Eine richtungsweisende Entscheidung für die Zukunft der Formel E: Porsche hat sich offiziell für die neue und ab 2022/23 beginnende Gen3-Ära mit leistungsstärkeren Autos eingeschrieben. Damit folgt der Sportwagenbauer den Herstellern Nissan, Techeetah-Partner DS Automobiles, Mahindra sowie Dragon mit Technologiepartner Bosch, die sich ebenfalls langfristig zur Formel E bekannt haben.

Nach Informationen von Motorsport-Magazin.com wird auch bei Mercedes in Bälde eine Entscheidung fallen, ob es in der Formel E weitergeht. Porsches Verpflichtung für die Zukunft der Elektro-Rennserie war ein wichtiges Zeichen, nachdem Audi und BMW ihren Werksausstieg zum diesjährigen Saisonende angekündigt hatten.

"Mit der neuen Rennwagengeneration Gen3 beginnt für die Formel E das nächste Kapitel ihrer Erfolgsgeschichte. Und da wollen wir auf jeden Fall dabei sein", sagt Fritz Enzinger, Leiter Porsche Motorsport und Konzern-Motorsport der Volkswagen AG. "Mit unserem Einstieg 2019 haben wir uns klar zur Formel E bekannt. Aus unserer Sicht bietet sie das wettbewerbsstärkste Umfeld, um die Entwicklung von High-Performance-Fahrzeugen mit Schwerpunkten auf Umweltfreundlichkeit, Energieeffizienz und Nachhaltigkeit voranzutreiben."

Porsche-Bekenntnis als wichtiges Signal

Bis Ende März 2021 haben Hersteller Zeit, sich bei der FIA für den dritten technologischen Zyklus der Formel E beginnend ab der Saison 2022/23 einzuschreiben. Porsches Entscheidung gilt als ein wichtiges Signal auch für andere Autobauer, ihr weiteres Engagement in der E-Rennserie zu bewerten. Zuletzt stand die Formel E vor allem wegen immer weiter ansteigender Kosten und den aus Sicht einiger Hersteller überschaubaren Entwicklungsmöglichkeiten in der Kritik.

Porsche war von Beginn an die Gespräche über die Gen3-Ära involviert - Formel E und FIA konnten den Sportwagenhersteller offenbar von ihrer Vision überzeugen. Die neuen Rennwagen sollen nicht nur leichter, sondern auch deutlich leistungsstärker werden. Zum aktuellen Stand ist die Sprache von bis zu 350 kW Power im Qualifying, während es derzeit maximal 250 kW sind. Im Rennmodus soll die Leistung von 200 auf 300 kW ansteigen. Bessere Möglichkeiten der Energierückgewinnung und Schnelllade-Boxenstopps sind ebenfalls geplant.

Porsche startet mit Andre Lotterer und Pascal Wehrlein in der Formel E, Foto: LAT Images
Porsche startet mit Andre Lotterer und Pascal Wehrlein in der Formel E, Foto: LAT Images

Todt: Formel E vor wichtigem Meilenstein

"Die ABB FIA Formel-E-Weltmeisterschaft steht vor einem weiteren wichtigen technischen Meilenstein, und ich bin glücklich, dass Porsche den Weg in die neue Ära mitgeht", sagt FIA-Präsident Jean Todt. "Die Rennwagen der Gen3 werden leichter, leistungsstärker und schneller nachladbar sein und die Formel E als Speerspitze des elektrischen Motorsports weiter stärken. Das ist auch die Bestätigung dafür, dass die Formel E für Automobilhersteller die richtige Plattform ist, um ihre Expertise in der Elektrifizierung unter Beweis zu stellen und unser gemeinsames Engagement für nachhaltigere Mobilitätslösungen zu demonstrieren."

Porsche engagiert sich seit der Saison 2019/20 werksseitig in der Formel E und feierte damit seine Rückkehr in den Formelsport nach 30 Jahren. Andre Lotterer ist von Beginn an als Fahrer an Bord, mit Pascal Wehrlein erhielt der dreifache Le-Mans-Sieger zu dieser Saison einen neuen Teamkollegen. Porsche ist das einzige Team in der Formel E, das mit zwei deutschen Fahrern an den Start geht.

