Vier neue Teamchefs in einem Winter, so eine umfangreiche Durchmischung sieht man in der Formel 1 fast nie. Aus gutem Grund - Stabilität sorgt für Siege, wie Toto Wolff (seit 2013 bei Mercedes) und Christian Horner (seit 2005 bei Red Bull) bewiesen haben. Seit 2010 haben sich diese zwei alle WM-Titel aufgeteilt.

Getauscht wurde in den letzten Jahren aber trotzdem viel. Motorsport-Magazin blickt zurück und streicht anhand von drei Beispielen hervor, wann eine Trennung richtig ist, was es zum Erfolg braucht, und was die größten Gefahren sind.

McLaren & Andreas Seidl: Vorlage für den Erfolg

Andreas Seidls Verpflichtung durch McLaren kann, aufgedröselt, der Formel-1-Welt als beste Vorlage für einen erfolgreichen Teamchef-Wechsel bieten. Warum wurde getauscht? Weil McLaren-Sportchef Zak Brown in seinem zweiten Jahr 2018 erkannte, dass unter dem alten Management, angeführt von Eric Boullier, nichts mehr funktionierte. Der Traum vom Honda-Werksteam gescheitert. Das Auto schlecht. Intern wurde gegen das Management revoltiert.

Brown sah nur einen Ausweg: Reinen Tisch machen. Er holte sich mit Seidl einen neuen Teamchef, mit James Key einen neuen Cheftechniker. Dabei stellte er sicher, dass seine neue Teamführung ihn so gut wie möglich ergänzte und das konnte, was er nicht bieten konnte. Seidl kam von Porsches Le-Mans-Programm mit viel technischer Erfahrung, die Arbeitsteilung mit dem Geschäftsmann Brown funktionierte perfekt.

Zak Brown mit Andreas Seidl, Foto: LAT Images
Zak Brown mit Andreas Seidl, Foto: LAT Images

Brown identifizierte Bereiche, in denen er nicht helfen kann. Er überließ Seidl den technischen Input, vertraute auf sein Urteil bei der technischen Führung, auf sein Urteil bei technischen Entscheidungen. Seidl sortierte sich im ersten Jahr und legte dann einen detaillierten Plan vor, wie die Infrastruktur zu verbessern sei. Brown beschaffte ihm die Mittel dafür. Am Ende hatte sich die Mannschaft in den letzten drei Jahren an der Mittelfeld-Spitze etabliert und jedes Jahr das Potential maximiert.

Sauber & Frederic Vasseur: Auch schnelle Rettung funktioniert

Deutlich härter wurde 2018 bei Sauber durchgegriffen - aber Frederic Vasseur zeigte mit seinem Einstieg als Teamchef und Geschäftsführer, dass auch das andere Modell funktionieren kann. Sauber war in den Jahren davor in eine tiefe Krise abgesackt, mit Fahrer-Skandalen, mit einem anhaltenden Formtief und mit einer Beinahe-Pleite.

Die Eigentümer sahen sich das alte Management ein Jahr an und übertrugen dann das ganze Management auf Vasseur. Der nach außen hin immer bestens gelaunte Franzose ist ein Mann mit jahrelanger Erfahrung im Motorsport und kann intern auch anders und verschwendete keine Zeit. In kürzester Zeit wurde ein möglicher Motordeal mit Honda auf Eis gelegt, und stattdessen die Zusammenarbeit mit Ferrari intensiviert.

Fred Vasseur 2017 als neuer Sauber-Teamchef, Foto: Sutton
Fred Vasseur 2017 als neuer Sauber-Teamchef, Foto: Sutton

Innerhalb von einem Jahr kam man so zu einem neuen Cheftechniker, zu Ferraris Nachwuchs-Star Charles Leclerc, und zu einem Sponsor-Deal mit Alfa Romeo. Vasseur zog mit seinen harten Schritten Sauber zurück vom Abgrund. Als er die Lage schließlich stabilisiert hatte, holte er sich seinen eigenen Cheftechniker, und machte das Beste aus trotzdem beschränkten Mitteln. Damit trat er den Beweis an: Auch dieser Weg kann funktionieren. Wenn man den richtigen Mann dafür findet.

Renault, Alpine & jahrelanges Chaos

Wie man es nicht macht, davon kann Renault ein Lied singen. Mit der F1-Rückkehr von 2016 hatte man eigentlich eine Doppelspitze von Vasseur und Cyril Abiteboul anvisiert, doch dieses Konzept war von einer symbiotischen Partnerschaft wie Brown/Seidl weit entfernt. Beide verstrickten sich innerhalb von Monaten in einem Machtkampf, der unterstreicht, wie wichtig schon die sorgfältige Vorausplanung personeller Änderungen ist.

