1. - S wie Startaufstellung

Wir hatten die Hoffnung schon fast aufgegeben, doch am 15. Rennwochenende der Saison ist es tatsächlich passiert. Zum ersten Mal in diesem Jahr hatten die Dominatoren von Red Bull mit dem Kampf um die Pole Position nichts zu tun. Seriensieger Max Verstappen geht ganz ohne Strafen tatsächlich nur von Startplatz elf ins Rennen. Statt des Weltmeisters findet sich Ferrari-Pilot Carlos Sainz als Pole-Sitter in der Favoritenrolle wieder. Dem Spanier sitzen Mercedes-Pilot George Russell und Teamkollege Charles Leclerc im Nacken.

Die Top-10 des Grids sind an Überraschungspotential wirklich nicht zu überbieten. Sieben Teams schafften es unter die ersten Zehn, darunter die Haas-Teamkollegen Kevin Magnussen und Nico Hülkenberg sowie AlphaTauri-Rookie Liam Lawson. Sie alle werden beim Nachtrennen in Singapur ihre Chance wittern und haben dabei sowohl Verstappen als auch dessen Red-Bull-Teamkollegen Sergio Perez im Nacken. Der Mexikaner kam nicht über Startplatz 13 hinaus. Ebenfalls Druck nach vorne dürften Tsunoda und Piastri machen, die im Qualifying beide deutlich hinter den eigenen Möglichkeiten zurückblieben.

2. - S wie Start

Auf den ersten Metern entscheidet allein die Traktion, denn von der Pole Position sind es nur 196 Meter bis zur ersten Kurve. Die Reifenwahl kann hier für den entscheidenden Vorteil sorgen, um die auf dem Stadtkurs wichtige Track Position zu erlangen. Hinter Sainz dürften einige Fahrer diese Chance nutzen wollen. Vor allem Leclerc, der bereits ankündigte, seinen Teamkollegen an der Spitze nicht entkommen lassen zu wollen. Dafür muss er aber erstmal einen Weg vorbei an Russell finden.

Das führt uns zur Problematik der Startphase in Singapur. Die kurze Anfahrt auf die erste Kurve gepaart mit der darauffolgenden Links-Rechts-Links-Passage samt üppiger Auslaufzone waren in der Vergangenheit eine Einladung zu übermotivierten Manövern. Zwischen 2016 und 2018 krachte es auf den ersten Metern jedes Mal. Sollte es am Sonntag tatsächlich regnen, erhöht dies das Risiko ungemein, zumal dieses Wochenende noch kein Fahrer bei nassen Bedingungen unterwegs war.

3. - S wie Schweißarbeit

Das Nachtrennen von Singapur ist trotz des Starts am Sonntagabend um 20:00 Uhr Ortszeit eine echte Hitzeschlacht. Selbst bei Dunkelheit steht das Thermometer in der südostasiatischen Metropole noch bei 30 Grad Celsius. Das alleine ist aber noch nicht die größte Herausforderung für die Fahrer. Das tropische Klima mit einer Luftfeuchtigkeit von rund 80 Prozent stellt die Kondition der Athleten auf eine harte Probe. Dazu kommt, dass der Singapur GP zu den längsten Rennen im Kalender zählt und nicht selten die maximale Dauer von zwei Stunden ausschöpft.

Die Fahrer verlieren bei über 60 Grad Celsius im Cockpit bis zu vier Kilogramm an Körpergewicht. Diesen Sonntag könnte es für sie noch schwieriger werden. Nachdem es an den ersten beiden Veranstaltungstagen trocken war, droht für das Rennen tatsächlich Regen. Die Wahrscheinlichkeit für Gewitterschauer beträgt im Verlauf des Tages mehrfach bis zu 50 Prozent. In der Saison 2017 startete die Formel 1 in Singapur schon einmal auf nasser Strecke. Nach zwei Stunden sahen nur zwölf Fahrer die Zielflagge.

4. - S wie Strategie

Pirelli hat für das Wochenende in Singapur die drei weichsten Mischungen aus dem Sortiment aufgefahren. Der C5-Reifen dürfte am Sonntag kaum zum Einsatz kommen. Für den Traktionsvorteil am Start könnte der eine oder andere Fahrer darauf setzen, doch allzu lange dürfte der Soft-Reifen nicht halten. Pirelli hat eine Einstopp-Strategie als schnellste Variante für die Renndistanz von 62 Runden errechnet. Nach einem Stint von etwa 20 Runden auf dem Medium-Reifen, soll der Hard-Compound bis zur Zielflagge halten.