Enzinger: Porsche glaubt an Formel-E-Konzept

Während Audi und BMW ihre Ausstiege mit erschöpften Möglichkeiten des Transfers für die Serientechnologie rechtfertigten, glaubt Porsche weiter an das Konzept der 2014 ins Leben gerufenen, ersten rein elektrischen Rennserie der Welt. "Für uns war es wichtig, dass die DNA der Formel E, die diese Meisterschaft so erfolgreich gemacht hat, erhalten bleibt. Das ist der Fall", sagt Enzinger. "Zeitgleich sehen wir Potential, um die Formel E aus sportlicher wie auch aus technologischer Sicht auf das nächste Level zu bringen."

Ein Knackpunkt bleibt die Kostenfrage. Mit der Einführung der Gen2-Boliden zur Saison 2018/19 sind die Kosten deutlich angestiegen, Szene-Kenner sprechen von bis zu 30 Millionen Euro Budget pro Saison bei den großen Herstellern. Die Einführung einer Kostenobergrenze ähnlich wie in der Formel 1 bleibt ein großes Thema. Seriengründer Alejandro Agag sprach öffentlich von einem gewünschten Kostendeckel in Höhe von 15 Millionen.

Jamie Reigle, CEO der Formel E: "Die Präsenz von Porsche innerhalb der Formel E ist immens, und das Team hat bereits gezeigt, dass es eine treibende Kraft bei unserer weiteren Entwicklung sein wird. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit im Hinblick auf Gen3. Mit ihr wird die ABB FIA Formel-E-Weltmeisterschaft ein Testfeld für die neue Generation des Elektro-Techniktransfers von Renn- zu Straßenfahrzeugen bleiben."

Porsche ist aktuell einer von vier deutschen Herstellern in der Formel E, Foto: Porsche AG
Porsche ist aktuell einer von vier deutschen Herstellern in der Formel E, Foto: Porsche AG

Formel E: Straf-Zahlungen bei vorzeitigem Ausstieg

Um sich gegen vorzeitige Ausstiege zumindest finanziell abzusichern, ist in einer kürzlich überarbeiteten FIA-Version der Hersteller-Registrierung ist ein neuer Absatz aufgenommen worden, der Herstellern eine Art 'Strafzahlung' auferlegt, sollten sie vorzeitig aus der Elektro-Serie ausscheiden.

Die Regelung umfasst den Gen3-Zyklus bestehend aus den Saisons 9 (2022/23), 10 (2023/24), 11 (2024/25) und 12 (2025/26). Laut dem neuen Artikel 7.4 muss ein Hersteller ab Saison 9 im Falle eines Ausstieges vor dem Ende der 12. Saison die vollständigen Gebühren von 300.000 Euro pro Saison innerhalb von 60 Tagen an die FIA entrichten. Konkretes Beispiel: Sollte ein Hersteller nach Saison 9 vorzeitig ausscheiden, muss er trotzdem die weiteren 900.000 Euro für die Saisons 10 bis 12 zahlen.

Porsche-Zukunft: Rückkehr nach Le Mans

Mit dem Engagement in der Formel E sowie dem GT-Werks- und Kundensport steht das Porsche-Programm für 2021, doch im Hintergrund laufen bereits die Vorbereitungen für ein weiteres Großprojekt: 2023 kehren die Zuffenhausener mit einem LMDh (Le Mans Daytona hybrid)-Auto zurück in die gesamtsiegfähige Klasse bei den 24 Stunden von Le Mans und weiteren prestigeträchtigen Sportwagenrennen.

Gen3: Rahmendaten zum neuen Formel-E-Auto

  • Einsatz ab 2022/23 für 4 Saisons geplant
  • Maximale Leistung: 350 kW (475 PS)
  • Zielgewicht: 780 Kilo (120 weniger als beim Gen2)
  • Batterie soll 101 Kilo abspecken (aktuell 385 Kilo)
  • Williams ersetzt McLaren als Einheitsbatterie-Lieferant
  • Hankook folgt auf Michelin als Lieferant für Allwetterreifen
  • Zweiter E-Motor als Einheitsbauteil von Atieva
  • Neuer E-Motor nur zur Rekuperation an der Vorderachse
  • 600 kW Rückgewinnung über Bremse (350 kW hinten, 250 kW vorne)
  • Fast Charging: 4 kWh Ladung während Boxenstopps möglich