Eigentlich hat die Mehrheit der Spitzen-Piloten in der Formel 1 aktuell noch gültige Verträge. Doch 2023 sind Fahrermarkt-Gerüchte so populär wie schon lange nicht. Während die ganze F1-Welt zunehmend ungeduldig auf Lewis Hamiltons Zukunft wartet, kommen auch Ferrari und Red Bull immer wieder in die Schlagzeilen.

Ein erstes Gerücht hat sich bereits zum Fakt gewandelt: Daniel Ricciardo übernimmt ab Ungarn bei AlphaTauri von Nyck de Vries. Das hat aber bloß neue Brandherde geschürt, etwa im Hinblick auf Sergio Perez. Motorsport-Magazin.com liefert eine Zwischenbilanz, wo das Fahrerfeld für 2024 und darüber hinaus steht.

Stockt es zwischen Lewis Hamilton & Mercedes?

Wichtigster Spieler auf dem Markt ist natürlich jener Top-Pilot, dessen Vertrag 2023 tatsächlich ausläuft. Bei Lewis Hamilton zieht sich die Verlängerung. Was schon im Frühjahr zu Gerüchten über Ferrari-Millionenangebote führte. Dass sich Mercedes auch in diesem Jahr weitab vom WM-Kampf bewegt, bietet guten Nährboden für alle Theorien bis zum Rücktritt.

In der Realität beteuern sowohl Hamilton als auch Mercedes, sich bereits im fortgeschrittenen Stadium der Verhandlungen zu befinden. Doch die scheinen trotzdem zu stocken. Am 12. Juni suggerierte Teamchef Toto Wolff in einem Interview mit 'CNBC', man würde bald über Geld sprechen, und dass es sich um Tage statt Wochen handeln würde.

Lewis Hamilton und Toto Wolff beim Kanada-GP, Foto: LAT Images
Lewis Hamilton und Toto Wolff beim Kanada-GP, Foto: LAT Images

Inzwischen ist daraus ein Monat geworden. Das Finanzielle sei jedoch aussortiert, verriet Wolff in Österreich: "Es geht um die Zukunft. Was wir richtig machen wollen. Was wir optimieren wollen. Wir sprechen nicht mehr über Dauer oder Geld." Hamilton wehrte sich auch in Silverstone dagegen, dass die anhaltend schwache Performance des Autos ihn an einer Verlängerung zweifeln lasse: "Ich hatte erst zu Wochenbeginn große Meetings beim Team, vom Aero-Chef bis zum Fahrdynamik-Chef. Auch im Hinblick auf das nächstjährige Auto."

Hält die Traum-Ehe Ferrari & Charles Leclerc?

Bei Ferrari sind sowohl Carlos Sainz als auch Charles Leclerc eigentlich noch bis Ende 2024 unter Vertrag. Trotzdem fallen ihre Namen immer häufiger. Besonders bei Leclerc gilt, was auch bei Hamilton Thema ist: Er ist ein Siegfahrer, sitzt aber in einem nicht siegfähigen Auto. Italienische Medien zögern nicht lange, um aus den kleinsten Gerüchten Belege für das Albtraum-Szenario jedes Tifosi zu konstruieren: Ferraris Goldjunge Leclerc, der sich 2025 oder gar früher in Richtung Mercedes, Aston Martin oder Red Bull verabschiedet.

Ein vorzeitiges Ausscheiden aus einem Vertrag ist in der Formel 1 nicht unmöglich. Das Beispiel Daniel Ricciardo und McLaren zeigte es im Vorjahr. Oft gibt es auch umfangreiche Leistungs-Klauseln für beide Parteien, über die jedoch kaum einmal Fakten durchsickern. Spekuliert wird, auch bei Leclerc wie einst früher oft bei Max Verstappen, trotzdem gerne. Ob ein schlechter WM-Platz zu einem definierten Stichtag 2023 tatsächlich ein vorzeitiges Ende des Vertrages ermöglichen würde, ist reine Theorie.

Fakt ist, dass Ferrari noch mit keinem Fahrer ernsthaft über die Zukunft gesprochen haben will. Leclerc hat es auch nicht eilig, verriet er in Österreich: "Eineinhalb Jahre sind lang. Ich habe mir selbst keine spezifische Deadline gesetzt." Für den ehemaligen Ferrari-Junior ist es das erste Mal in seiner Karriere, dass er frei den Markt sondieren kann. Attraktive Optionen könnte es, von Red Bull bis Audi-Sauber, 2025 viele geben. Leclerc hat also auch keinen Grund, sich mit der Verlängerung zu beeilen.

Leclerc und Sainz in Silverstone, Foto: LAT Images
Leclerc und Sainz in Silverstone, Foto: LAT Images

Nicht zuletzt, weil Ferrari ihn, den sie seit Jugendtagen fördern, halten will. Carlos Sainz hat es eiliger: Schon im Mai kündigte er gegenüber 'Sky' die Absicht an, seine Zukunft bis zum Jahreswechsel aussortieren zu wollen: "Ich weiß gerne, wo ich im Jahr darauf fahre. Die andere Erfahrung habe ich bei Renault gemacht, und das war überhaupt nicht lustig."

