Jetzt herrscht zumindest Klarheit: Die Formel E hat ihren Rennkalender für die Saison 2017/18 von 14 auf 12 Rennen gekürzt. Das abgesagte Saisonfinale in Montreal wurde ersatzlos gestrichen. Auf das Risiko, kurzfristig eine Alternative in den Rennkalender zu hieven, wollten sich die Beteiligten nicht einlassen. Somit steigt das diesjährige Finale am 14. und 15. Juli 2018 in New York, wo die Formel E im vergangenen Jahr erfolgreich ihre Premiere gab. Immerhin ein würdiger Ort für den Saisonabschluss.

Dass immer wieder Rennen in der Formel E abgesagt werden, macht in der Welt des Motorsports aber nicht die glücklichste Figur. In den etablierten Serien wie der Formel 1 gilt der Rennkalender als heilig. Muss er nach der Veröffentlichung und obendrein während der laufenden Saison noch einmal geändert werden, sieht das nicht unbedingt professionell aus.

Lucas di Grassi: Ein kurzfristiges Opfer

Das ist der Formel E in dieser Saison bereits zwei Mal passiert. Neben Montreal fiel auch das geplante Debüt in Brasilien am 17. März 2018 flach. Für den Lauf in Sao Paulo, Brasilien wurde mit der Rückkehr nach Punta del Este in Uruguay zumindest eine passende Alternative mit gleichem Datum präsentiert.

"Es ist ein bisschen frustrierend, aber ich habe verstanden, dass es ein kurzfristiges Opfer ist, um ein langfristiges Verständnis zwischen Brasilien und der Formel E zu erreichen", argumentiert der amtierende Champion Lucas di Grassi bei Motorsport-Magazin.com. "Wir haben jetzt etwas mehr Zeit, um noch mehr zu wachsen. Aus kurzfristiger Sicht ist die Absage keine gute Nachricht, aber langfristig gesehen ist es etwas Positives. Es ist besser, etwas richtig vorzubereiten, als wenn am Ende alle Frust schieben."

Die kurzfristigen Rennabsagen sind sicherlich Wasser auf den Mühlen der Kritiker, die die Formel E trotz ihres enormen Wachstums noch immer nicht als professionelle Rennserie anerkennen wollen. Ganz so einfach ist die Sache aber nicht, ein direkter Vergleich zu traditionellen Rennserien hinkt. Während Formel 1, DTM und Co. ausschließlich auf permanenten Rennstrecken fahren und die Austragungen über Jahre mit einem Veranstalter klären, muss sich die Formel E mit ganz anderen Hürden herumschlagen.

Dieter Gass: Darf man nicht negativ auslegen

"Man muss akzeptieren, dass die Formel E auch von der politischen Situation abhängt", sagt Audi-Motorsportchef Dieter Gass zu Motorsport-Magazin.com. "Wenn da ein neuer Bürgermeister kommt, wie wir es jetzt in Kanada erlebt haben, dann kann es sein, dass die Serie dort nicht wieder fährt. So etwas darf man aber meines Erachtens nicht negativ gegen die Formel E auslegen, sondern stattdessen positiv, weil es eben die Möglichkeit gibt, in Städten zu fahren."

Das ausgewiesene Konzept der Serie, ausschließlich in den Stadtzentren von Großstädten zu fahren, bringt etwa politische Unbekannte mit sich. Wie zuletzt in Montreal, wo ein Wechsel im Bürgermeisteramt dafür sorgte, dass die Formel E nicht zurückkehren wird. Die neue Amtsinhaberin hat sich im Gegensatz zu ihrem Vorgänger strikt gegen ein Rennen in der Stadt ausgesprochen und ist offenbar sogar bereit, eine Strafe für den Vertragsbruch zu zahlen.

Formel E - Audi: Was läuft schief bei Abt und di Grassi? (02:42 Min.)