Vasseur ging, Abiteboul blieb. Seine Einzelkarriere hielt aber nur vier von Untiefen geplagte Jahre. Abiteboul war emotional getrieben und verstrickte sich auch andernorts wiederholt in politische Kämpfe. Stabilität vermochte er nicht zu bringen. Renault fehlten die Mittel, und das Team stagnierte. Abitebouls Antwort war ein neues Technik-Team, aber dann änderte sich die Konzernführung - und schon wurde Abiteboul selbst Anfang 2021 ausgetauscht.

Renault-Sportpräsident Jerome Stoll (ganz links) und Teamchef Cyril Abiteboul (3. v. links) sind inzwischen beide Geschichte, Foto: Sutton
Renault-Sportpräsident Jerome Stoll (ganz links) und Teamchef Cyril Abiteboul (3. v. links) sind inzwischen beide Geschichte, Foto: Sutton

Weder Abiteboul noch die Konzernführung vermochten Stabilität zu schaffen. Konzernpolitische Machtkämpfe spielten mit hinein. Schließlich wurde Laurent Rossi 2021 zum CEO der Sportmarke Alpine ernannt, und übernahm damit auch die Organisation des umbenannten F1-Teams. Marcin Budkowski, von Abiteboul angeheuert, und Davide Brivio, von Suzuki aus der MotoGP abgeworben, sollten das Tagesgeschäft führen.

Alle drei waren zu unterschiedlichen Zeitpunkten in unterschiedlichen Konstellationen von unterschiedlichen Managements angeheuert worden. Die Probleme folgten prompt, am Ende erschien das Management teils komplett planlos. Rossi entschloss sich schließlich dazu, die Reißleine zu ziehen. Budkowski musste gehen, Brivio hat andere strategische Motorsport-Aufgaben im Konzern erhalten.

Alpines letzte Umstellung erscheint wie die vielversprechendste der letzten Jahre. Otmar Szafnauer, ein fähiger Alleinherrscher, der jahrelang bei Force India die Geschäfte führte, wurde verpflichtet, und die Technik-Abteilung ganz neu aufgestellt. Eher im Sinne Szafnauers, mit ähnlichem Format, wie er es in der Vergangenheit praktizierte.

Bis jetzt war es öffentlich für Szafnauer schwierige zwölf Monate, weil er die Versäumnisse der Vorgänger, wie etwa die Blamage rund um Oscar Piastri, ausbaden musste, und weil er Fernando Alonso ziehen ließ. Intern zeigt sich sein Führungsstab aber durchaus optimistisch und hob eine bessere Zusammenarbeit als noch in den Vorjahren hervor. Die Zukunft wird zeigen, ob das komplette Aufräumen der einzig richtige Weg war.

Formel 1 Kalender 2023, Termine und Strecken

  • 23. - 25. Februar: Testfahrten in Bahrain
  • 05. März: Großer Preis von Bahrain (Sakhir)
  • 19. März: Großer Preis von Saudi Arabien (Jeddah)
  • 02. April: Großer Preis von Australien (Melbourne)
  • 30. April: Großer Preis von Aserbaidschan (Baku)
  • 07. Mai: Großer Preis von Miami
  • 21. Mai: Großer Preis der Emilia Romagna (Imola)
  • 28. Mai: Großer Preis von Monaco
  • 04. Juni: Großer Preis von Spanien (Barcelona)
  • 18. Juni: Großer Preis von Kanada (Montreal)
  • 02. Juli: Großer Preis von Österreich (Spielberg)
  • 09. Juli: Großer Preis von Großbritannien (Silverstone)
  • 23. Juli: Großer Preis von Ungarn (Budapest)
  • 30. Juli: Großer Preis von Belgien (Spa)
  • 27. August: Großer Preis der Niederlande (Zandvoort)
  • 03. September: Großer Preis von Italien (Monza)
  • 17. September: Großer Preis von Singapur
  • 24. September: Großer Preis von Japan (Suzuka)
  • 08. Oktober: Großer Preis von Katar
  • 22. Oktober: Großer Preis von USA (Austin)
  • 29. Oktober: Großer Preis von Mexiko (Mexiko Stadt)
  • 05. November: Großer Preis von Brasilien (Sao Paulo)
  • 19. November: Großer Preis von Las Vegas
  • 26. November: Großer Preis von Abu Dhabi

Diese Wochenenden finden im Sprint-Format statt