Lange Vollgas, dann hart in die Eisen, eng durch die Schikane und wieder mit Vollgas an den Bäumen entlang durch den Park. Diese Szenen spielen sich nicht bei einem Underground-Rennen ab, hier geht es um die beiden Herzstücke des Autodromo Nazionale di Monza: die Geraden und Schikanen.

Nach dem Umbau des Hockenheimrings ist Monza die letzte verbliebene echte High-Speed-Strecke im Rennkalender. Entsprechend erhalten die Teams alljährlich die Möglichkeit zwei Wochen vor dem Grand Prix ihre Low-Downforce-Pakete an Ort und Stelle zu testen; für die Zuschauer ist das nicht ganz so lustig wie für die Rennställe, denn am Freitag wird nun trotz der möglicherweise anderen Streckenbedingungen nur wenig gefahren. Die Spannung ist vier Rennen vor Saisonende dennoch ungebrochen: 12 Punkte trennen Michael Schumacher von seinem achten WM-Titel; nur 2 Punkte liegen zwischen Ferrari und Renault in der Teamwertung. Zu allem Überfluss steht am Sonntag auch noch jene Entscheidung an, auf die wir an dieser Stelle nicht noch weiter eingehen wollen; Sie wissen schon, wovon wir sprechen...

Renault: Im Feindesland

Fernando hat 12 gute Gründe für eine Titelverteidigung., Foto: Sutton
Fernando hat 12 gute Gründe für eine Titelverteidigung., Foto: Sutton

Fernando Alonso prophezeite es schon vor der Sommerpause: In Monza wird es für Renault noch einmal schwer. Allerdings nicht, weil es in der F1 tatsächlich so etwas wie einen Heimvorteil gibt - Ferrari möchte auf allen Strecken genauso gewinnen wie alle anderen auch. Dafür haben die Italiener in Monza einen anderen Vorteil: den Top-Speed. Die Hoffnung der Gelb-Blauen liegt deshalb darin, dass sie ihre Top-Speed-Werte aus der Türkei wiederholen können, dort war man nah an Ferrari dran, und dass sich ihre Testarbeiten in der letzten Woche bezahlt machen, immerhin konnte man an drei Tagen daran arbeiten das Auto an die Strecke anzupassen und vielleicht einen Weg zu finden, den Verlust der legendären Masse-Dämpfer zu kompensieren. Fernando Alonso dürfte also auch trotz seiner Schwarzmalerei zu den Favoriten zählen.

Ferrari: Nur der Doppelsieg zählt

Normalerweise zählt bei Rot nur der Sieg, an diesem Wochenende zählt jedoch nur der totale rote Doppel-Triumph. Allerdings nicht nur, weil es das Heimrennen ist, bei dem zigtausende Tifosi den königlichen Park in eine rote Fanmeile verwandeln. Seit dem doppelten Punktverlust von Istanbul benötigt Michael Schumacher wieder Schützenhilfe in der WM: Nur wenn Felipe Massa - oder ein anderer Pilot - sich zwischen den Deutschen und seinen spanischen Titelrivalen schieben kann, ist der achte Titelgewinn noch möglich. Vorsetzung ist so oder so ein Sieg: Bei noch 40 zu vergebenen Punkten könnte Schumacher also mit einem Triumph bei einem bestenfalls dritten Platz von Alonso wieder dahin kommen, wo er vor der Türkei schon einmal war: Mit drei Siegen bis Saisonende würde er dann aus eigener Kraft die WM-Krone nach Maranello holen können. In Monza sollten die Chancen der Scuderia auf alle Fälle gut sein, zwei Testbestzeiten und beeindruckende Reifenperformances von Bridgestone legen dies nahe.

McLaren: Irgendwann muss es doch klappen...

Pedro de la Rosa gibt auch in Monza für Silber Gas., Foto: Sutton
Pedro de la Rosa gibt auch in Monza für Silber Gas., Foto: Sutton

Für McLaren Mercedes gilt das gleiche Motto wie für Ferrari: Sie wollen immer gewinnen, haben es in diesem Jahr aber im Gegensatz zum Erzrivalen noch nicht geschafft. Angesichts des engen Titelkampfes sieht es derzeit nicht danach aus, als ob die Silbernen in das Duell an der Spitze und um den Sieg würden eingreifen können. Doch aufgegeben haben sie sich deswegen noch lange nicht. Das erste Ziel muss es aber sein wieder einmal beide Autos ins Ziel zu bringen, dieses Kunststück ist ihnen wegen der Unfälle von Kimi Räikkönen zuletzt nicht gelungen.

Honda: Nach oben, bitte

Seit Jenson Buttons überraschendem Regentriumph in Budapest geht es für Honda bergauf. Auch in Istanbul konnten die Weißen eine gute Leistung zeigen, die sie bei den letzten Tests bestätigten. Noch mehr Auftrieb soll ihnen das Debüt des neuen 2007er Motors geben. Ob dieser aber schon in Monza zum Einsatz kommen wird, steht noch in den Sternen. In den offiziellen Aussagen des Teams war davon jedenfalls noch nichts zu lesen. Beim Debüt zeigte sich das neue Triebwerk jedoch schon ziemlich zuverlässig: Erst nach 1.200 Kilometern streikte der V8 von Rubens Barrichello. Andererseits ist Monza natürlich ein heißes Pflaster, um einen neuen Motor debütieren zu lassen.

