Ferrari war bisher in dieser Formel-1-Saison viel Kritik ausgesetzt. Nur an vereinzelten Rennwochenenden konnte die Scuderia Red Bull an der Spitze das Leben schwer machen. Ausgerechnet beim Heimspiel in Monza grüßt ein Roter nach dem Qualifying wieder von der Spitze und nährt die Hoffnungen der Tifosi auf den ersten Heimsieg seit 2019.

Carlos Sainz bejubelte am Samstag frenetisch seine vierte Pole Position in der Königsklasse. Einen Tag nach seinem 29. Geburtstag stach Sainz nicht nur Red-Bull-Weltmeister Max Verstappen aus, sondern stellte auch seinen Teamkollegen Charles Leclerc in den Schatten. Eine ungewöhnliche Reihenfolge im Ferrari-Camp, denn für den Großteil der Saison war das Qualifying eine Angelegenheit für den Monegassen.

Monza-Qualifying: Carlos Sainz besiegt Verstappen und Leclerc

Sainz schob die Ferrari-Performance am Samstag vor allem auf die Effizienz seines Boliden. Es bestätigte sich der Trend aus Baku und Spa: Sobald Highspeed eine große Rolle spielt und mit wenig Flügel gefahren wird, muss man mit Ferrari rechnen. Außerdem passte in Monza die Abstimmung von Anfang an. "Seit wir das Auto in FP1 auf die Strecke gebracht haben, hat es sich komplett anders angefühlt als noch in Zandvoort", erklärte Sainz.

Die Monza-Pole kam nicht von ungefähr. In allen drei Trainings-Sessions landete Sainz vor seinem Teamkollegen, FP2 und FP3 beendete er auf der ersten Position. "Die Balance war heute sehr gut und ich fühlte mich wohl im Auto", führte er weiter aus.

Der Madrilene glaubt, dass er Startplatz 1 vor allem an zwei Stellen herausgeholt habe. "In der Ascari-Schikane und in der Parabolica konnte ich den Unterschied machen. Wenn es darauf ankam, nahm ich dort mehr Risiko", so Sainz. Die Datenanalyse gibt ihm allerdings nur teilweise recht. Durch die Ascari-Schikane konnte er deutlich mehr Schwung mitnehmen als Leclerc und erwirtschaftete sich dort einem Zeitgewinn von 0,08 Sekunden.

Polesetter Carlos Sainz Jr. im Parc Ferme
Carlos Sainz bejubelt die Pole Position in Monza, Foto: LAT Images

Vor allem aber gewann Sainz auf sämtlichen Geraden leicht auf das Duo. Ob das setup-bedingt ist oder aufgrund von Windschatten zustande kam, lässt sich nur schwer kalkulieren. Im Gegensatz zu Leclerc und Verstappen, die einen Puffer von etwa zehn Sekunden vor sich hatten, war Sainz mit fünf Sekunden Abstand an dem Niederländer dran und konnte so möglicherweise von Windschatten profitieren.

Man rechnet mit der neuen Regel-Generation damit, dass ein Abstand von drei bis vier Sekunden ideal sei, um den Windschatten bestmöglich zu nutzen. In der Parabolica verlor Sainz entgegen seiner eigenen Wahrnehmung sogar Zeit auf Verstappen als auch auf Leclerc und büßte damit seine Pole beinahe noch ein.

Gewinnt Ferrari in Monza? Sainz und Vasseur zweifeln

Doch bei aller Euphorie über die Pole Position bleibt Sainz realistisch, was die Aussichten für das Rennen angeht. Denn auf eine Runde Red Bull zu besiegen gelang dem SF-23 in diesem Jahr bereits, im Renntrimm war der RB19 aber immer noch eine Macht für sich. "Red Bull hatte in diesem Jahr immer eine bessere Rennpace als wir", gab er zu bedenken.

Auch Teamboss Frederic Vasseur sieht Verstappen als Favorit. Im Sky-Interview nach dem Qualifying gab er sich zuversichtlich, mahnte aber: "Jetzt müssen wir an das Rennen denken, das ist das Wichtigste, nicht die Qualifikation". Verstappen sieht er außer Reichweite. "Wir müssen ruhig bleiben und ein Podium für Sonntag anpeilen", formulierte er sein Ziel.

Doch so ganz will Sainz die Hoffnung nicht aufgeben, dass man irgendwie auch im Rennen Verstappen hinter sich halten kann. "Realistisch gesehen ist Red Bull schneller, aber wir werden als Team alles geben, um ihnen das Leben so schwierig wie möglich zu machen und versuchen diesen Sieg einzufahren." Hier im Formel-1-Liveticker aus Monza gibt es heute alle News, Infos und Stimmen.