Die Lehre von der Pause

Vier Wochen mussten die Fans auf den Europaauftakt in Barcelona warten. Nicht nur ihnen war diese Wartezeit zu lange, auch Mario Theissen hätte sich eine kürzere Pause gewünscht. Rubens Barrichello vermisste die Action in der Pause sogar so sehr, dass er "etwas schneller" auf der Straße fuhr. Pause? Wovon sprechen Theissen und Barrichello eigentlich? Wir waren auch in der "Pause" nach Bahrain on the road: Hockenheim DTM, Hockenheim Jim Clark Revival, Zandvoort WTCC, Oschersleben DTM, Valencia Formel BMW, Barcelona Formel 1... wer spricht da von zu lang oder gar von "Pause"?

Die Lehre vom anderen Geschlecht

Flexibler Vorderflügel? Absolut unauffällig..., Foto: Sutton
Flexibler Vorderflügel? Absolut unauffällig..., Foto: Sutton

Nick Heidfeld bekommt derzeit viele Fragen gestellt. Wie sieht es mit einer Vertragsverlängerung aus? Wann gewinnt er das erste Rennen? Was sagt er zu seinem Teamkollegen? All das ist nichts Neues. Vor dem Spanien GP wollte nun eine Kollegin von ihm wissen: Was hält er eigentlich von Frauen im Rennsport? "Gar nichts." Kurz und trocken. Doch dann kam unter seiner überdimensionierten Sonnenbrille und zwischen den wilden Barthaaren ein Lächeln zum Vorschein. "Die Männer haben alle gelacht..." Normalerweise würden wir an dieser Stelle abbrechen, aber um einem Ansturm an bösen Leserbriefen vorzubeugen, hier noch der zweite Teil der Antwort: "Über kurz oder lang werden auch in der F1 Frauen fahren. Es gibt momentan einfach mehr Frauen und Mädchen in den niedrigeren Kategorien, da wird es sicher eine schaffen."

Die Lehre von der Flexibilität

In der Formel 1 muss man flexibel sein - auch und gerade als Frontflügel. Mario Theissen ist auf diesem Gebiet ein gebranntes Kind. Seinem BMW Sauber Team wurden im letzten Jahr Abstandshalter und Verbote zwischen die Flügelblätter geworfen. Ein Jahr danach steht McLaren im Brennpunkt. Der neue Vorderflügel quer über die Nase hinweg soll sich unerlaubterweise unter Druck bewegen. Theissen sieht das locker: Wenn er wirklich flexibel ist, würde es jeder sehen und dann würde er sofort verboten", glaubt er. "Direkt über der Nase ist nicht der beste Platz, um einen flexiblen Flügel zu platzieren..."

Die Lehre vom Geburtstag

Ein schönes Restaurant, tolles Essen und die Freundin an der Seite - Nick Heidfeld feierte am Mittwoch in aller Ruhe in seinen 30. Geburtstag hinein. Da blieben für ihn keine Wünsche offen. "Ich lasse mich lieber überraschen", sagte er ein paar Stunden zuvor. Von seinem Teamkollegen Sebastian Vettel bekam er schon ein paar Tage eher ein Geschenk, das den jungen Landsmann nicht so glücklich machte. "Ich habe nichts weiter für ihn", sagte er am Donnerstag in Barcelona. "Der Verzicht, dass ich morgen nicht fahren kann, sollte als Geschenk reichen..."

Die Lehre von den Zielen

Es gehört in der Formel 1 zum guten Ton, dass man immer wieder seine Ziele bekräftigt, hinausposaunt und erhöht. Genau diesen Grundsatz folgte Red Bull-Boss Dietrich Mateschitz in einem Interview mit der Motorsport aktuell. Allerdings konnte nicht jeder der Argumentation folgen. "Ich konnte nicht verstehen, was er meint", sagte Mario Theissen lächelnd. "Auf der einen Seite will er uns schlagen, auf der anderen will er Fünfter werden - das passt nicht richtig zusammen." Tatsächlich: "BMW ist im Verlauf der Saison 2007 unser erklärtes Ziel!", wird Mateschitz zitiert, einen Zeilenumbruch weiter heißt es jedoch: "Unser wirkliches Ziel ist der fünfte Platz bei den Konstrukteuren; das haben wir schon vor einem Jahr angekündigt." Man kann verstehen, warum Mario verwirrt ist... Oder ist das gar die wahre Absicht hinter diesen Aussagen?