Toyota: Nummer 5 gibt nicht auf

Ricardo Zonta könnte seine letzten Testkilometer in Weiß und Rot absolviert haben., Foto: Sutton
Ricardo Zonta könnte seine letzten Testkilometer in Weiß und Rot absolviert haben., Foto: Sutton

Honda ist außer Reichweite aber Platz 5 der Konstrukteurswertung liegt für Toyota im Bereich des Möglichen. Allerdings haben die Köln-Marsdorfer derzeit nur zwei Punkte Vorsprung auf BMW Sauber. Umso wichtiger wird es ab sofort konstant in die Punkteränge zu fahren. Dieses Kunststück gelang den Weiß-Roten bislang nur allzu selten. Überhaupt lief immer etwas schief, wenn es danach aussah, dass Toyota den Sprung auf das Podium oder zumindest in dessen Nähe schaffen könnte. Vielleicht ist es für Ralf Schumacher und Jarno Trulli ja in Monza soweit.

BMW Sauber: Ein weiß-blaues Trio

Auch in Monza wird BMW Sauber wieder zu dritt zu Werke gehen: Neben den beiden Stammpiloten darf Sebastian Vettel seinen zweiten Freitag bestreiten. Bei den Tests in der letzten Woche sammelte er genügend Erfahrung im Auto, um noch besser gerüstet zu sein als bei seinem sensationellen Debüt in der Türkei. Nick Heidfeld und Robert Kubica möchten hingegen die Nullnummer vom Istanbul Speed Park vergessen machen, für den Polen geht es sogar um seine allerersten WM-Punkte. Da er als Junge in Italien lebte und dort Kartrennen bestritt, wäre sein halbes Heimrennen in Monza ein passender Augenblick dafür.

Red Bull: Aasgeier oder doch nicht?

1, 0, 1, 0, 0, 0 - Das ist nicht der Binärcode der RBR-Traktionskontrolle. Stattdessen sind dies die WM-Punkte, die Christian Klien und David Coulthard in den ersten sechs Saisonrennen einfuhren. Da sich diese Zahlenfolge bis zum 14. Saisonlauf, von einigen Ausreißern abgesehen, genauso fortsetzte, wird schnell klar, warum Coulthard sein Team als die Aasgeier der Formel 1 bezeichnet. Nur in Istanbul und Monaco gab es in der Addition beider Fahrer mehr als zwei Punkte auf einmal. Viel besser dürfte es, trotz Ferrari-Power, auch in Monza nicht werden.

Williams: Der große Aufschwung?

Nico brennt auf Punkte., Foto: Sutton
Nico brennt auf Punkte., Foto: Sutton

Nürburgring. Ja, das nächste Rennen findet in Monza statt. Aber beim Großen Preis von Europa auf dem Nürburgring holte das Williams Team zum letzten Mal WM-Punkte - das sind satte neun Rennen ohne einen einzigen Zähler! Das erfolgreichste Team der 90er Jahre ist da ganz andere Serien gewohnt, welche bei denen nicht punktelose Rennen, sondern Siege gezählt wurden. Aber es gibt Hoffnung: Bei den Tests in Monza waren Mark Webber und Nico Rosberg schnell unterwegs. Neben dem Auto scheint vor allem der Bridgestone-Reifen auf dieser Strecke hervorragend zu funktionieren. Vielleicht hilft das ja die Punkteflaute zu beenden.

Toro Rosso: Der einsame Punkt

Williams hat seit neun Rennen nicht gepunktet, Toro Rosso hat hingegen nur in einem Rennen gepunktet. Bis auf den Zähler von Tonio Liuzzi in den USA ist das Jungbullen-Konto leer. Auf dem Power-Kurs in Italien dürfte das wohl so bleiben: Denn mit den limitierten V10 aus dem Hause Cosworth dürften Scott Speed und Tonio Liuzzi auf der High-Speed-Strecke nicht viel erben können. Schließlich beschwerten sie sich ja schon bislang darüber, dass sie auf den Geraden viel zu wenig PS hätten.

Midland: Eine glatte Null

Midland kämpft weiter um den Anschluss., Foto: Sutton
Midland kämpft weiter um den Anschluss., Foto: Sutton

Noch schlechter als STR steht MF1 da: Obwohl ihr Kürzel eine "1" enthält, haben sie noch 0 Punkte auf ihrem Konto. Der Italien GP sollte an dieser Tatsache nur wenig ändern. Wenigstens können Tiago Monteiro und Christijan Albers auf die Power und die Zuverlässigkeit des Toyota-Achtzylinders bauen, andererseits hatte Albers an den letzten drei Rennwochenenden in Folge jeweils einen Motorschaden. Für einen Überraschungszähler müsste er diese Negativ-Serie endlich einmal durchbrechen.

Super Aguri: Von Manama bis Istanbul - die 0 steht

Noch vier Rennen haben Takuma Sato und Sakon Yamamoto Zeit, um die Debütsaison ihres Teams mit einem Wunderpunkt zu schmücken. Rechnen kann, darf und wird man damit aber wohl kaum. Zumindest die Lücke bis zum härtesten Konkurrenten Midland schien aber bei den letzten Rennen zu schmelzen. Wenn Sato und Yamamoto diesen Trend fortsetzen können, ist die Ehre der Japaner gerettet - und das ist für sie sicherlich noch wichtiger als ein glücklicher erster WM-Punkt.