40 Auflagen für Berlin-Rennen zu erfüllen

Die Stadtrennen der Formel E gehen mit Blick auf die Organisation weit über den herkömmlichen Motorsport hinaus. Straßen in den Metropolen müssen für meist zwei Tage gesperrt werden, dazu schier unzählige städtische Auflagen erfüllt werden. In Berlin waren es beispielsweise rund 40 dieser Auflagen, die letzten konnten sogar erst nach dem fertigen Aufbau von Strecke und Fahrerlager abgesegnet werden.

Dieter Gass: "Es ist anders als der traditionelle Motorsport und darauf muss man sich einstellen. Das bringt verschiedene Sachen mit sich und als Motorsport-Traditionalist muss man da eine gewisse Flexibilität zeigen und so etwas akzeptieren. Es gibt noch eine Reihe anderer Beispiele, wo die Formel E anders ist als der traditionelle Motorsport - das bedeutet aber nicht, dass sie schlechter ist."

Formel E Marrakesch: Daniel Abt im Exklusiv-Interview (02:53 Min.)

Absagen von Rio bis Brüssel

Umdisponierungen ziehen sich wie ein roter Faden durch die junge Geschichte der Formel E, die derzeit ihre vierte Saison bestreitet. Im ersten Jahr der Elektro-Rennserie 2014/15 wurde das Rennen in Rio de Janeiro aus dem Kalender geworfen, in Saison 2 musste das geplante Gastspiel in Moskau abgesagt werden. In der 3. Saison fiel Brüssel raus, gleichzeitig wanderte die Formel E in Berlin aus der Innenstadt ab und kehrte zurück auf den stillgelegten Flughafen Tempelhof.

Kurzfristige Absagen bedeuten auch für Teams und Fahrer eine zusätzliche Belastung. Flüge und logistische Abläufe werden meist frühzeitig erledigt, müssen dann wieder umgeworfen werden. Zudem bedeuten weniger Rennen auch eine Umverteilung der Preisgelder. "Ich würde mir wünschen, dass durch die Teilnahme weiterer Hersteller dahingehend Konstanz reinkommt, dass der aufgestellte Rennkalender bestehen bleibt", sagt Gass, der mit Audi als erster deutscher Hersteller in der Formel E antritt. BMW, Porsche und Mercedes folgen in den nächsten zwei Jahren.

Formel E: Heidfeld zum Stinkefinger in Marrakesch (01:38 Min.)

Formel-E-Kalender: Abwechslung garantiert

Dass es jährlich neue Rennen beziehungsweise Austragungsorte im Kalender gibt, stört Audi-Chef Gass nicht. Die Vision von Formel-E-Boss Alejandro Agag sieht vor, ein Konstrukt aus fünf bis sechs fixen Rennen zu haben und ansonsten mit den Städten zu variieren. Interessenten gibt es jährlich ohnehin genug, viele Städte würden sich gern mit der grünen Formel E schmücken.

"Eines der großen Assets der Formel E ist, dass man in den Zentren großer Metropolen fahren kann", erklärt Gass. "Ein Motorsport-Traditionalist ist aber jemand, der sich einen konstanten Rennkalender wünscht. Das wird nicht zusammengehen können und das muss man auch akzeptieren. Solange ich genügend Städte habe, in denen ich fahren kann, muss ich nicht immer in die gleichen gehen."

Rennkalender für die Formel-E-Saison 2017/18

DatumStadtLand
02. Dezember 2017HongkongChina
03. Dezember 2017HongkongChina
13. Januar 2018MarrakeschMarokko
03. Februar 2018SantiagoChile
03. März 2018Mexico CityMexiko
17. März 2018Punta del EsteUruguay
14. April 2018RomItalien
28. April 2018ParisFrankreich
19. Mai 2018BerlinDeutschland
10. Juni 2018ZürichSchweiz
14. Juli 2018New YorkUSA
15. Juli 2018New YorkUSA