Eigentlich spielten alle Umstände beim Großen Preis von Australien Charles Leclerc in die Karten. Max Verstappen verabschiedete sich das erste Mal seit 43 Rennen durch einen Bremsschaden vorzeitig vom Geschehen, Sergio Perez war bei weitem nicht bei der Musik und Carlos Sainz war nach seiner Blinddarm-OP vor zwei Wochen ebenfalls noch nicht wieder bei 100 Prozent. Dennoch musste sich das Ferrari-Juwel am Ende erneut mit dem zweiten Platz begnügen.

Stattdessen durfte Leclercs Teamkollege Sainz jubeln. Der Spanier führte, nachdem er Verstappen in Runde zwei den ersten Platz abnahm, das Rennen ungefährdet an und fuhr seinen dritten Karrieresieg souverän nach Hause. "Carlos hatte ein unglaubliches Wochenende, nachdem er von seiner Operation zurückgekommen ist. Er ist ein unglaubliches Rennen gefahren", erkannte Leclerc die Leistung seines Teamkollegen neidlos an.

Leclerc gesteht ein: Sainz in Australien einfach besser

Leclerc ging nach dem Rennen mit sich selbst hart ins Gericht. "Nicht wirklich", antwortete er auf die Frage, ob er während des Rennens das Gefühl gehabt habe, um den Sieg kämpfen zu können. Dem Ferrari-Fahrer war es nach eigener Aussage nach dem ersten Boxenstopp klar, dass er im Kampf um den Sieg wohl keine Aktien haben würde. "Carlos war sehr schnell und ich hatte Probleme mit meinen Reifen. Er hat das ganze Wochenende einen besseren Job gemacht als ich."

Die Laune ließ sich Leclerc von der Niederlage allerdings nicht vermiesen. Er freute sich für sein Team, das seit dem Großen Preis von Bahrain im Jahr 2022 das erste Mal wieder ein Rennen auf den ersten beiden Plätzen beendete. In Australien ist der Scuderia dieses Kunststück fast 20 Jahre lang nicht gelungen. 2004 holten Michael Schumacher und Rubens Barrichello den letzten Doppelsieg für Ferrari 'Down Under'. "Das Resultat ist enorm wichtig für das ganze Team", sprach Leclerc.

Auch gegen Sainz, der Ferrari am Ende der Saison verlassen wird und 2025 noch keinen Stammplatz innehat, hegte Leclerc keinen Groll. "Er hat einen besseren Job gemacht, vom Qualifying bis zum Rennen. Er hat sich diesen Sieg auf jeden Fall verdient und ich freue mich sehr für ihn. Meine Glückwünsche an Carlos, er war von Anfang an vorne mit dabei", sagte Leclerc.

Nach Fehler im Qualifying: Hat Leclerc den Sieg hergeschenkt?

Zwei Rennen wurden vor dem Australien GP ausgetragen, bei beiden teilte sich Leclerc die erste Startreihe mit Max Verstappen. Doch in Australien reichte es nach einem Fehler im Qualifying nur für Startplatz vier, und das auch nur, weil Sergio Perez eine Strafe bekam. Profiteur des Leclerc-Fehlers war Sainz, der aus der ersten Startreihe losfahren konnte und nach dem frühen Ausfall Verstappens frei Fahrt hatte.

Leclerc hingegen hatte vor allem im ersten Stint noch alle Hände voll damit zu tun, sich von den McLaren-Piloten Lando Norris und Oscar Piastri zu lösen. Ein Undercut nach den ersten Boxenstopps schob den Monegassen schlussendlich an den McLarens vorbei. Eine gute Ferrari-Strategie. Bis zum Schluss konnte Leclerc die Papaya-Boliden auf Distanz halten und bestätigte damit die gute Pace des SF-24 aus den Trainingseinheiten. Hätte der Monegasse ohne den Fehler im Qualifying und eine bessere Startposition gewinnen können?

Ferrari-Teamfeier mit Frederic Vasseur, Sieger Carlos Sainz Jr. und Charles Leclerc
Großer Erfolg für die Scuderia, Foto: LAT Images

Leclerc selbst verneinte das. "Ich muss einfach besser sein", erklärte er. "Ich denke, im Qualifying gestern war ich nicht gut genug. Im zweiten Stint heute, im ersten Hard-Stint, hatte ich nach dem [Virtuellen] Safety Car vorne links ziemlich viel Graining. Der letzte Stint war wirklich gut, aber es war nicht genug. Carlos war an diesem Wochenende einfach besser."

Vor allem das letzte Drittel des GP bestätigte die Aussagen Leclercs. Selbst als beide Ferraris freie Fahrt hatten, konnte Sainz an der Spitze die Lücke mit Leichtigkeit halten. In den Schlussrunden klagte der Spanier über ein paar Probleme mit dem Auto, wodurch Leclerc den Rückstand auf gut drei Sekunden noch einmal verkürzen konnte, und was das wahre Leistungsbild etwas verzerrte. Das VSC, ausgelöst durch den Crash von George Russell, tütete in der vorletzten Runde den Sainz-Sieg endgültig ein. Der Spanier ließ seinen Teamkollegen sogar noch für ein schönes Siegerfoto an sich heranfahren.