Juan Pablo Montoya weiß nur zu gut, wie es ist gegen Ferrari in der Formel 1 anzutreten. Der Kolumbianer im Williams-BMW forderte Michael Schumacher in teilweise beinharten Duellen Anfang der 2000er immer wieder heraus. Über eine Saison hinweg musste er sich aber stets - teilweise deutlich - geschlagen geben. Diese Glanzzeiten der Scuderia liegen aber schon einige Jahre zurück. Seit 2008 hat Ferrari keinen Titel mehr gewonnen. Montoya hat seine einstigen Konkurrenten weiter beobachtet und meint den Grund dafür zu kennen: Mangelnde Kontinuität im Personal.

Der siebenmalige Grand-Prix-Sieger äußerte sich gegenüber motorsport.com kritisch zur Arbeitsatmosphäre bei den Roten: "Eine der Schwierigkeiten bei Ferrari ist, dass niemand das Gefühl hat, einen sicheren Arbeitsplatz zu haben." Für den 47-jährigen ist Maranello ein Haifischbecken: "Alle warten nur darauf, dass du einen Fehler machst, damit sie dich feuern können. Das ist es, was ich von außen sehe." Nach dem verpassten WM-Titel 2022 wurde Mattia Binotto dazu gedrängt seinen Hut als Teamchef zu nehmen, ihm folgte jetzt der Ex-Sauber-Boss Frederic Vasseur. Aus der Führungsetage des Sportwagenherstellers soll vor allem der Aufsichtsratsvorsitzende John Elkann mit Binotto auf Kriegsfuß gestanden haben.

Mattia Binotto musste Ferrari Ende 2022 verlassen, Foto: LAT Images
Mattia Binotto musste Ferrari Ende 2022 verlassen, Foto: LAT Images

Die Titel seit 2010 haben sich zwei Teams untereinander aufgeteilt: Red Bull und Mercedes. Für Montoya ist deren große Stärke im Vergleich zu Ferrari klar ersichtlich: "Wenn man sich Toto [Wolff, Anm. d. Red.] ansieht, dann weiß man, dass er nirgendwo hingeht. Wenn man sich Christian [Horner, Anm. d. Red.] oder Helmut [Marko, Anm. d. Red.] anschaut, weiß man, dass sie nicht weggehen werden. Aber wenn man sich den Ferrari-Chef anschaut, fragt man sich immer: Okay, wie lange wird der noch bleiben? Denn es gibt immer jemanden, der nach ihm kommt." Red Bull erlebte ab 2014 eine längere sportliche Flaute, doch das Führungsduo aus Horner und Marko blieb unangetastet. Mercedes fiel 2022 nach acht Titeln in Serie auf Rang Drei zurück, doch Toto Wolffs Job als Teamchef stand nicht einen Moment lang zur Diskussion.

Montoyas Idee für Ferrari: Todt zurückholen

Diese Diskussionen gehörten bei Ferrari 2022 aber zur Tagesordnung. Montoya hätte in dieser Hinsicht eine Lösung parat: "Ich dachte, sie würden Jean Todt diese Position [Ferrari-Teamchef, Anm. d. Red.] geben. Um ehrlich zu sein, wäre das meine Wahl gewesen." Dem Kolumbianer geht es bei seinem Vorschlag aber keinesfalls um das Schwelgen in Erinnerungen an glorreiche Zeiten, als Todt die Scuderia zu neuen Rekorden führte. Vielmehr geht es um die Autorität des Franzosen: "Ich weiß nicht, ob er den Job wollte, aber er ist derjenige, der ihn vorher gemacht hat. Und ich denke, jeder respektiert ihn so sehr, dass sich niemand mit ihm anlegen würde."

Jean Todt führte Ferrari in der erfolgreichsten Zeit seiner Geschichte, Foto: Sutton
Jean Todt führte Ferrari in der erfolgreichsten Zeit seiner Geschichte, Foto: Sutton

Doch nicht nur die Erfolge der Vergangenheit hätten Todt laut Montoya in eine andere Position gebracht, als sie die letzten Ferrari-Teamchefs vorfanden: "Er ist ein Typ, der den Job nicht braucht, und wenn man den Job nicht braucht und sich nicht darum kümmert [ihn zu verlieren, Anm. d. Red.], hat man mehr Mut, die richtigen Entscheidungen zu treffen." Wie Montoya selbst ansprach, ist jedoch fraglich, ob der ehemalige FIA-Präsident im Alter von 76 Jahren noch einmal eine solche Aufgabe angenommen hätte.