5. - S wie Safety Car

Alle diese Überlegungen über den Haufen werfen kann und wird zu einhundertprozentiger Wahrscheinlichkeit eine Safety-Car-Phase. Seit der Erstausgabe des Singapur GP gab es 23 Neutralisierungen. Bisher gab es noch keine Ausgabe des Rennens, in der Bernd Mayländer nicht mit dem Führungsfahrzeug ausrücken musste. Wie schnell einen die Mauern des Marina Bay Street Circuit erwischen, bekam am Samstag Lance Stroll zu spüren.

Der Kanadier verlor auf seiner letzten Qualifyingrunde am Außenkerb von Kurve 18 die Kontrolle über seinen Aston Martin und schlug frontal in die Streckenbegrenzung ein. Der Aufprall mit weit über 200 km/h schleuderte das Auto zurück in die Mitte der Strecke. Der Crash zog eine lange Reparaturpause nach sich, um die Tecpro-Barrieren zu reparieren. Eine rote Flagge ist also auch im Grand Prix nicht auszuschließen.

6. - S wie Strecke

Der Marina Bay Street Circuit war seit der Premiere im Jahr 2008 eines der Highlights im Formel-1-Kalender. In den Jahren 2019 und 2020 fiel der Grand Prix in der Stadt der Löwen aufgrund der weltweiten Krisensituation aus. Beim Comeback fanden sich Routiniers im Feld schnell wieder zurecht, denn das Layout blieb über die Pause unverändert. Für die Fahrer ist es aufgrund der geographischen Lage eines der anstrengendsten Rennen des Jahres. Hohe Luftfeuchtigkeit, Hitze, Bodenwellen sowie die Fahrt bei Dunkelheit und Flutlicht stellen hohe Anforderungen an Ausdauer und Konzentration.

In Kombination mit den hohen Durchschnittsgeschwindigkeiten und den nahe stehenden Mauern werden kleine Unachtsamkeiten in Singapur gnadenlos bestraft. Für 2023 wurde die Rennstrecke modifiziert und auf 4,940 Kilometer verkürzt. Im letzten Sektor entfielen vier Kurven, wodurch eine neue Gerade geschaffen wurde. Diese verfügt zum Unmut der Fahrer allerdings nicht über eine DRS-Zone, womit es bei den drei bestehenden DRS-Bereichen bleibt. Diese befinden sich auf der Start- und Zielgeraden, zwischen den Kurven fünf und sieben sowie zwischen den Turns 13 und 14.

7. - S wie Sieger

Erst in Monza wurde Verstappen mit dem zehnten Triumph in Folge zum alleinigen Rekordhalter für die längste Siegesserie in der Formel 1. Diesen Rekord weiter auszubauen, wird für den Niederländer in Singapur eine Mammutaufgabe. Red Bull fehlte über das gesamte Wochenende die Pace für die Spitze. Für den Niederländer bedeutet das auch, dass er die Stadt der Löwen auf seinem Eroberungsfeldzug wahrscheinlich wieder nicht abhaken kann. Tatsächlich hat der 47-fache Grand-Prix-Sieger dort bisher noch nicht gewonnen.

Rekordsieger ist nach wie vor Sebastian Vettel mit fünf Erfolgen. Gleich dahinter folgt Lewis Hamilton, der im Mercedes zweifelsohne die Chance hat, mit seinem ehemaligen Rivalen gleichzuziehen. Das Auto scheint siegfähig, doch bisher nutzt nur Russell das Potential aus. Für Hamilton wäre es ein Befreiungsschlag, denn der Rekordweltmeister wartet seit Saudi-Arabien 2021 auf seinen 104. Grand-Prix-Sieg.

Die Favoritenrolle hat nach starken Auftritten in allen Sessions zweifelsohne Ferrari inne. Sainz ist momentan in Bestform und droht, Wunderkind Leclerc zu entzaubern. Die Teamkollegen lieferten sich erst kürzlich in Monza einen erbitterten Kampf um das letzte Podium beim Heimrennen der Tifosi. Die Chance auf den ersten und vielleicht einzigen Ferrari-Sieg der Saison wird sich keiner der beiden nehmen lassen wollen. (Formel 1 live aus Singapur: News von heute im Ticker)