Die Lehre von der Weltrettung

Auch richtig stehen muss geübt werden..., Foto: Sutton
Auch richtig stehen muss geübt werden..., Foto: Sutton

Honda versucht die Welt zu retten, die Saison scheint schon längst verloren. Während das Kundenteam Super Aguri in Barcelona den ersten WM-Punkt der jungen Teamgeschichte einfuhr, ist die Werkstruppe in diesem Jahr noch immer ohne Zähler. Aus lauter Frust fuhren sich Jenson Button und Rubens Barrichello im Rennen auch noch gegenseitig in die Weltkugel. Aber nicht nur hier versagt der Rettergedanke: Im Zuge der eigenen Ökökampagne hat Honda vier verschiedene Tonnen zur Mülltrennung aufgestellt - allerdings werfen die Teammitglieder alles dort hinein, wo es ihnen gerade passt. Wenn sie den RA107 genauso weiterentwickeln, würde man dem Rätsel um die fehlende Performance des Autos schon viel näher kommen...

Die Lehre von den Grid Girls

In der Formel 1 muss alles stimmen - der Boden in der McLaren-Box muss funkeln, die Trucks in Bernies Paddock müssen millimetergenau parken und selbst die Grid Girls absolvieren am Samstagabend ein "Grid Girl Practice". Im Gegensatz zum Formel 1 Free Practice ist da wahrscheinlich auch noch etwas los. Dass sich die Übung lohnt, bestätigte Nico Rosberg. Er bemerkt schon, dass da in der Startaufstellung keine Schaufensterpuppen vor seinem Auto herumstehen. Mit seinen Augen bleibt er aber strikt auf dem Lenkraddisplay - "das muss ich jetzt sagen..."

Die Lehre vom Lesen

Jo Ramirez ist nicht mehr häufig im F1-Fahrerlager zu Gast, aber so viele lächelnde Gesichter wie an diesem Wochenende hat der ehemalige Teamkoordinator noch nie bei der Truppe von Ron Dennis gesehen. Aber nicht jeder hat gut lachen bei den Silbernen. In Barcelona soll Dennis drei Journalisten beim Frühstück im McLaren-Motorhome vor die Wahl gestellt haben: entweder das von Dennis ungeliebte Red Bulletin verschwindet oder sie. Am Ende siegte der Hunger...

Die Lehre vom Muttertag

Manchmal drängen sich völlig verblödete Wortspiele einfach auf. Etwa bei Magny Kuh oder dem Mutter-Tag. Denn ausgerechnet am Muttertag musste sich bei Nick Heidfelds Boxenstopp die Mutter des rechten Vorderrades gegen einen kleinen Sonntagsausflug wehren. Stattdessen blieb sie lieber zu Hause in der Nachbarbox. Dort sammelte sie ein verdutzter Toyota-Mechaniker auf. Für Nicks Freundin Patricia war der Muttertag damit auch gelaufen - und wir versprechen: jetzt ist Schluss mit den platten Wortspielen...

Die Lehre vom Pusher

Anfeuerung ohne Schimpfworte..., Foto: Sutton
Anfeuerung ohne Schimpfworte..., Foto: Sutton

Rennfahrer bekommen ganz schön was zu hören. Ständig hängen ihnen Teamchef und Renningenieur im Ohr. Nico Rosberg war nach den Anfeuerungen seines Teams, David Coulthard noch einzuholen, richtig genervt: "Ja, push, push, push. Am liebsten würde ich da zurückfunken: Was glaubt ihr, was ich tue?" Da möchten wir nicht wissen, was Heikki Kovalainen seinem Renningenieur zurückfunkte, als dieser ihn aus dem gleichen Grund mit den Worten anspornte: "You gotta push like f... anything." Da hat er gerade noch einmal gemerkt, dass er live on air war...

