Die Formel 1 steht für Topspeeds von weit über 300 km/h, und für schwindelerregende Kurvengeschwindigkeiten. Doch nicht minder wichtig ist es, dass man die Boliden der leistungsstärksten Rennserie der Welt auch abgebremst bekommt. In etwa 1,5 Sekunden kann ein modernes Formel-1-Auto von einer Geschwindigkeit von 100 Km/h zum Stehen kommen. Selbst die bremsstärksten Straßenautos brauchen etwa doppelt so lange.

Der wohl bedeutendste Name in dieser Hightech-Disziplin in der Königsklasse ist Brembo. Der Bremsenhersteller aus Italien pflegt eine lange Motorsport-Tradition und beliefert seit den 70er-Jahren die Formel 1. Gerade einmal 29 Kilometer Luftlinie trennen die Gründungsstätte des Unternehmens am gleichnamigen Fluss und den königlichen Park von Monza. Der Einstieg in den Motorsport war also eine logische Konsequenz.

F1-Bremsen: Spezial-Design für jedes Team

Heute thront im "Kilometro Rosso" der ganze Brembo-Stolz wenige Kilometer nach Bergamo neben der A4, also direkt an der Hauptverkehrsroute in Richtung Monza. In dem 7.000 Quadratmeter großen Werk ist auch die Performance-Abteilung beheimatet, die aus 200 Mitarbeitern besteht und für die Hochleistungsprodukte der MotoGP, der WEC und vor allem der Formel 1 verantwortlich ist.

Von hier aus werden neun von zehn Formel-1-Teams mit Bauteilen für die Bremsanlagen beliefert. Wenn man die britische Tochtergesellschaft AP Racing, die McLaren mit Bremszangen ausstattet, dazurechnet, dann ist 2023 in sämtlichen Rennställen der Königsklasse Brembo-Technologie mit an Bord.

Ferrari bezieht sein komplettes Bremssystem von Brembo, Foto: LAT Images
Ferrari bezieht sein komplettes Bremssystem von Brembo, Foto: LAT Images

Wie viel davon in einem F1-Auto steckt, unterscheidet sich von Team zu Team. Ferrari und die beiden Kundenteams Haas und Alfa-Sauber erhalten jeweils das gesamte Brems-System aus Curno. Andere Teams kaufen nur einzelne Komponenten. Im Unterschied zur Langstrecken-WM oder zur MotoGP gibt es so etwas wie ein Einheitsprodukt dennoch nicht und das, obwohl es sich inzwischen um Open-Source-Komponenten handelt.

Jedes Formel-1-Team verfügt über ein eigenes Design, das sich in die restliche Fahrzeug-Philosophie eingliedert. Brembo Formel-1-Marktmanager Andrea Algeri erklärt: "Es handelt sich um eine Art Co-Design aus unserer Erfahrung und den Vorgaben der Teams."

So lange dauert die Produktion einer Formel-1-Bremse

Der gesamte Herstellungsprozess einer einzelnen Bremse für die Königsklasse dauert beinahe ein halbes Jahr. Nach ein bis zwei Monaten Designarbeit benötigt die Produktion bis zur Fertigstellung des Endproduktes weitere drei bis vier Monate. Der Designprozess für 2024 befand sich im September also bereits auf der Zielgeraden. Im Januar erhalten die Teams ihre neuen Komponenten.

Wie viele Bremsen ein Rennstall in einem Jahr benötigt, unterscheidet sich ebenfalls zwischen den einzelnen Rennställen. Topteams verbrauchen etwa 50 bis 60 Karbon-Bremsscheiben und Bremsbeläge pro Rad in einer Saison, wohingegen kleinere Rennställe mit 35 bis 40 Sätzen davon auskommen. Was die Bremszangen angeht, liegen die Topteams bei zehn bis zwölf Einheiten pro Jahr, die kleineren Teams bei acht bis zehn.

Die Entwicklung der Bremssysteme stagniert allerdings in den letzten Jahren etwas und macht nur langsam Fortschritte. Die Teams fordern zwar Gewichtsersparnisse, doch das enge Regelkorsett, in dem etwa Bremszangen aus Aluminium oder die Größe der Kühllöcher vorgeschrieben sind, lässt das nur noch vereinzelt zu. "In den letzten Jahren haben wir eine Art Plattform erreicht, sodass wir falls wir etwas Masse einsparen auch automatisch an Steifheit verlieren", beschreibt Algeri das Problem.

In Kombination mit dem Budget Cap bedeutet das, dass der Trend eher dahin geht, Kosten einzusparen, anstatt noch ausgefallenere Lösungen in Angriff zu nehmen, die einen relativ kleinen Performance-Gewinn versprechen. Dennoch liegt der Preis bei stattlichen 20.000 bis 30.000 Euro für einen kompletten Bremssatz. Dazu kommen aber noch weitere Dienstleistungen, wie etwa die Entwicklungskosten und der Service an der Strecke. Ein Schnäppchen sind die F1-Bremsen also definitiv nicht. Aber das ist ja Standard im Milliardenzirkus Formel 1.

Dieser Artikel erschien in Ausgabe 93 unseres Print-Magazins. Am Ende des Jahres veröffentlichen wir traditionell einen kleinen Teil unserer Print-Artikel kostenfrei auf der Website. Bestelle das Motorsport-Magazin direkt auf unserer Webseite.