Toto Wolff hat genug: Schluss mit schlechten Mercedes-Boxenstopps

Die Statistik lügt nicht. Seit bald zwei Jahren hat Mercedes ein ernstes Problem mit Formel-1-Boxenstopps. Nach einem weiteren Rennen mit zwei Stopps zum Vergessen bei Lewis Hamilton ist nun die Schmerzgrenze erreicht. Teamchef Toto Wolff kündigt Änderungen an, und erklärt, warum man es so lange akzeptierte.

Boxenstopps der Top-3 in Austin

Die Austin-Statistik zeigt ein düsteres Bild. In beiden Boxenstopp-Sequenzen kostete Mercedes' Boxencrew Hamilton in seinem Kampf gegen Max Verstappen und Lando Norris Zeit. Ein ergänzender Vergleich mit dem Saison-Schnitt illustriert das Problem noch deutlicher. Es sind nicht negative Ausreißer, die Mercedes zu schaffen machen. Es ist die Gesamt-Performance. Verstappens zweiter Stopp in Austin war mit 3,39 Sekunden schon ein deutlicher negativer Ausreißer für das Team. Trotzdem war er schneller als beide Hamilton-Stopps.

Wolff: Wir brauchten nicht Boxenstopp-Weltmeister sein

"Unser Mindset in den letzten 12 Jahren war, dass wir keine Boxenstopp-Weltmeister sein müssen, aber wir müssen sehr langsame Stopps vermeiden", erklärt Toto Wolff am Sonntag nach Austin den Zugang. An und für sich vernünftig. Es ist dem Fahrer und der Strategie-Abteilung mehr geholfen, wenn man etwas Zeit aufgibt und dafür verlässlich fehlerlos ist. Jahrelang war Mercedes unauffällig, aber in den Gesamt-Statistiken stets im oberen Mittelfeld.

Eine schöne Idee, die in der Praxis überholt ist: "Wir sind jetzt in einer Situation, wo wir realisiert haben, dass so ein starker Wettbewerb entstanden ist, dass wir nachlegen müssen." Red Bull war in den vergangenen Jahren der Katalysator. Die Weltmeister gewinnen jedes Jahr seit 2018 den 'DHL Fastest Pit Stop Award' der Formel 1 nicht nur mit Rekord-Stopps. Sie machen auch keine Fehler.

Red Bulls straffer Drill weckte die Konkurrenz auf. Von 2020 auf 2021 begann Ferrari, im immer größeren Stil Ressourcen, Training und neue Manpower in Boxenstopps zu stecken. 2022 folgte McLaren dem gleichen Trend. Diese drei Teams sind jetzt die Benchmarks. Sie stoppen deutlich schneller als Mercedes, bei einer Fehlerquote, die bei Red Bull die kleinste im Feld ist, und bei Ferrari und McLaren noch immer mit Mercedes vergleichbar, wie die Aufschlüsselung der Stopps in der nächsten Grafik zeigt.

Mercedes, das unterstreicht diese Grafik, ist fundamental langsam. Nur einen einzigen Stopp im Jahr 2023 unter 2,5 Sekunden zu absolvieren und eine durchschnittliche Standzeit von über 3 Sekunden vorzuweisen ist gelinde gesagt ein Desaster. Verschlimmert wird es dadurch, dass ausgerechnet die direkten Konkurrenten die Stopp-Meister sind. Im Saison-Schnitt verliert Mercedes so pro Stopp über eine halbe Sekunde auf Red Bull. Das ist weit über jenen Punkt hinaus, an man dem es mit "langsam und sicher" rechtfertigen kann.

Mercedes-Konkurrenz immer schneller und sicherer

Noch schlimmer für Mercedes ist, wie stark die Konkurrenz nachbessert. Der Jahres-Schnitt von Red Bull und McLaren hat sich seit 2022 um ungefähr 3 Zehntel verbessert, der von Ferrari um 2 Zehntel. Mercedes? 0,3 Zehntel. Die Spitze verdeutlicht, was geht. Und Stagnation ist in der Formel 1 bekanntlich nur ein Weg zur Niederlage. Erst recht, wenn sich die Regeln nicht ändern.

Die Top-Stopper haben so die alten Standzeiten erreicht, die vor der Einführung von neuen Regeln und 18-Zoll-Felgen erreicht wurden. McLaren stellte in Katar mit 1,8 Sekunden eine neuen Boxenstopp-Weltrekord auf.

"Deshalb werden wir in Sachen Equipment und Wissenschaft drumherum einen Schritt machen", kündigt Wolff jetzt an. "Um diese Stopps von drei, dreieinhalb Sekunden zu vermeiden. Weil das heute alles eine Rolle gespielt hat." Hamilton kam in Austin 2,225 Sekunden hinter Max Verstappen ins Ziel. Davon verlorene Zeit in der Box? 1,13 Sekunden.