In Zandvoort noch auf dem Podium, in Monza mit beiden Autos im Q1 raus. Für Alpine drehte sich der Wind in der Formel 1 innerhalb von einer Woche um 180 Grad. Das Qualifying für den Italien GP am Sonntag zeigte mit dem Ausscheiden beider Fahrer in der ersten Runde die eklatanten Defizite des Alpine-Motors auf. Pierre Gasly hatte nichts anderes erwartet und nimmt den 17. Platz zähneknirschend hin. Teamkollege Esteban Ocon hatte hingegen noch Hoffnung, doch der Realität konnte auch er sich in einer für ihn turbulenten Session nicht entziehen.

"Wir kannten unsere Schwächen, bevor wir hierher kamen und wussten vom ersten Training an, dass sie sich hier stärker bemerkbar machen. Wir haben versucht, darauf zu reagieren, in dem wir unser Paket optimieren, aber es war immer noch nicht genug", so Gasly, der vergangenen Sonntag in den Niederlanden sensationell zu Platz drei gefahren war. Von diesen Sphären war der Franzose im Zeittraining in Monza weit entfernt. Im Q1 büßte er eine knappe Sekunde auf die Bestzeit von Weltmeister Max Verstappen ein. Auf den rettenden 15. Platz fehlten ihm zwei Zehntelsekunden.

Die Hauptursache ist die Power Unit von Alpine. Im Sommer machte sich der französische Hersteller für eine Angleichung der Motoren per Reglement stark, nachdem ein Leistungsdefizit von rund 30 PS gegenüber Mercedes, Honda und Ferrari gemutmaßt wurde. In Monza waren Ocon und Gasly in den Trainings im hinteren Drittel der Geschwindigkeitsmessungen zu finden. Besonders in der Beschleunigungsphase büßten beide Fahrer auf die Konkurrenz ein. Schon bei der Messung auf der Start- und Ziellinie waren Ocon und Gasly bis zu 7 km/h langsamer als der Bestwert von Williams-Fahrer Alex Albon.

Alpine von Motorleistung und Reifenregel ausgebremst

Gasly versucht gar nicht erst, die Situation schönzureden. "Monza war für uns mit den langen Geraden von vornherein das härteste Wochenende des Jahres, und es ist eindeutig der Fall. Wir hatten erwartet, im Q1 rauszufliegen", so der 27-Jährige. "Es könnte kaum schwerer sein, das zu akzeptieren. Aber wenn wir objektiv darauf schauen, muss uns das die Richtung für die nächste Saison vorgeben, wie wir an solchen Strecken herangehen wollen."

Die Nachteile von Alpine wurden darüber hinaus von der an diesem Wochenende eingesetzten alternativen Reifenzuteilung verstärkt. Im Q1 mussten alle Piloten per Reglement mit dem harten Compound fahren. "Auf dem weichen Reifen war ich zufrieden, auf Medium war ich zufrieden aber mit dem harten war die Balance viel schlechter", sagt Gasly, der an sich kein Problem mit der Regel hat. "Eigentlich mag ich die Tatsache, dass es etwas unvorhersehbarer ist. Andererseits gefällt es mir nicht, im Training nur vier statt sechs Reifensätze zu haben und kaum repräsentative Rundenzeiten zu fahren."

Doch selbst die freie Reifenwahl und der Einsatz des Soft-Compounds hätte Alpine an diesem Samstag seiner Ansicht nach nicht vor dem frühen K.o. gerettet. "Wenn wir auf das GPS schauen, ist sehr klar, wo wir die Zeit verlieren", stellt er klar. "Der Reifen ist hier dieses Wochenende nicht unser Problem. Uns fehlt einfach die Geschwindigkeit und das ist das ehrliche Fazit."

Reality Check für Ocon

Sein Teamkollege landete im Qualifying nur drei Tausendstelsekunden hinter ihm auf Platz 18. Allerdings hatte Esteban Ocon trotz der schwierigen Vorzeichen zumindest die Möglichkeit gesehen, es weiter zu bringen. "Ich hatte es mir nicht so schwierig vorgestellt. Ich dachte, wir könnten wenigstens ins Q2 und dort vorne mitkämpfen, aber die Realität war heute, dass viele Autos schneller waren", so der Franzose, für den die 18-minütige Session verhältnismäßig ereignisreich verlief.

Zu Beginn kam er vor der Parabolica dem von hinten herannahenden Norris in die Quere, als er sich hinter einem Ferrari für den Windschatten positionierte. Ocon übersah den Briten und lenkte ihm um ein Haar ins Auto, als dieser ihn innen vor der letzten Kurve überholte. Die Rennleitung notierte die Szene, leitete aber keine Untersuchung ein. Ocon hätte alles andere auch gewundert: "Mit der Mindestrundenzeit war klar, dass es eng wird. Ich schätze, ihm ging die Zeit aus und er entschied, vor mich zu fahren. Ich hatte noch etwas Luft und ich denke, wir haben das beide gut im Griff gehabt."

Nach dem Schreck ging es für ihn turbulent weiter. Auf seinem ersten Versuch ging er am Exit der Variante Ascari weit und beschädigte sich auf der rechten Seite den Unterboden. "Ich habe auf dem ersten Run richtig gepusht und mir den Unterboden beschädigt", erklärt Ocon, der den Rest des Q1 mit der Beschädigung fahren musste: "Wenn ein Viertel vom Unterboden fehlt, kannst du das leider nicht in zwei Minuten reparieren."

In Anbetracht des Handicaps war er mit seiner persönlichen Leistung unter dem Strich nicht unzufrieden. "Der zweite Run war dadurch nicht ideal, aber wir waren trotzdem nur drei Tausendstel vom Teamkollegen entfernt, also habe ich im Grunde das Potential heute voll ausgeschöpft. Leider waren wir nicht gut genug", so Ocon. Alle Stimmen zum Formel-1-Rennen heute in Monza gibt es im Live-Ticker.