Bei Sainz wird gerne Audi-Sauber als Zukunftsoption genannt. Der dortige CEO Andreas Seidl war einst sein Teamchef bei McLaren. Ferrari-Teamchef Frederic Vasseur hielt sich bislang zurück, tat lediglich die großen Gerüchte über einen Abgang von Leclerc oder einen von Lewis Hamilton als unbegründet ab.

Ricciardo, Perez, Tsunoda - was passiert im Red-Bull-Kader?

In der Red-Bull-Welt ist nur eines klar: Max Verstappen hat bis 2028 Vertrag. Wie schnell sich hinter ihm die Lage ändern kann, hat sich nach Silverstone mit dem Ersetzen von Nyck de Vries durch Daniel Ricciardo einmal mehr gezeigt. Optimal läuft es fahrerisch nicht. Sergio Perez befindet sich seit Monaco in einem Qualifying-Formtief. Die Teamführung stellt sich explizit hinter den bis einschließlich 2024 gebundenen WM-Zweiten und hebt hervor, dass seine Renn-Pace nach wie vor wettbewerbsfähig ist.

Ricciardos Blitz-Beförderung wirft hier natürlich Fragen auf. Ihn jetzt in das AlphaTauri-Cockpit zu setzen erscheint ideal, um zu evaluieren, ob er noch den Speed für mehr hat. Er ist aktuell nur für 2023 unter Vertrag. Offiziell bei Red Bull als Testfahrer, an AlphaTauri wurde er ausgeliehen. "Es ist noch sehr früh für nächstes Jahr", tat Teamchef Christian Horner in Österreich weitere Spekulationen ab. Ricciardo selbst hat bereits mehrmals seinen Willen bekundet, 2024 wieder am Start zu stehen.

Anhaltende Perez-Probleme sind für Red Bull eigentlich nur so lange tragbar, wie man ohne echte Konkurrenz an der Spitze fährt. Die Alternativen zu evaluieren ist jetzt nur vernünftig. Wenn nicht für 2024, dann auf jeden Fall für 2025. Ricciardo wäre eine Option. Yuki Tsunoda ist die andere, wenn er sich gegen seinen neuen Teamkollegen durchsetzen kann. Mehr zur Lage rund um Daniel Ricciardo gibt es hier im Video:

Ricciardo ist zurück! Muss Perez jetzt um sein Cockpit zittern? (23:41 Min.)

Gerne auch in den Raum geworfene "Dream-Teams" von Verstappen mit einem Lando Norris oder Charles Leclerc erscheinen hingegen noch weiter in der Zukunft und haben bislang keine konkrete Basis. Erst recht bei Norris, der sich mehrmals bereits lieber für eine McLaren-Verlängerung entschied und aktuell bis 2025 unter Vertrag steht. Dort ist er etablierte Nummer eins und die Zukunft.

Behält die Formel 1 2023 einen deutschen Fahrer?

Bisweilen stehen die Chancen gut für Nico Hülkenberg, dass Formel-1-Karriere fortzuführen. Starke Qualifyings, zwei in Sachen Punkte lukrative Wochenenden und wertvolle Erfahrung freut seinen Teamchef Günther Steiner, die Erwartungen wurden erfüllt: "Momentan sind wir ziemlich happy mit dem, was wir haben."

Steiner ergänzt am Kanada-Wochenende: "Natürlich wollen wir unsere Fahrer so bald als möglich verkünden, damit wir nicht wie im Vorjahr lange hinhalten müssen und euch die ganze Zeit sagen, es wird beim nächsten Rennen geschehen. Dann wird es langweilig." Positiv klingt er momentan auch in Sachen Kevin Magnussen, solange sich dessen schwankende Form nicht zu einer großen Krise ausweitet.

Welche Chancen hat Mick Schumacher?

Die Top-Cockpits machen die Top-Fahrer wohl unter sich aus. Viele offene Türen gibt es dahinter nicht, was schlechte Nachrichten für Mick Schumacher sind. Bei Sauber ist das Interesse gering, eher sieht es aktuell nach einer Verlängerung für Guanyu Zhou aus. Als Mercedes-Testfahrer bliebe Schumacher am Ehesten noch ein zweiter Platz bei Williams.

Mick Schumacher fuhr 2023 nur Reifentests, Foto: Pirelli
Mick Schumacher fuhr 2023 nur Reifentests, Foto: Pirelli

Alex Albon ist dort gesetzt, Logan Sargeant tut sich in seiner ersten Formel-1-Saison bislang noch schwer. Aber der Amerikaner stammt aus dem eigenen Junior-Programm, und zeigte zuletzt in Silverstone sichtlich positive Tendenzen. Bei den verbleibenden drei Mannschaften Alpine, McLaren und Aston Martin haben alle Fahrer Verträge und gelten mindestens für 2024 als gesetzt.

Fazit: Noch ist alles ruhig auf dem Fahrermarkt, allen Gerüchten zum Trotz. Was es bräuchte, das wäre aber nur ein Dominostein. Denn zu einhundert Prozent stabil ist die Lage nicht. Fällt aber weder aufseiten Leclercs, noch Hamiltons, noch bei Red Bull ein Stein um, dann verschiebt sich die Spannung. Und wir beginnen in 12 Monaten wieder von vorne.

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