Die Lehre von den Problemen

Teamchefs haben ihre eigene Art von Logik und erst recht von Humor. Während Ron Dennis für letzteres weltberühmt ist, überzeugte der scheidende Toyota-Teamboss Tsutomu Tomita mit dieser Weisheit: "Das Einzige, was wir über heute sagen können, ist, dass zumindest alle Probleme zur gleichen Zeit kamen, was sehr effizient ist." So sind sie eben die Japaner - immer positiv, immer effizient. Das gilt aber auch für gute deutsche und schweizer Wertarbeit. So war auch Mario Theissen mit dem Getriebeschaden und dem Boxenstoppproblem bei Nick Heidfeld ein klein wenig zufrieden. "Das Beste daran war, dass beide Probleme am selben Auto aufgetreten sind und Robert so ein problemfreies Rennen hatte."

Die Lehre vom neuen Job

Er ist wieder da. Die Massen folgten ihm im Fahrerlager auf Schritt und Tritt, am Freitag wurde eigens eine Pressekonferenz einberufen und den Rest des Wochenendes blieb er stets im Fokus. Aber eigentlich weiß niemand, was Michael Schumacher wirklich in Barcelona oder bei Ferrari machte. Was sind seine Aufgaben? Macht er das Team auf Dinge aufmerksam oder werden ihm Fragen gestellt? "Sowohl als auch", antwortete Schumacher, ohne ins Detail zu gehen. "Meine Erfahrung kann sinnvoll sein, um einen globalen Eindruck des Geschehens zu bekommen und Tipps zu geben." Aha. "Ich sehe mir die Teamstruktur an, ich achte aber nicht auf die Fahrer. Es ist nicht meine Aufgabe, die Fahrer zu analysieren." Aber was ist seine Aufgabe? "Es gibt keinen genauen Ablauf. Diese Position hat es bei uns vorher nie gegeben, ich weiß nicht, ob es sie bei einem anderen Team schon einmal gegeben hat. Es gibt kein Schema, es ist eher dafür gedacht, dass man in Problemphasen eine unterstützende Meinung hat."

Vielleicht kann uns ja Technikchef Mario Almondo weiterhelfen. "Michael ist mit seiner Erfahrung sehr nützlich für uns", sagte der Italiener. "Er gibt uns zu jedem Thema seinen Standpunkt, der wirklich sehr nützlich ist. Natürlich können wir hier nicht näher ins Detail gehen, aber wir sind sehr glücklich, dass er da ist." Wir auch, obwohl wir immer noch nicht wissen, was er hier macht...

Die Lehre vom Weltmeister

Massa und Schumacher - Schüler und Lehrmeister., Foto: Sutton
Massa und Schumacher - Schüler und Lehrmeister., Foto: Sutton

Im Medien- und Sponsorenzeitalter der Formel 1 ist es üblich, dass die Fahrer nach einem Sieg erst einmal eine ziemlich lange Liste an Danksagungen herunterrattern. Felipe Massa fügte dieser in Barcelona brav seinen letztjährigen Teamkollegen und Mentor hinzu: "Ich möchte mich bei Michael für all die Hilfe in den vergangenen Jahren bedanken. Seine Lektionen waren mir sehr nützlich!" Zuvor war er gefahren wie der siebenfache Champion: Kompromisslos am Start, unbeeindruckt vom Feuer beim Boxenstopp und unangefochten als Sieger über die Ziellinie. Auch ein Ex-Rennfahrer sah sich bei Massas Manöver in der ersten Kurve gegen Alonso an den Deutschen erinnert: "Alonso hatte die Nase vorne und Massa sagte sich: ich fahr dir in die Karre - das scheint die alte Schumacher-Schule zu sein."