Fred Vasseur ist der neue Ferrari-Teamchef, Foto: Ferrari
Fred Vasseur ist der neue Ferrari-Teamchef, Foto: Ferrari

Stattdessen soll Ferrari nun von Vasseur auf Vordermann gebracht werden. Auf technischer Seite sieht die Lage laut dem zweifachen Indy-500-Sieger Montoya bei der Scuderia gar nicht so schlecht aus: "Ich hoffe, sie machen einen guten Job. Es war etwas überraschend, dass sie zu Beginn des letzten Jahres ein so starkes Auto hatten, aber sie haben es nicht gut genutzt." Nach starkem Beginn zog Red Bull im Saisonverlauf vorbei. Auch die Kommunikation Ferraris nach außen hin konnte Montoya nicht verstehen: "Und zur Überraschung aller hörte man sie sagen: Oh, wir können die nächsten zehn Rennen noch gewinnen. Und sie haben nicht ein einziges Rennen gewonnen." Diese Aussage von Ex-Ferrari-Teamchef Binotto zur Saisonhalbzeit 2022 war den Roten in Presse und sozialen Medien mehrfach um die Ohren geflogen.

Montoya wundert sich: Wer zum Teufel macht die Ferrari-Strategien?

Für das größte Stirnrunzeln beim dreifachen Daytona-Sieger sorgte aber der Kommandostand: "Wenn man sich die Boxenstopps von Ferrari ansieht, die Strategien, dann fragt man sich: Wer zum Teufel trifft diese Entscheidungen?" Im Gegensatz zum Teamchefposten legte Montoya hier einen Personalwechsel nahe: "Es ist schwer zu sagen, denn ich weiß, dass es unter Druck schwierig ist, Entscheidungen zu treffen, aber wenn man nicht die Person ist, die die richtigen Entscheidungen trifft, muss man jemand anderen holen, denke ich."

Montoya rechnet eher mit Mercedes als Red-Bull-Herausforderer, Foto: Sutton
Montoya rechnet eher mit Mercedes als Red-Bull-Herausforderer, Foto: Sutton

Ob und auf welche Art und Weise Frederic Vasseur die Ferrari-Strategieabteilung umbauen wird, ist noch nicht bekannt. Sollten sich die Entscheidungen der Scuderia an den Rennwochenenden nicht verbessern, so weiß Montoya, wen er eher auf der Rechnung hat: "Wenn ich Red Bull wäre, würde ich mehr darauf achten, was Mercedes zeigen kann als was Ferrari zeigen kann"

Formel 1 Kalender 2023, Termine und Strecken

  • 23. - 25. Februar: Testfahrten in Bahrain
  • 05. März: Großer Preis von Bahrain (Sakhir)
  • 19. März: Großer Preis von Saudi Arabien (Jeddah)
  • 02. April: Großer Preis von Australien (Melbourne)
  • 30. April: Großer Preis von Aserbaidschan (Baku)
  • 07. Mai: Großer Preis von Miami
  • 21. Mai: Großer Preis der Emilia Romagna (Imola)
  • 28. Mai: Großer Preis von Monaco
  • 04. Juni: Großer Preis von Spanien (Barcelona)
  • 18. Juni: Großer Preis von Kanada (Montreal)
  • 02. Juli: Großer Preis von Österreich (Spielberg)
  • 09. Juli: Großer Preis von Großbritannien (Silverstone)
  • 23. Juli: Großer Preis von Ungarn (Budapest)
  • 30. Juli: Großer Preis von Belgien (Spa)
  • 27. August: Großer Preis der Niederlande (Zandvoort)
  • 03. September: Großer Preis von Italien (Monza)
  • 17. September: Großer Preis von Singapur
  • 24. September: Großer Preis von Japan (Suzuka)
  • 08. Oktober: Großer Preis von Katar
  • 22. Oktober: Großer Preis von USA (Austin)
  • 29. Oktober: Großer Preis von Mexiko (Mexiko Stadt)
  • 05. November: Großer Preis von Brasilien (Sao Paulo)
  • 19. November: Großer Preis von Las Vegas
  • 26. November: Großer Preis von Abu Dhabi

Diese Wochenenden finden im Sprint-Format statt