdem die Antriebsstränge aus Kostengründen für den Verlauf von zwei Saisons homologiert worden waren. Optisch hat sich am Mercedes-Silberpfeil, der zusammen mit den anderen Teams ab Montag bei den offiziellen Testfahrten in Valencia (29. November bis 02. Dezember) seine Runden dreht, nichts verändert.

Gleichzeitig steht Mercedes vor seiner letzten Saison als Werksteam in der Formel E. Am 18. August 2021, kurz nach dem Saisonfinale in Berlin, hatte der Hersteller offiziell seinen Ausstieg nach der kommenden Saison bekanntgegeben. Damit endet eine nur dreijährige Ära der Elektro-Silberpfeile, die mit der Einführung des aktuellen Gen2-Boliden 2019/20 begonnen hatte und vor dem künftigen Gen3-Reglement ab 2023 endet.

Wie geht es nach dem Mercedes-Ausstieg weiter?

Unabhängig vom Saisonlauf können sich James und Co. schon jetzt auf einen Fragen-Marathon einrichten. Zwar zieht Mercedes als Werk den Stecker, doch eine Zukunft in der Formel E in anderer Form wird hinter den Kulissen diskutiert. "Wir werden die besten Optionen für das Team prüfen, um auch über die Saison 8 hinaus an der Formel E teilzunehmen", hatte James im Zuge des angekündigten Abschiedes erklärt.

Gerüchte über eine künftige Zusammenarbeit mit dem Venturi-Rennstall, wo Toto Wolffs Ehefrau Susie kürzlich die Geschäftsführung übernommen hat, machen seit geraumer Zeit ebenso die Runde wie eine angebliche Übernahme durch Aston Martin, wo Mercedes-Motorsportchef Wolff einige Anteile hält. Venturi erhält derzeit noch Kundenautos von Mercedes und muss für die Gen3-Ära ohnehin einen neuen Motorenpartner für den Einbau in den einheitlichen Chassis suchen.

Foto: Mercedes-Benz AG
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Mercedes: Abschied von Partner HWA

Bei den Fahrern setzt Mercedes für seine Abschieds-Tour auf Stamm-Personal, doch hinter den Kulissen ging es während der kurzen Sommerpause äußerst geschäftig zu. So wurde die Zusammenarbeit mit dem jahrelangen Erfolgs-Partner HWA beendet. Das gesamte Projekt ist aus Affalterbach ins britische Brackley gezogen, wo sich nun Formel E und Formel 1 die Räumlichkeiten teilen. HWA hatte 2018/19 als 'Privatteam' die Vorhut für Mercedes in der Formel E gebildet und später Teile des Einsatzteams gestellt.

"Es ist ein Vorteil, dass wir das gesamte Chassis-Team in Brackley unter einem Dach versammelt haben", erklärt Mercedes-Technikdirektor Nick Chester, der auf 30 Jahre Erfahrung in der Formel 1 zurückblickt und seit 2020 beim Formel-E-Team von Mercedes tätig ist. "Es ist viel Arbeit, um alles vorzubereiten und alle auf einen Nenner zu bringen, genau damit sind wir gerade beschäftigt, aber mittelfristig bringt es Vorteile mit sich. Denn dann sind alle zusammen und Brixworth ist ebenfalls nicht weit weg. Das macht es viel einfacher."

Foto: Mercedes-Benz AG
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Chester: Umzug bringt viele Vorteile

Gerade zum Saisonstart bringe der Umzug nach Brackley "viele Vorteile mit sich", ergänzt Pierre Godof von Mercedes AMG High Performance Powertrains aus Brixworth. "Wir testen vor Ort, der Simulator ist nebenan, dadurch sparen wir viel Zeit, die wir sonst mit Reisen verbringen würden." Der Personalwechsel beim Einsatzteam sei laut Chester eine gewisse Herausforderung, "aber ich glaube keine allzu große. Die Mechaniker besitzen ja schon etwas Erfahrung und können bei den Testfahrten in Valencia weiter trainieren".

"Auf der einen Seite haben wir an unseren Plänen festgehalten, uns hier in Großbritannien in Brackley und Brixworth zu konsolidieren und sicherzustellen, dass wir hier die notwendigen Synergien erreichen, die wir benötigen, um Leistung abzuliefern", sagt Teamchef James. "Aber das müssen wir auch mit einer gewissen Stabilität ausgleichen und es ist fantastisch, dass das Kernstück des Teams auch in Saison 8 weiterhin bestehen bleibt. Nyck und Stoffel spielen dabei eine entscheidende Rolle."

Foto: Mercedes-Benz AG
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De Vries und Vandoorne testen IndyCar

De Vries sicherte sich die Weltmeisterschaft bei einem dramatischen Finale in Berlin, zählte aber während der gesamten Saison zu den Titelanwärtern. Der Formel-2-Champion von 2020 gewann zwei Rennen und stand viermal auf dem Podium. Teamkollege Vandoorne erreichte einen Sieg sowie drei Podestplätze und schloss seine dritte Saison in der Formel E als Neunter ab. Mercedes setzte sich in der Team-Wertung knapp vor Jaguar und DS Techeetah durch.

"Eine neue Saison bringt immer eine neue Herausforderung mit sich und als amtierender Champion erhält das noch einmal eine besondere Note. Entsprechend bin ich schon heiß darauf, wieder Rennen zu fahren und unsere beiden Titel zu verteidigen", sagt de Vries, der genau wie Vandoorne am 06. Dezember - also kurz nach den Formel-E-Testfahrten - einen IndyCar-Test in Sebring mit dem Team Arrow McLaren SP absolvieren wird.

Ex-Formel-1-Fahrer Vandoorne, der 2021 mit drei Pole Positions der erfolgreichste Qualifying-Fahrer war, muss sich zur neuen Saison im Zuge der Umstrukturierung an einen neuen Renningenieur gewöhnen. "Daran müssen wir uns beide erst gewöhnen und aufeinander einstellen", sagt der Belgier. "Er muss lernen, was meine Kommentare bedeuten, wie ich das Auto beschreibe und umgekehrt. Aber er besitzt viel Erfahrung in der Formel E und ich bin sicher, dass wir diesen Prozess schnell durchlaufen werden."

Formel E 2022: Das Starterfeld zur Saison 8

TeamFahrerFahrer
DS TecheetahJean-Eric VergneAntonio Felix da Costa
NissanSebastien BuemiMaximilian Günther
MercedesNyck de VriesStoffel Vandoorne
VirginRobin FrijnsNick Cassidy
AndrettiJake DennisOliver Askew
JaguarSam BirdMitch Evans
PorscheAndre LottererPascal Wehrlein
MahindraAlexander SimsOliver Rowland
VenturiLucas di GrassiEdoardo Mortara
DragonAntonio GiovinazziSergio Sette Camara
NioDan TicktumOliver Turvey